Närrische Iren

Flogging Mollys “Float”

Musik
14.03.2008 01:04
Zurück in die alte Heimat kehrten Flogging Molly für ihren neuen Longplayer "Float". Die Irish-Folk-Punk-Band um Frontmann Dave King sog bei der Entstehung ihres vierten Studioalbums den Duft der alten Heimat auf, den viele Mitglieder der in Los Angeles beheimateten Truppe, schon viel zu lange nicht mehr gerochen hatten. Am 15. Mai werden sie in der Wiener Arena auftreten, im August dann am Frequency-Festival. krone.at sprach mit Dave King über die neue Platte und sein grünes Herz.
(Bild: kmm)

"Wir brauchten einen Tapetenwechsel, es wurde Zeit, mal woanders hinzugehen. Und außerdem hat uns gut getan, dass wir die ganze Zeit über eng beisammen waren - wir waren unglaublich konzertriert", schildert King die Sessions in Dublin, seiner alten Heimat, die er 1978 verließ und viele Jahre gar nicht besuchen konnte, weil er Anfangs illegal in den Staaten lebte.

1997 gründete er im Pub "Molly Malone's" Flogging Molly und fand nach Jahren des Punk und Heavy Metal zusammen mit einem sechsköpfigen Pack irisch-amerikanischer Musiker wieder zu seinen Wurzeln, ohne aber dabei das zuvor erlernte aus dem Punkrock zu vergessen. Auch "Float" hat wieder den typischen Trademarksound aus irischen Folkinstrumenten und hartem California-Punk, wenn auch die rasenden Nummern wieder zunehmend die Minderheit darstellen. Nichtsdestotrotz wird auf "Float" genug gerockt, um nebenbei ein Fass Guiness vernichten zu können.

"Das Irland, das ich verließ, war ein Trümmerhaufen."
Doch mit dem vierten Album werden die Lyrics ernster, tiefgängiger, den Typus "Trinklied" kann man ihnen immer weniger zuschreiben. Dave King: "Die Gegend – die Heimat – hat uns am meisten bei den Texten inspiriert. Ich merke schon einen Unterschied, ob ein Song in Irland geschrieben wurde, oder woanders. Außerdem war ich sehr lange nicht zuhause, um Songs zu schreiben. Das Irland, das ich verließ, war ein Trümmerhaufen. Das Irland, in das ich jetzt zurückgekehrt bin, ist praktisch konfliktfrei, vor allem was den nördlichen Teil betrifft. Und das ist fantastisch! Es war berührend, zurückzukehren in ein Land, das jetzt genauso ist, wie ich es mir damals immer gewünscht hatte."

"Float" sei eine optimistische, hoffnungsvolle Platte, sagt King: "Auf der anderen Seite tat es mir weh, als ich in Irland war und dort über Amerika nachdachte. Als ich auswanderte, war Amerika das Land der Hoffnung und nun hat es eine Regierung, die sich der Konsequenzen ihrer Aktionen nicht bewusst ist, die für die ganze Welt Auswirkungen bedeuten. Umso bizarrer klingt es, dass mir die Friedlichkeit in Irland wieder Hoffnung für Amerika gemacht hat. Wenn sich Irland so verändern konnte, kann es jedes Land!" Aber bei aller Sympathie zu den Vereinigten Staaten - wehe, man deutet auch nur an, ob er sich denn als Amerikaner fühle: "Versteh mich nicht falsch, Amerika ist ein tolles Land, das viel zu bieten hat. Es muss bloß wieder auf seinen alten Weg zurückfinden. Aber wir, wir sind Iren, verdammt!"

Wer die Konzertfilmdoku "Whiskey On A Sunday" von 2006 gesehen hat, weiß, dass Flogging Molly eines der faszinierendsten Gebilde der Musikszene sind. Die Band ist nicht nur unabhängig von der Diktion einer Plattenfirma, sondern managt sich selbst mit einer bemerkenswert straff organisierten Aufgabenverteilung. Wird man da nicht beneidet, wenn man "Majorlabel-Bands" auf einem Festival trifft? "Ich weiß nicht, ob andere auf uns neidisch sind", sagt Dave King. "Ich weiß nur, dass wir die totale Kontrolle darüber haben, was mit Flogging Molly passiert. Wir sind unsere eigenen Chefs. Mit dem traditionellen Plattenfirmen-Modell könnten wir gar nicht arbeiten. Ein Album, das nur dann kommt, wenn es auch einem Manager gefällt? Nie im Leben! Wir schreiben die besten Songs, die wir können, nehmen sie auf, schicken sie zu unserem Label (mit dem wir einen Distributionsdeal haben, Anmk.) und ein paar Wochen später ist die Platte draußen. Und dazwischen gibt es keine blöden Fragen. Ich sehe Flogging Molly aber in erster Linie als Live-Band. Gerade weil wir eine Independent-Band sind, ist es schwieriger Alben zu veröffentlichen. Konzerte sind weit mehr als nur notwendig."

"Es ist normal, das bei uns Dinge durch die Gegend fliegen"
Den Rummel, die Emotionen, die bei einer Show der siebenköpfigen Truppe abgehen, beweisen das. King: "Ich bin manchmal froh, dass ich Flogging Molly nicht vom Publikum aus erleben muss. Ich spüre, dass es ziemlich hektisch da unten werden kann, aber ich weiß auch, dass sich die Leute ihre ganzen Mühen abtanzen. Mir ist das viel lieber, als wenn sie nicht wüssten, was sie anstellen sollen." Bei "Whiskey On A Sunday" gibt es eine Szene, in der Dave King mitten in einem Song von Stagedivern umringt, auf der Bühne zu sehen ist. "Wir können es den Leuten schlecht verbieten", sagt er, "außerdem wollen sie uns ja nichts Böses. Für mich ist das ganz normal, dass bei Flogging-Molly-Konzerten Dinge durch die Gegend fliegen. Solange mir keiner die Zähne einschlägt, geht das in Ordnung."

Mit "Float" etablieren sich Flogging Molly endgültig als eine der erfolgreichsten Independent-Bands. Dave King erinnert sich an den mühsamen Weg, bis zum ersten Erfolg: "Die tolle Zeit, die wir in den letzten zehn Jahren hatten, ist überwältigend. Ich meine, wir spielten unsere ersten Konzerte in Clubs, die eine Schuhschachtel als Bühne hatten. Aber wir können gut miteinander und es konnte noch so mühsam sein [...] Wohin wir uns bewegten, wussten wir damals eigentlich nicht. Wir spielten ins Blaue und machten aber auch dann weiter, wenn nur eine Hand voll Leute im Pub waren."


Interview: Christoph Andert

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