Inzest-Prozess

“Josef F. kriegt schon sein Schmalz!”

Österreich
16.02.2009 14:43
In knapp vier Wochen beginnt in St. Pölten der Prozess gegen Josef F., der in Amstetten seine eigene Tochter 24 Jahre lang in einem eigens dafür umgebauten Verlies gefangen gehalten und mit ihr sieben Kinder gezeugt haben soll. Alexander Tipold, Professor für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Universität Wien, hält im Interview den Ausschluss der Öffentlichkeit von der Verhandlung für gerechtfertigt und rechnet mit einem gerechten Urteil.

Um die Opfer von Josef F. vor den Auswirkungen medialer Berichterstattung zu schützen, soll gegen ihn über weite Strecken unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt werden. Ist das in diesem Fall angebracht?

Tipold: Durchaus. Wo es um Sachen geht, die den höchstpersönlichen Lebensbereich von Opfern strafbarer Handlungen betreffen, ist das in letzter Zeit immer mehr ausgebaut worden. Das gilt vor allem, wenn eine sexuelle Komponente ins Spiel kommt. Mit dem Ausschluss der Öffentlichkeit wird der Sensationslust mancher Medien Einhalt geboten. Man will verhindern, dass diese auf die Opfer zurückschlägt.

Würde die Außerordentlichkeit dieses speziellen Falles nicht eine andere Sichtweise rechtfertigen?

Tipold: Ach Gott, es muss ja nicht jedes Detail berichtet werden. Man muss ja nicht über jede Haarsekunde informiert werden. Außerdem erkennen die Opfer die Verhandlung oft nicht wieder, wenn sie am nächsten Tag über die Verhandlung lesen.

Im Fall F. sind das psychiatrische Gutachten und die Anklageschrift vorzeitig an die Öffentlichkeit gelangt. Wie kann man verhindern, dass so etwas auch in bzw. mit der Verhandlung passiert?

Tipold: Es ist wohl eher auszuschließen, dass da seitens der Justiz etwas rausgegangen ist. Das kommt erfahrungsgemäß meistens von der Seite des Beschuldigten.

Geschworene entscheiden im Fall F. ganz allein über die Schuld des Angeklagten. Ist im Hinblick auf die umfangreiche Berichterstattung in dieser Causa überhaupt noch eine unbeeinflusste Wahrheitsfindung möglich?

Tipold: Ach Gott, wann ist man schon unbeeinflusst? Eine Beeinflussung kann man wahrscheinlich nie verhindern. Entscheidend ist, dass Geschworene bereit sind, Sachbeweise auch dann zu würdigen, wenn sie ihren ursprünglichen Annahmen widersprechen. Und das können sie, weil jeder dazu neigt, eine gewisse Distanz zu Zeitungsmeldungen aufzubauen. Geschworene  bekommen ein genaueres Bild, wenn sie statt Meldungen Fakten vorgelegt bekommen. Es wird schon ein gerechtes Urteil geben.

Werden die Geschworenen überfordert sein?

Tipold: Die Geschworenengerichtsbarkeit ist im wissenschaftlichen Diskurs schon seit längerem umstritten. Der überwiegende Teil der Wissenschaft und Praxis sagt, dass die Leute überfordert sind. Klar sind Geschworene gefordert, manchmal überfordert, wenn es um Notwehr oder schwierige Gesetzesbegriffe geht. Mord ist aber ein relativ einfacher Begriff, auch sexueller Missbrauch.

Mit welchem Urteil rechnen Sie?

Tipold: Er kriegt schon sein Schmalz. Was die Gefangennahme und den Missbrauch betrifft, ist er (Josef F., Anm.) meines Wissens ja geständig. Was den Mordvorwurf betrifft (F. soll den Tod eines unmittelbar nach der Geburt gestorbenen Babys bewirkt haben, indem er es unterließ, diesem die nötige ärztliche Hilfe zukommen zu lassen, Anm.), ist das eine Frage der Beweiswürdigung.

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