Machtkampf in Caracas

Oppositionsführer Guaido verliert seine Immunität

Ausland
03.04.2019 08:43

Im Machtkampf in Venezuela geht die Regierung in die Offensive: Die von den regierenden Sozialisten kontrollierte Verfassungsgebende Versammlung hat dem selbst ernannten Interimspräsidenten Juan Guaido die parlamentarische Immunität entzogen. Die Abgeordneten billigten zudem ein Dekret, nach dem ein Verfahren wegen Amtsanmaßung gegen den Oppositionsführer fortgesetzt werden soll.

„Die Justiz wird gemäß der Verfassung und der Gesetze die im Strafrecht vorgesehenen Schritte einleiten“, sagte der Vorsitzende der Versammlung, Diosdado Cabello, am Dienstag in Caracas.

„Das wird mich nicht bremsen“
Guaido will dennoch weiter für einen Machtwechsel in dem südamerikanischen Land kämpfen. „Das wird mich nicht bremsen“, sagte er am Dienstag vor seinen Anhängern. „Als ich diesen Kampf aufgenommen habe, in der Studentenbewegung, hatte ich auch keine parlamentarische Immunität - und wir haben ein ums andere Mal der Diktatur die Stirn geboten. Jetzt wird es nicht anders sein.“

Der regierungstreue Oberste Gerichtshof hatte die Aufhebung der Immunität zuvor beantragt. Guaido habe gegen Auflagen verstoßen, sagte Gerichtspräsident Maikel Moreno zur Begründung. Beispielsweise sei er trotz einer gegen ihn verhängten Ausreisesperre ins Ausland gereist.

Guaido könnte verhaftet werden
Nach dem Verlust der Immunität könnte Guaido verhaftet werden. Gegen ihn laufen bereits zwei Ermittlungsverfahren - eines wegen Amtsanmaßung und eines wegen Sabotage gegen die Energieversorgung. „Wenn sie es wagen, den Präsidenten der Republik zu entführen, einen Staatsstreich durchzuführen, müssen sie sich vor den 60 Ländern verantworten, die mich bereits anerkennen“, sagte Guaido.

Die USA hatten der Regierung in Caracas mehrfach mit harten Konsequenzen gedroht, sollte Guaido festgenommen werden oder ihm etwas zustoßen. Zuletzt war bereits dessen Büroleiter wegen Terror-Vorwürfen inhaftiert worden.

Machtkampf mit Maduro
Guaido liefert sich seit mehr als zwei Monaten einen erbitterten Machtkampf mit dem umstrittenen sozialistischen Staatschef Nicolas Maduro. Er hatte sich am 23. Jänner zum Übergangspräsidenten erklärt und Maduro die Legitimation abgesprochen, weil dessen Wiederwahl im vergangenen Jahr nicht den demokratischen Mindeststandards entsprochen habe.

Der Vorsitzende des von der Opposition kontrollierten Parlaments fordert seitdem den Rücktritt Maduros, die Einsetzung einer Übergangsregierung und die Ausrufung von freien Wahlen. Maduro hat das Parlament längst entmachtet und dessen Kompetenzen auf die regierungstreue Verfassungsgebende Versammlung übertragen. Die Opposition erkennt wiederum dieses Gegenparlament nicht an. „Wir müssen uns nicht vor einem Organ rechtfertigen, das es gar nicht gibt“, sagte Guaido am Dienstag.

Zahlreiche Staaten, darunter die USA und Deutschland, haben Guaido bereits als rechtmäßigen Interimspräsidenten anerkannt. Russland, China und Kuba hingegen unterstützen weiterhin Maduro. Auch das mächtige venezolanische Militär hält ihm bisher die Treue. Guaido will den Druck erhöhen und den Staatschef mit seiner „Operation Freiheit“ in den kommenden Wochen nun aus dem Amt drängen.

Venezuela in der Krise, Menschen auf der Flucht
Neben den politischen Verwerfungen leidet das einst reiche Venezuela unter einer schweren Versorgungskrise. Viele Menschen hungern, in den Krankenhäusern fehlt es an Material und Medikamenten, zuletzt litten die Venezolaner unter einer Reihe schwerer Stromausfälle. Mehr als drei Millionen Menschen haben ihre Heimat bereits verlassen.

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