Herzinfarkt vor Spital

Witwe: „Ich sank auf die Knie und schrie“

Wien
08.11.2018 06:01

Elisabeth K. hat ihre blonden langen Haare zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Sie trägt Schwarz, legt die linke auf die rechte Hand. Und sie spricht. Über jenen Tag, an dem ihr Ehemann vor dem elitären Wiener Krankenhaus Göttlicher Heiland zusammenbrach und starb.

Der Fall „Wolfgang K.“ wird Öffentlichkeit, Medien und die Justiz wohl noch Tage, Wochen und Monate begleiten. Wie berichtet, lag ein Mensch direkt vor der Tür des Spitals regungslos in seinem Auto, eine Passantin schlug beim Portier Alarm und wurde wieder weggeschickt, um die Rettung zu rufen. Denn: Es gebe eben gewisse „Vorschriften“.

Elisabeth K. befand sich an diesem Tag in besagtem Krankenhaus. Sie wartete auf ihren Wolfgang, um seine demenzkranke Mutter zu besuchen. Um 18.10 Uhr telefonierten sie noch - aber er kam nicht. „Ich bin dann zum Ausgang gegangen, sah überall Blaulicht“, erzählt Elisabeth K. Dann den weißen Familien-Van - und ihren Ehemann darin.

Reanimation. Die 54-Jährige durfte allerdings nicht zu ihm, schon gar nicht in der Rettung mitfahren - von dem einen Spital (ohne Notfallabteilung!) ins andere. Elisabeth K. schaffte es mit Tochter Julia (37) und Enkerl Fabio (12) selbst dorthin und brach im Foyer zusammen: „Wolfgang lag auf der Intensivstation, ich durfte nicht zu ihm. Ich kniete auf dem Boden und schrie nur noch!“ Ihr Ehemann verlor währenddessen den Kampf um sein Leben.

Aber wer trägt die Schuld? Die Witwe hegt jedenfalls keinen Hass. Gerichte sollen aufklären, was schiefgelaufen ist - damit hat die Wienerin nun den renommierten Anwalt Alfred Boran beauftragt. Denn schon einmal wurde ein Mitglied von Familie K., die Oma, nach einem Schwächeanfall ebenfalls vom Portier des Spitals Göttlicher Heiland weggeschickt. Die 80-Jährige hat überlebt. Wolfgang K. ist tot. Die Staatsanwaltschaft ermittelt jetzt wegen „grob fahrlässiger Tötung“.

Sind Sie wirklich so herzlos, Frau Dr. Quint?
Ärzte seien für die Patienten in der stationären Aufnahme verantwortlich, alle Beteiligten hätten richtig gehandelt, kein Wort des Mitgefühls für die Hinterbliebenen, nicht einmal der Versuch einer Entschuldigung - Dr. Jelena Quint ist die ärztliche Direktorin des Göttlichen Heilands und nach ihrem ORF-Auftritt in der „ZIB 2“ aktuell Ziel von Kritik aus dem Internet.

Wir wollten es genau wissen: Sind Sie wirklich so herzlos, Frau Doktor? Aber Dr. Quint gibt keine Auskünfte mehr, dafür ihr Chef, Vorstand Hubert Eisl: „Aus heutiger Sicht wissen wir, dass die erste Reaktion des Portiers nicht dem Ernst der Lage angemessen war. Wir wissen aber auch, dass er unmittelbar danach die richtigen Schritte gesetzt hat.“

Nun würde es Schulungen, aber keine Konsequenzen geben. Und: „Dr. Quint hat im ORF-Interview sehr wohl ihr Bedauern ausgedrückt, aber das wurde dann herausgeschnitten.“ Der ORF sieht das anders: „Die Position des Krankenhauses wurde vollinhaltlich dargestellt.“ Entschuldigungen sehen anders aus.

Ärztlicher Eid
Nicht nur der Eid nach dem griechischen Gelehrten Hippokrates ist für Ärzte bindend, sondern auch das Genfer Gelöbnis. Dies wurde in Anlehnung an den Hippokratischen Eid 1948 in Genf vom Weltärzteverband beschlossen und regelt die Berufspflichten. Etwa, unabhängig von Herkunft, Parteizugehörigkeit oder sozialer Stellung zu helfen. Just dieser Tage wurde das Gelöbnis reformiert und beinhaltet nun auch die Würde der Patienten, aber auch auf die eigene Gesundheit zu achten. Etwas, dem Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres beipflichtet: „Der Arztberuf ist immer mit Stress verbunden, es geht oft genug um Leben oder Tod.“ Zum aktuellen Fall ist aber „klar, dass ein Arzt eine OP nicht unterbrechen darf, um auf die Straße zu eilen“.

Kronen Zeitung

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