Nicht alles glänzt

Kaufhaus Tyrol: Ein KOLOSS und seine “Wehwehchen”

Tirol
14.04.2010 08:54
Seit knapp mehr als 40 Tagen sind die mächtigen Pforten des Kaufhaus Tyrol geöffnet. Die "Krone" sah sich in dem prunkvollen Betonbau um. Neben dem Staunen fand man die eine oder andere "Baustelle"…

Rene Benko kam, kaufte und baute - ach ja, und verkaufte. Mit der Vollendung des Kaufhaus Tyrol, an dem sich vorher etliche Größen der Bauindustrie versuchten und scheiterten, zwang der 32-jährige Immo-Tycoon selbst ärgste Kritiker zu einem ehrlichen "Hut ab"…

Endlich ist die breite Lücke in Innsbrucks Prachtstraße geschlossen, die klaffende Wunde in manch einem Herz geheilt. Das Lechzen der Tiroler nach einem Innenstadt-Kaufhaus wurde von dem großen Ansturm am Morgen des 4. März, dem Eröffnungstag, belegt. "Wegen Überfüllung geschlossen", prangte binnen Minuten am Eingang. Drei Tage lang wurde die Menschentraube nicht weniger.

27.000 Besucher am Tag, 815.000 seit Eröffnung
Doch wie sieht es nun aus? Nach den ersten neugierigen Blicken. Die Menschentraube ist verschwunden. "Dennoch kommen täglich rund 27.000 Besucher ins KHT", weiß PR-Lady Marie-Therese Jutz. Seit dem Startschuss sollen mehr als 815.000 Menschen in das 155-Millionen-Euro-Konstrukt des englischen Architekten David Chipperfield gepilgert sein. Auf 33.000 Quadratmetern platzierte Benko 55 Shops. Zugpferde wie Peek&Cloppenburg, Saturn, Levis und H&M wecken die Kauflust.

Überraschend war die breite Palette an wenig bekannten Marken und Geschäften, die neben den Großen Platz nahmen. "Jeder Store kann sich vor Umsätzen kaum retten", weiß Jutz. Von Krise sei keine Spur. Die Ausschank-Szene verkündet ähnliche Jubellieder: So erreichte die CoffeeShop-Company mit ihrem Mitnehmkaffee bereits "Starbucks-Status". Die Tische von Segafredo und Tasties sind ebenso gut besetzt.

Schiefe Böden, schlechte Luft und enge Gänge
Man möchte meinen, an einem chipperfield'schen Haus gäbe es nichts zu meckern. Man irrt. Wellige Böden, schlechte Luft, Probleme mit der Sprenkleranlage sowie enge Gänge trüben das Einkaufsvergnügen.

Man spürt, dass bei der Raumplanung der Architekt das Sagen hatte: Während im Sillpark und im DEZ breite Hallen einen Schaufensterbummel angenehm machen, kommt es im KHT regelmäßig zu "Staus".

Im Drogeriemarkt "dm" im Untergeschoß rollen den Kunden minütlich die Einkaufswagerln davon und donnern gegen die Regale. Grund: Der Boden ist wellig. Jutz erklärt dies mit einem 1,5 prozentigen Gefälle, das sich von der Maria-Theresien-Straße zur Erlerstraße ergibt. "Für den Bodenbelag ist der Mieter zuständig."

Anzeigen beim Arbeitsinspektorat eingetrudelt
Die Luft macht vor allem den Mitarbeitern zu schaffen: Kopfweh und Müdigkeit plagen zahlreiche Shop-Angestellten. "Die Luftzufuhr wird vom Center geregelt. Es kann sein, dass manche Läden durch starke Beleuchtung nicht ausreichend kühle Luft bekommen. Hier kann aber jeder Mieter auf eigene Kosten nachrüsten." Wegen dem Sauerstoffmangel sind Anzeigen beim Arbeitsinspektorat und der Gewerbebehörde eingelangt. "Davon wissen wir nichts", so Jutz.

Die Sprinkleranlage reagiert nach eigenem Ermessen. Vergangenen Woche ging sie im "dm" los. Feuer gab es keines. Wasserschaden. "Ist bereits behoben." Ein Schaufensterbummel entlang der Westfassade ist unmöglich: Statt Auslagen sieht man lediglich Reflexionen im Glas.

Fazit: Ein beeindruckender Tempel mit Kinderkrankheiten, der die Tiroler in seinen Bann gezogen hat. Bleibt zu hoffen, dass die Kauflust nicht abflaut.

Im Herbst eröffnet Benkos nächste Shoppinghalle. 15.000 qm. 30 Shops. Luftlinie zum KHT: 1,5 km. Auch hier trifft Caesar: Er kam, kaufte und baute - ach ja, und verkauft?

von Matthias Holzmann, Tiroler Krone

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