23 Jahre nach Tat

Sarin-Anschlag in Tokio: Sektenführer hingerichtet

Ausland
06.07.2018 08:53

23 Jahre nach dem verheerenden Giftgasanschlag auf die U-Bahn in Tokio ist der verantwortliche Gründer der Endzeitsekte „Aum Shinrikyo“ hingerichtet worden. Neben dem 63-jährigen Shoko Asahara wurden laut der Nachrichtenagentur Kyodo sechs weitere Mitglieder der Sekte gehängt. Damit sind die ersten Todesurteile im Zusammenhang mit dem Anschlag vollstreckt worden. Weitere sechs Mitglieder befinden sich noch in der Todeszelle.

Asaharas Gesicht steht für das Trauma einer ganzen Nation: Am 20. März 1995 hatten Mitglieder der Sekte zur Zeit des morgendlichen Berufsverkehrs in mehreren Zügen Plastiksackerln mit Sarin aufgestochen und so das tödliche Nervengas freigesetzt. Die Tat ereignete sich direkt unter dem Regierungsviertel der japanischen Hauptstadt. 13 Menschen starben, mehr als 6000 wurden verletzt. Die große Zahl der Opfer erklärt sich dadurch, dass schon ein Milligramm der Phosphorverbindung binnen Minuten zu Atemlähmung und Herzstillstand führen kann.

Beispielloser Prozessmarathon
Nach der weltweit ersten Terrorattacke mit Giftgas wurde Asahara am 16. Mai 1995 festgenommen. Am Ende eines in der japanischen Rechtsgeschichte beispiellosen Prozessmarathons verurteilte 2006 ein Gericht in Tokio den halb blinden Guru und zwölf seiner Anhänger wegen des Anschlags und weiterer Morde mit insgesamt 27 Toten zum Tode. Asahara und die anderen Mitglieder von „Aum Shinrikyo“ („Höchste Wahrheit“) saßen seitdem in der Todeszelle und warteten auf ihre Hinrichtung. Der Sektengründer mit dem bürgerlichen Namen Chizuo Matsumoto hatte während seines gesamten Prozesses entweder geschwiegen oder Unverständliches vor sich hingemurmelt. Im Jänner dieses Jahres wurde das letzte Gerichtsverfahren gegen Mitglieder der Sekte abgeschlossen.

Kritik an mangelnder Untersuchung der Hintergründe
Mit dem Anschlag auf die U-Bahn wollte die Sekte eine geplante Polizeirazzia gegen ihr Hauptquartier am Fuße des heiligen Berges Fuji verhindern. Kritiker beklagten später, die Täter seien als unmenschliche Monster abgestempelt worden, statt dass die Hintergründe der Katastrophe tiefgehend analysiert worden seien. So sei nicht ausreichend untersucht worden, was zu den Verbrechen geführt habe und in welchem sozialen Kontext dies passierte. Die japanische Gesellschaft habe damit eine Chance versäumt, aus dem Fall zu lernen.

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