Herz und Geld geraubt

Das schäbige Geschäft mit der Internet-Liebe

Tirol
20.11.2018 09:49

Sie heißen Anastasia, Marina, Matilda oder Elena. Manche kommen aus Russland, andere aus Ghana. Und alle verfolgen angeblich nur ein Ziel: Sie suchen einen heiratswilligen Tiroler, der ihnen nach einem Schicksalsschlag wieder ein Lächeln in ihre hübschen Gesichter zaubert. Doch Vorsicht! Hinter den Schönheiten stecken eiskalte Gauner. Aber nicht nur Männer sind Opfer...

Es begann mit einem harmlosen Online-Chat und endete mit einer bitteren Enttäuschung. Wie berichtet überwies ein 45-jähriger Mann aus dem Bezirk Innsbruck-Land über Monate hinweg mehrere Tausend Euro an seine vermeintliche Internet-Liebe aus Ghana. Erst als die Angebetete nicht wie vereinbart nach Innsbruck kam, wurde der Liebeshungrige skeptisch. Das Geld ist nun wohl futsch...

Der 45-jährige Tiroler ist aber nicht der einzige, der auf die Masche mit der Liebe ansprang. „Wir sind im Moment fast wöchentlich mit derartigen Fällen konfrontiert“, verrät Hans-Peter Seewald vom Landeskriminalamt. Die Dunkelziffer dürfte aufgrund von Scham oder fehlender Einsicht aber noch viel höher sein, glaubt man bei der Polizei. „Dieses Mal war es ein Mann, aber genauso oft - wenn nicht öfter - passiert es, dass Frauen Opfer solcher Betrügereien werden“, weiß Seewald. Gauner geben sich dabei gerne als wohlhabende Ärzte oder Soldaten der US-Army im Afghanistan-Krieg aus. Wie viel Geld die Opfer überweisen, ist unterschiedlich. „Von mehreren Tausenden Euro bis Zigtausenden Euro ist alles dabei“, sagt Seewald, der sich auch an einen Fall erinnert, bei dem mehr als 100.000 Euro in den Sand gesetzt wurden.

„Unbekannte kann man schlecht einschätzen“
Die Hoffnung auf Liebe lassen etliche Tiroler trotz unermüdlicher Warnungen von Polizei und Medien immer wieder in die Falle tappen. Selbst wenn schon Geld geflossen ist, lassen sich viele auch nach mahnenden Worten von Familie und Freunden nicht davon abhalten, weiter zu überweisen.

Doch warum ist die Masche so erfolgreich? „Das liegt nicht daran, dass die Menschen nicht informiert sind“, glaubt Mario Glanznig, Psychotherapeut aus Innsbruck. „Viel mehr sind die Bedürfnisse nach Liebe und Partnerschaft so stark, dass dies bis zur Realitätsverweigerung führen kann.“ Die Liebe über das Internet zu finden sei ja an sich nicht schlecht, schildert Glanznig. Ab einem gewissen Punkt muss aber der Sprung in die Realität da sein, denn ein Gegenüber, das man nicht sieht, kann man auch nicht einschätzen. Diese Meinung teilt auch Seewald, der rät: „Bevor man den Menschen nicht gesehen hat, sollte man nie Geld überweisen.“

Anna Haselwanter, Claudia Thurner, Samuel Thurner, Mirjana Mihajlovic/Kronen Zeitung

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