"Krone"-Interview

Gentleman über die politische Kraft der Musik

Musik
23.04.2013 16:30
Wenn es um "Gentleman" geht, wird derzeit allerorts nur von der neuen Single des südkoreanischen YouTube-Wunders Psy geredet. Doch mit den technoiden Beats des Asiaten hat der deutsche Reggae-Künstler Gentleman nichts am Hut. Auf seinem neuen Studioalbum "New Day Dawn" ist die musikalische Stimmung wesentlich geerdeter.
(Bild: kmm)

Den Vorwurf, in den letzten Jahren zu poppig geworden zu sein, entkräftet der 39-Jährige, der das Album genau an seinem Geburtstag veröffentlichte. "'New Day Dawn' ist wieder uriger geworden. Was ist schon Popmusik? Pop heißt populär, und wenn Roots-Reggae populär ist, ist er auch Popmusik. Ich mache das, worauf ich Lust habe, wonach ich mich fühle. Ich lasse mich in keine Schublade stecken und kann nicht immer nur dieselben Songs schreiben", verrät er im "Krone"-Interview.

Mehr als nur Entertainment
Das sechste Studioalbum ist für Gentleman ein Neubeginn. Nicht nur musikalisch, sondern vor allem auch welt- und umweltpolitisch. "Der Albumtitel steht für Aufbruch. Dieses Gefühl habe ich global. Ich spüre Strömungen, die mir Hoffnung geben. Die Umwelt verbessert sich stetig und in vielen Ländern herrscht eine revolutionäre Dynamik. Obwohl es immer noch zu viel Ungerechtigkeit und Armut auf der Welt gibt, ging es noch nie so vielen Menschen so gut wie heute." Dabei versucht Gentleman die weltpolitische Lage so gut wie möglich mit seiner Kunst zu beeinflussen: "Musik muss zu einem gewissen Teil politisch, sozialkritisch und radikal sein. Wenn sie mehr als Entertainment ist, hat sie eine unglaubliche Kraft."

Der Künstler wandelte sich schon in frühen Jahren zum nachdenklichen Kosmopoliten. Gentleman hat als 18-Jähriger erstmals Jamaika bereist und dort – nicht nur musikalisch – seine zweite Heimat gefunden. Seither pendelt der Kölner regelmäßig zwischen Deutschland und dem Karibikstaat. "Meine Heimat ist Köln, dort bin ich groß geworden, dort lebt meine Familie. Aber ich habe in Jamaika auch viele Rückzugsorte, wo ich reflektieren und zur Mitte finden kann. Durch die Globalisierung haben sich die geografischen Unterschiede ohnehin etwas relativiert."

Ungewollter Spannungsbogen
"New Day Dawn" beginnt mit dem Song "The Journey" und endet mit "Homesick". Ein Spannungsbogen, der als solcher gar nicht geplant war. "Es geht hier mehr um die Beschreibung einer Rastlosigkeit, die mich immer wieder umgarnt. Wenn ich Heimweh habe, kriege ich Fernweh und umgekehrt."

Sein ständiger Begleiter ist der Reggae, der im Gegensatz zu vielen anderen Musikströmungen noch nie so richtig trendig war und gerade deswegen so interessant für den Künstler ist. "Beim Reggae gibt es eine funktionierende Subkultur, die Musik ist fest verankert. Außerdem ist der Reggae zu sozialkritisch und politisch, um jemals ein Massenphänomen zu werden. Ich weiß nicht, was es mit diesen Trends immer auf sich hat! Die sind schnell da und dann auch immer schnell weg." Einen höheren Bekanntheitsgrad würde er seinen Genre-Kollegen gönnen: "Ich zähle mich zu den wenigen Künstlern, die es mit Reggae in den Mainstream geschafft haben. Natürlich würde ich das auch anderen wünschen."

Reggae vs. Stromgitarren
Ob die neuen Songs von Gentleman Trend-Potential haben, davon können sich die Fans am Nova Rock überzeugen, wo der 39-Jährige mit seinen locker-flockigen Sommersongs einen guten Kontrast zum hart-rockenden Line-up bildet. "Was glaubst du, wie wild und hart wir sein können?", erzählt er lachend. "Schon Bob Marley hat die Musik Roots-Rock-Reggae genannt. Es ist doch erfrischend, zwischendurch einen anderen Sound zu hören. Deshalb freue ich mich auch schon irrsinnig auf das Nova Rock."

Karten für das Festival von 14. bis 16. Juni im burgenländischen Nickelsdorf erhalten Sie unter 01/960 96 999 oder im "Krone"-Ticketshop.

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