Bei Polizeieinsatz

„Gelbwesten“-Sprachrohr schwer am Auge verletzt

Ausland
27.01.2019 18:19

Die Teilnehmerzahl schrumpft kontinuierlich, aber die Gewalt bleibt eine alarmierende Begleiterscheinung: In Frankreich haben am Samstag erneut Zehntausende „Gelbwesten“ gegen die Politik von Präsident Emmanuel Macron demonstriert. Bei Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten in Paris wurde Jerome Rodrigues, eines der Sprachrohre der „Gelbwesten“, schwer am Auge verletzt (siehe Video oben). 22 Menschen wurden festgenommen. Am Sonntag ist indessen erstmals eine Gegenbewegung zu den „Gelbwesten“, es handelt sich bei den „Roten Schals“ um Macron-Sympathisanten, auf die Straße gegangen.

Die Bewegung der „Gelbwesten“ hatte den elften Samstag in Folge zu Demonstrationen gegen den Reformkurs Macrons aufgerufen. Im Vergleich zum vorherigen Samstag gingen die Teilnehmerzahlen leicht zurück. Landesweit gingen rund 69.000 Menschen auf die Straße, in Paris allein wurden 4000 „Gelbwesten“ gezählt. Am vergangenen Wochenende hatten sich landesweit noch 84.000 Menschen beteiligt, in Paris waren es 7000 gewesen.

Doch auch wenn die Zahl der Teilnehmer sinkt, kommt es weiterhin zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten. Bei Zusammenstößen am Pariser Bastille-Platz wurden Tränengas und ein Wasserwerfer eingesetzt, um die Demonstranten zurückzudrängen, die Wurfgeschosse auf Polizisten warfen.

Polizei will Verletzung von „Gelbwesten“-Sprachrohr prüfen
Jerome Rodrigues, eines der Sprachrohre der „Gelbwesten“, war vor Ort und filmte das Geschehen mit seiner Handykamera, als er plötzlich vor Schmerz schreiend zu Boden sackte. Er wurde schwer am Auge verletzt, wie in seinen eigenen Aufnahmen zu sehen ist. Die Polizei bestätigte den Zwischenfall, man werde die genauen Umstände prüfen, hieß es am Sonntag.

Andere Aufnahmen der Szene, aufgenommen von einem Korrespondenten von Sputnik France, zeigen, wie Rodrigues blutig auf dem Boden liegt und Sanitäter Erste Hilfe leisten. Der Aktivist hat eigenen Angaben zufolge eine schwere Augenverletzung erlitten und wurde ins Krankenhaus gebracht. Später postete er ein Selfie mit einem zugeschwollenem rechten Auge auf Facebook und schrieb dazu: „Ich werde mein Auge verlieren.“

Anwalt: „Er wird sein Leben lang behindert sein“
War zunächst von möglichen Splittern einer Tränengasgranate, die am Boden unmittelbar vor dem Mann detonierte, als Ursache der Verletzung die Rede, teilte Anwalt Philippe de Veulle am Sonntag dem Fernsehsender BFM mit, Rodrigues sei von einem Gummigeschoss der Polizei getroffen worden. „Er wird sein Leben lang behindert sein.“ Das Projektil sei von anderen Demonstranten als Beweisstück eingesammelt worden. Der Einsatz von Gummigeschossen ist umstritten. Innenminister Christophe Castaner hatte angekündigt, die Sicherheitskräfte mit Körperkameras auszustatten, um die Einsätze besser zu dokumentieren. Der linke Oppositionspolitiker Jean-Luc Melenchon forderte nach der Verletzung von Rodrigues den Rücktritt Castaners.

Zusammenstöße gab es indessen auch in den „Gelbwesten“-Hochburgen Toulouse und Bordeaux im Südwesten Frankreichs sowie im Süden in Montpellier und Avignon, außerdem in mehreren westfranzösischen Städten. Innenminister Castaner verurteilte die Gewalt durch „mit gelben Westen verkleidete Randalierer“. Erstmals hatten Aktivisten am Bastille-Platz zudem zu einer „gelben Nacht“ aufgerufen. Vorbild war die Sozialbewegung „Nuit debout“, die 2016 gegen die Arbeitsrechtsreform der sozialistischen Vorgängerregierung protestierte. Die Versammlung wurde nach Angaben von AFP-Journalisten jedoch schnell beendet.

Erstmals auch „Rote Schals“ auf der Straße
Am Sonntag ist dann in Frankreich erstmals eine Gegenbewegung zu den „Gelbwesten“ auf die Straße gegangen: Eine Gruppe namens „Rote Schals“ (foulards rouges) startete am frühen Nachmittag einen Marsch zum Bastille-Platz (siehe Video unten). Unter dem Motto „Stopp - jetzt reicht‘s“ demonstrierte sie gegen die Gewalt bei den seit mehr als zwei Monaten andauernden „Gelbwesten“-Protesten.

Die Teilnehmerzahl bei der Demonstration der „Rotschals“ blieb mit einigen Tausend allerdings hinter den Erwartungen zurück. Die Organisatoren hatten mit mindestens 10.000 Teilnehmern gerechnet - so viele hatten zuvor über Facebook ihre Teilnahme an dem „Republikanischen Marsch der Freiheiten“ in der französischen Hauptstadt zugesagt. Der Initiator der „Roten Schals“, Laurent Soulie, steht der Partei Die Republik in Bewegung (La Republique en Marche) von Präsident Macron nahe. Der 51-Jährige und seine Mitstreiter werben für ein „friedliches und respektvolles Frankreich ohne Hass“.

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