Studien-Co-Autorin Margit Schratzenstaller sieht derzeit "relativ wenig Kürzungspotenzial" in der Familienpolitik. Grund: Im EU-Vergleich investiert Österreich zwar viel Geld in die Familienförderung - 2005 waren es 7,85 Milliarden Euro und damit 2,8 Prozent der Wirtschaftsleistung, im EU-Schnitt waren es nur 2,5 Prozent. Die familienpolitischen Ziele, also eine hohe Frauenbeschäftigung, Armutsvermeidung und hohe Geburtenraten, würden trotz des großen Mitteleinsatzes aber nur "unzureichend erreicht", wie Schratzenstaller und Co-Autorin Hedwig Lutz bei einer Pressekonferenz am Mittwoch kritisierten.
Förderungen können Entstehung von Armut nicht verhindern
Konkret heißt das: In Österreich stehen mit 68,6 Prozent zwar vergleichsweise viele Frauen im Beruf, allerdings können 41,1 Prozent nur Teilzeit arbeiten. In einem Viertel der Familien ist der Mann Alleinverdiener. Familienförderungen würden Armut häufig erst im Nachhinein bekämpfen, anstatt die Entstehung von Armut gleich im Ansatz zu verhindern, etwa durch Förderung der Frauenerwerbstätigkeit. Und die "Fertilitätsrate", also die Kinderzahl pro Frau, betrug 2008 nur 1,41 - für eine konstante Bevölkerungsentwicklung wären knapp über zwei Kinder pro Frau nötig.
Die Wifo-Expertinnen schlagen daher vor, Geld innerhalb der Familienförderung umzuschichten - weg von der finanziellen Unterstützung von Familien hin zu mehr Kindergartenplätzen. Derzeit sind in Österreich nämlich nur 14 Prozent der unter Dreijährigen in Kinderkrippen. Laut dem vor zehn Jahren vereinbarten "Barcelona-Ziel" der EU sollten es heuer 33 Prozent sein. Damit drohen Frauen angesichts langer Babybausen "Dequalifikation" und Probleme beim Wiedereinstieg in den Job, warnte Schratzenstaller. Außerdem sei die niedrige Betreuungsquote auch bildungspolitisch problematisch, da die "Bildungsrendite" bei kleinen, noch sehr aufnahmefähigen Kindern besonders hoch sei.
Kinderkrippen-Ausbau würde 207 Millionen Euro kosten
Allein der entsprechende Ausbau der Kinderkrippen zur Erreichung des Barcelona-Ziels würde laut Wifo aber 207 Millionen Euro kosten - womit allerdings noch keine Verbesserung der Betreuungsqualität erreicht wäre. Denn derzeit hat nur ein Drittel der Kindergärten Öffnungszeiten, die den Bedürfnissen von Berufstätigen entgegenkommen.
Sparen könnte man aus Sicht der Wifo-Expertinnen langfristig bei Familienleistungen, die keinen Beitrag zur Förderung der Berufstätigkeit von Frauen leisten. Konkret nennt der Bericht den Abbau der Kindergeld-Varianten mit langen Bezugszeiten, also etwa die drei Jahre mit 436 Euro, den Alleinverdienerabsetzbetrag und die Anrechnung der Kindererziehung für die Pension und die Witwen-Pension. Um Härtefälle (etwa bei älteren Ehepaaren) zu vermeiden, plädiert Schratzenstaller allerdings für eine abgestufte Vorgehensweise - etwa durch Streichung des Alleinverdienerabsetzbetrags ab einem bestimmten Geburtsjahrgang.
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