„Sofort freilassen!“

Verhaftete Kapitänin: Berlin und Rom im Streit

Ausland
01.07.2019 08:25

Nach der Festnahme der deutschen Kapitänin des Rettungsschiffes Sea-Watch 3 auf Lampedusa am Samstag herrscht dicke Luft zwischen Berlin und Rom. Die scharfe Kritik des deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier wurde von Italiens Innenminister Matteo Salvini zurückgewiesen. Der Lega-Politiker verbat sich auch eine Einmischung in innere Angelegen: „Wir bitten den deutschen Präsidenten höflichst, sich um die Ereignisse in Deutschland zu kümmern und seine Landsleute aufzufordern, nicht das italienische Gesetz zu brechen.“

Steinmeier hatte im ZDF-„Sommerinterview“ am Sonntag gemeint, dass trotz der Rechtsvorschriften zum Anlaufen eines Schiffes in italienische Häfen erwartet werden dürfe, „dass man mit einem solchen Fall anders umgeht“. Steinmeier zitierte in dem Interview den Spendenaufruf der beiden Fernsehmoderatoren Jan Böhmermann und Klaas Heufer-Umlauf. Beide sammeln seit Samstag Geld für die Prozesskosten, die auf Kapitänin Carola Rackete zukommen dürften - gemeinsam mit Aktionen in Italien kam bereits über eine Million Euro zusammen. „Wer Menschenleben rettet, kann nicht Verbrecher sein“, sagte auch Steinmeier.

Conte: „Politische Erpressung auf Kosten von 40 Menschen“
Das Verhalten Racketes wurde allerdings auch vom italienischen Premier Giuseppe Conte kritisiert, der am Sonntag mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel beim EU-Gipfeltreffen in Brüssel über die Causa Sea-Watch 3 sprach. Racketes Verhalten bezeichnete Conte als „politische Erpressung auf Kosten von 40 Menschen“. Der Kapitänin aus Kiel werden unter anderem Beihilfe zur illegalen Einwanderung sowie die Verletzung italienischer Hoheitsgewässer vorgeworfen. Spätestens Dienstag werden die Vernehmung der Deutschen und eine mögliche Bestätigung des Haftbefehls erwartet.

Deutscher Minister: „Kapitänin hat in absoluter Notlage gehandelt“
Der deutsche Entwicklungsminister Gerd Müller forderte am Montag eine schnelle Reaktion der EU. „Die Sea-Watch-Kapitänin hat in einer absoluten Notlage gehandelt. Deswegen erwarte ich, dass Brüssel hier ein deutliches Signal sendet und die sofortige Freilassung einfordert“, sagte Müller der „Passauer Neuen Presse“. 

Müller vertrat zudem die Ansicht, die EU müsse eine neue europäische Sofortregelung zur Seenotrettung im Mittelmeer beschließen. „Ausgerechnet jetzt überlässt die EU die Flüchtlinge auf dem Mittelmeer ihrem Schicksal und beendet die Mission ,Sophia‘“, so Müller. Dies sei „ein unerträglicher Zustand angesichts von fast 600 Ertrunkenen im Mittelmeer allein dieses Jahr“.

Seenotrettung in der EU weiterhin höchst umstritten
Die Seenotrettung sorgt seit Langem für Streit innerhalb der Europäischen Union. Die EU-Länder können sich nicht auf einen Mechanismus zur Verteilung der Bootsflüchtlinge einigen. Eine Lösung ist trotz des erheblichen Drucks, den die populistische Regierung in Rom seit einem Jahr in der Frage ausübt, nicht zu erkennen.

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