Live im Steinbruch

Zaz: Regenfestspiele mit dem Stimmwunder

Musik
01.08.2019 02:05

Bei strömendem Regen begeisterte die französische Nouvelle-Chanson-Sängerin Zaz Mittwochabend rund 4.500 Fans im burgenländischen Steinbruch St. Margarethen. Neben ihrer einzigartigen Stimme begeisterte die 39-Jährige vor allem mit Spielfreude und Charisma.

(Bild: kmm)

Erbarmungslos und unerbittlich peitscht der Regen durch die malerische Kulisse des St. Margarethner Steinbruchs und lässt die Temperaturen auf Frühherbstlich sinken. Von den rund 4.500 Besuchern sind die meisten vorbereitet oder zumindest gebrannte Kinder von vergangenen Veranstaltungen. Sie tragen Ponchos, Regenjacken oder schützende Kappen. Hilft im Endeffekt alles nichts, denn der Wettergott ist gnadenlos. Gerade als die französische Nouvelle-Chanson-Künstlerin Zaz um Punkt 21 Uhr die Bühne betritt, gießt es wie aus Kübeln. Zwischendurch lässt die Intensität zwar kurz nach, doch das ist nur ein verknappt temporäres Vergnügen. Die Französin lässt sich davon aber nicht aus der Ruhe bringen, sondern dreht den Spieß um. Sie stellt sich selbst immer wieder an den Bühnenrand, tanzt, springt und lacht im Regen. Dass sich die Schminke schon nach der zweiten Nummer im Gesicht verwischt wirkt passend und authentisch.

Alle Ecken und Winkel
Dass Isabelle Geffory, so ihr Geburtsname, in einem knappen Jahr ihren 40er feiert, mag man nicht für möglich halten. Es liegt nicht nur am kurzen Glitzerpaillettenkleid und der juvenilen Bewegungsfreude der Künstlerin, sondern auch an der flotten und vielseitigen Musik, die Zaz so unantastbar jung wirken lässt. Mit vier Alben in knapp zehn Jahren hat sie sich nicht nur in ihrer französischen Heimat zu einem Topstar gemausert, das gesamte frankophile und deutschsprachige Publikum quer durch Europa liegt der kecken Künstlerin demütig zu Füßen. Mit Ausstrahlung, Charme und einer schier unmenschlichen Stimmleistung begeistert sie die erfreuten Massen auch in der burgenländischen Fabelkulisse. Jeder Ton sitzt perfekt, zwischen Jazz, Chanson und sogar Rock changierend, schwingt sich Zaz stimmlich durch alle Ecken und Winkel, ohne dabei auch nur marginal an Qualität einzubüßen.

Hits wie „Nos vies“, „Demain c’est toi“ oder „La danse de éléphants“ stürmen förmlich durch das historische Areal, ohne Zeit zum Durchschnaufen zu lassen. Mit ihrer perfekt eingespielten und stets sanft im Hintergrund musizierenden Fünf-Mann-Band gelingt der Französin trotz des Sauwetters eine feingliedrige Performance voller Gefühl, Freude und Melancholie. So wie sie zwischen unterschiedlichen Genres wie Jazz, Pop, Rock, Folk und etwas Soul changiert, so springt sie auch leichtfüßig zwischen den verschiedenen Emotionen und Gefühlslagen hin und her. „Ich möchte euch an eure Träume erinnern, denn das ist wichtig“ oder „wenn wir unsere Kinder glücklich sehen wollen, müssen wir uns erst selbst beschützen“ sind ihre Botschaften, die sie in gebrochenen, aber lieblichen Deutsch vorträgt, während sie das enthusiastische und gutgelaunte Publikum stets lächelnd mitsingen lässt. Die Spielfreude ist zu jeder Sekunde spür- und fühlbar.

Vielseitig und einzigartig
Und eben diese Stimme. In manchen Momenten zartfühlend, dann wieder fordernd, kratzbürstig, filigran, wispernd oder durchdringend. Eine kunterbunte Palette klanglicher Vokalfarben, die in ihrer Vielseitigkeit einzigartig ist. Zur Unterstützung greift sie auf das Membranophon Kazoo zurück, zeitweilig übt sie sich auch am Theremin. Stets gut gelaunt und mit begnadetem Talent gesegnet. Während auf der Videowall hinter ihr psychedelische Farbspiele, der Mond und die Galaxien durch das klitschnasse Freiluft-Auditorium rauschen, gibt sie die unermüdliche Kämpferin an der Bühnenfront, die neben der Stimme auch mit tonnenweise Charisma zu überzeugen weiß. Den Überhit „Je Veux“ im Schlussdrittel braucht es natürlich, die ohnehin schon überraschend großartige Stimmung trotz der Wetterkapriolen kann Zaz‘ größter Hit aber auch nicht mehr elementar steigern.

Während sie musikalisch gerne wild mäandert, zeigt sich die Strahlefrau abseits davon bodenständig. Der Erlös ihrer Merchandise-Artikel geht an die „Zazimut“-Stiftung, vor politischen oder gesellschaftskritischen Botschaften hält sie auf der Bühne aber Abstand. Ob es an der Sprachbarriere liegt oder schlichtweg daran, dass sie den träumerisch-musikalischen Abend lieber eskapistisch halten will, bleibt offen. Wer weiß, wie triumphal dieser Abend erst bei lauschigem Sommerwetter geendet hätte? Die österreichische Amadeus-Preisträgerin Ina Regen hatte es da im Vorfeld nicht leicht, zog sich aber mit einer kurzweiligen Show sehr gut aus der Affäre. Dass sie an diesem Abend aber nicht der wichtigste Regen werden würde, konnte schlussendlich niemand vorausahnen…

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