Nicht nur Primaten

Auch Raben verstehen die Beziehungen von Nachbarn

Wissenschaft
23.04.2014 13:39
Kolkraben wissen nicht nur über die Beziehungen der verschiedenen Mitglieder ihrer eigenen Gruppe zueinander Bescheid, sie kennen offenbar auch die Hierarchien in Nachbar-Gruppen, zu denen sie nachweislich lediglich Sicht- und Hörkontakt hatten. Darüber berichten Wiener Forscher in der Fachzeitschrift "Nature Communications". Bisher wurde diese Fähigkeit nur bei Primaten angenommen.

Um herauszufinden, ob die Tiere verstehen, wie die Beziehungen von Mitgliedern von Gruppen, denen sie selbst nicht angehören, gestaltet sind, spielten Wissenschaftler vom Department für Kognitionsbiologie der Universität Wien den Vögeln Tonaufnahmen anderer Raben vor. Darauf waren Tiere zu hören, die in der Forschungsstation Haidlhof bei Bad Vöslau bereits über ein Jahr hinweg im jeweils angrenzenden Gehege in Hör- und Sichtweite untergebracht waren. Da Kolkraben innerhalb ihrer erweiterten Lebensgemeinschaften strikte Dominanzhierarchien bilden, kommt das auch in den Auseinandersetzungen zwischen ihnen zum Ausdruck.

Die Kognitionsbiologen um Jorg Massen und Thomas Bugnyar ließen die Tiere einerseits Aufnahmen anhören, in denen zwei ihrer Nachbarn entweder so miteinander interagieren, wie es aufgrund der Rangordnung in ihrer Gruppe zu erwarten wäre. Andererseits lauschten die Raben auch Unterhaltungen, in denen die hierarchischen Verhältnisse umgedreht waren, indem ein niederrangigeres plötzlich ein höherrangiges Tier dominierte.

Rollenumkehr macht den Tieren Probleme
Es zeigte sich, dass die Raben auf diese Rollenumkehrung mit verstärktem Erkundungs- und Stressverhalten reagierten. Die überraschten Tiere drehten ihre Köpfe öfters und schüttelten sich häufiger, was darauf schließen lasse, dass ihre Erwartung an die Dominanzverhältnisse erschüttert wurden, hieß es am Mittwoch in einer Aussendung der Uni. Daraus schließen die Wissenschafter, dass Raben auf die Beziehungsstrukturen von Artgenossen rein auf der Basis von Beobachtungen schließen können.

Es handle sich hier um den ersten experimentellen Nachweis von tatsächlichen "mentalen Repräsentationen" von Beziehungen bei Tieren, erklärte Massen. Darunter versteht man, dass die Raben sich selbst und ihre eigenen Erfahrungen nicht als Referenz heranziehen können. Das Wissen über die Hierarchien unter ihren Nachbarn konnten sie nämlich nicht aus einer egozentrischen Perspektive heraus in jeder Situation neu ableiten.

"Sie müssen wirklich eine Idee über die andere Gruppe und die Beziehungen in der Gruppe haben", so Massen. Von Menschenaffen nehme man zwar an, dass sie dazu auch fähig sind, ein direkter experimenteller Nachweis sei allerdings schwierig und wurde auch noch nicht erbracht. "Was wir hier gemacht haben, war wirklich etwas Neues", so der Forscher.

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