Vom ARPANET zum WWW

Das Internet wird 50: Kommunikation ohne Grenzen

Digital
29.10.2019 06:00

Die Landung auf dem Mond vor 50 Jahren überstrahlt im historischen Rückblick auf revolutionäre technische Entwicklungen des Jahres 1969 alle anderen Ereignisse. Dabei fällt in den Herbst 1969 auch der Geburtstag des Internets. Am 29. Oktober wurde die erste Internet-Verbindung hergestellt.

Schaut man sich die wirtschaftlichen und politischen Auswirkungen des Internets an, dürften diese noch größer ausgefallen sein als der Sieg der USA im Wettlauf zum Mond. Dabei begann der Start des Internets mit einem Absturz.

Damals versuchte der Informatik-Student Charles S. Kline, eine Nachricht von einem Computer an der University of California in Los Angeles (UCLA) an einen mehr als 500 Kilometer entfernten Rechner am Stanford Research Institute (SRI) zu senden. Eigentlich wollte Kline das Wort „LOGIN“ übertragen. Aber schon nach zwei Buchstaben crashte das System. Eine Stunde später konnte die vollständige Botschaft übermittelt werden.

Kommunikation über Betriebssystemgrenzen hinweg
Bis dahin konnten nur Computer gleicher Bauart miteinander kommunizieren. „Vor 50 Jahren gelang es erstmals, dass auch Rechner mit unterschiedlichen Betriebssystemen Informationen austauschen können“, ordnet Christoph Meinel, Wissenschaftlicher Direktor am Hasso-Plattner-Institut (HPI) in Potsdam, die historische Bedeutung ein. „Daher gilt der 29. Oktober 1969 als der Geburtstag des Internets.“

Während die Mondlandung live im TV übertragen würde, bekam kaum jemand die historische Tat an der UCLA mit. Selbst den beteiligten Wissenschaftlern war die Tragweite nicht klar. „Wir wussten, dass wir eine wichtige neue Technologie entwickeln, von der wir erwarteten, dass sie für einen Teil der Bevölkerung von Nutzen sein würde, aber wir hatten keine Ahnung, wie bedeutsam das Ereignis war“, sagte der Vorgesetzte von Kline, Leonard Kleinrock, später.

1971 wurden die ersten E-Mails verschickt
Es dauerte auch Jahre, bis das Internet stärker in den Alltag der Menschen vordrang. Als 1971 sich die Anwender erstmals Nachrichten in Form eines E-Mails schicken konnte, hatte das Advanced Research Projects Agency Network (ARPANET) nur 15 Knoten. Zwei Jahre später wurden die ersten Verbindungen mit Rechnern außerhalb der USA in Oslo und London aufgebaut.

Es dauerte dann noch einmal zehn Jahre, bis ein wichtiger Meilenstein in der Geschichte des Internets erreicht wurde, um die Qualität der Datenverbindungen zu verbessern: 1983 wurde das TCP/IP-Protokoll eingeführt, mit dem im Prinzip noch heute Daten übertragen werden. Bei diesem Verfahren werden die Nachrichten zunächst in kleine Pakete aufgeteilt, dann unabhängig voneinander im Netz übertragen und beim Empfänger wieder zusammengesetzt. Die grundlegende Entwicklungsarbeit an dem TCP/IP-Protokoll hatten die US-Wissenschaftler Robert Kahn und Vint Cerf geleistet.

US-Militär spielte anfangs eine wichtige Rolle
Beim Design des Netzes spielten auch Forderungen der Militärs eine Rolle. Das US-Verteidigungsministerium wollte ein Netzwerk haben, das auch großflächigen Ausfällen nach feindlichen Angriffen standhalten kann. Meinel vom HPI glaubt allerdings, dass der militärische Aspekt bei der Entwicklung des Internets überschätzt wird. Die Entwicklung sei zwar in der Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA) angesiedelt gewesen, die dem US-Verteidigungsministerium unterstand. „Die DARPA war innerhalb der staatlichen Verwaltung aber vor allem die Stelle, die Dinge unbürokratisch finanziell fördern konnte, wenn sie wichtig genug erschienen. Die DARPA hat viele Wissenschaftler mit innovativen Projektideen arbeiten lassen. Und die Universitäten haben dankbar dieses Geld für ihre Forschungsförderung genommen.“

Dass eher die Wissenschaftler als die Militärs die Eigenschaften des Internets definierten, kann man auch an einem gravierenden Mangel ablesen, der es bis heute plagt. In dem Protokoll gibt es quasi keine eingebauten Sicherheitsfunktionen, „eigentlich gibt es die Vorgabe, dass jeder jedem im Netz vertraut“, sagte Grant Blank vom britischen Oxford Internet Institute der Zeitschrift „New Scientist“. Dieser Geburtsfehler erleichtert bis heute Kriminalität und Spionage, aber auch Desinformations-Kampagnen und Hassrede im Internet.

Das World Wide Web wurde in Europa geboren
Bis Anfang der 90er-Jahre kamen die maßgeblichen Impulse der Internet-Entwicklung vor allem aus den USA. Die erste „Killer-Anwendung“ des Internets, das World Wide Web, wurde allerdings in Europa erfunden. Der britische Wissenschaftler Tim Berners-Lee trieb 1991 am europäischen Forschungszentrum CERN Konzepte voran, um Daten länderübergreifend und unkompliziert austauschen zu können.

„Die ersten Versionen des WWW waren aber noch mit komplizierten Kommandos zu bedienen“, erinnert sich Meinel. Das änderte sich dann 1994, als der erste Mosaic-Browser mit einer grafischen Oberfläche erschien. Ab diesem Zeitpunkt reichte ein Mausklick aus, um dafür zu sorgen, dass im Hintergrund die notwendigen Kommandos in der richtigen Reihenfolge gestartet wurden.

Mit dem Browser konnten dann Firmen wie Google und Facebook zu Mega-Konzernen aufsteigen. Der Trend verstärkte sich mit dem mobilen Internet. Mit dem iPhone (2007) zeigte sich, dass jeder Mensch das Internet bedienen kann, die Technik tritt einfach in den Hintergrund. Damit ist ein weiterer Trend verbunden: „Inzwischen verschwinden die Rechner immer mehr aus unserem Blickfeld. Sie werden in der Cloud betrieben und können über das Internet genutzt werden“, sagt Meinel.

Die von US-Firmen wie Microsoft, Amazon und Google dominierte Cloud-Technologie wirft für den HPI-Direktor auch Fragen zum Datenschutz und der nationalen Souveränität auf. „Ich glaube, der Staat hätte die Pflicht, alleine für alle seine Angebote eine eigene Cloud-Infrastruktur aufzusetzen“, meint er.

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