Fürst Myschkin kehrt nach einem Sanatoriumsaufenthalt nach Russland zurück. Der Arme leidet an Epilepsie und einem arg naiven Gemüt. Das findet die verkorkste Schnösel-Gesellschaft erfrischend. Dem „Idioten“ kann keiner böse sein. Er erinnert die hohen Damen und Herren an das Gute, das vielleicht noch tief in ihnen schlummert. Zwischen Intrigen und Eifersuchtsdramen droht dem Fürst ein geistiger Rückfall. Schließlich bleibt die Frage: Wer ist hier der Idiot?
Andreas Simma schlüpft in die Rolle des Fürsten, spielt herrlich arglos mit treudoofem Blick. Dabei bleibt es nicht. Der Wiener übernimmt fast alle Rollen, wechselt zwischen feiner Dame und strammem General hin und her, dass seine graue Mähne nur so umherwirbelt. Übernimmt er sich? Manchmal. Hier und da verhaspelt er ein Wort. Positiv gesehen: Das spiegelt den unbedarften Charme des Romanhelden.
Auch Yorgos Pervolarakis ist ein Multitalent. Er begleitet das Stück mit Ukulele, Gesang und Gitarre. Die geht zu Bruch. Kein Problem für Pervolarakis, er klopft auf seiner Ukulele, spielt Schleifen in ein Aufnahmegerät ein, summt und singt mal melancholisch, mal fröhlich. Gänsehaut!
Beeindruckend auch die Dramaturgie des Stücks. Dostojewskis Text wird geschickt verdichtet. Simma verbindet die Szenen durch erzählerische Einlagen. Das macht er kurzweilig. Nur in der Mitte der Spielzeit gibt es einen kleinen Durchhänger. Der nächste Witz plus Rollenwechsel-Dauerfeuer machen den aber schnell vergessen.
Am Ende schwirrt der tosende Applaus des Publikums durch die Gehörgänge - und der Wunsch durch den Kopf: Hätten wir doch mehr solcher Idioten auf der Welt!
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