"Modern präsidial"?

Trump twittert Video, in dem er CNN "verprügelt"

Ausland
02.07.2017 18:50

Die Twitter-Tiraden von US-Präsident Donald Trump laufen immer mehr aus dem Ruder: Nach seinen beleidigenden Angriffen auf zwei Fernsehjournalisten, die er am Wochenende erneut persönlich attackierte und als "strohdumm" und "verrückt" verunglimpfte, twitterte Trump am Sonntag ein Video, in dem er den verhassten Nachrichtensender CNN - für den Präsidenten Teil der "betrügerischen Fake-News-Medien" - "verprügelt". Der Sender sprach von einem "kindischen" aber zugleich brandgefährlichen Tweet. "Modern präsidial", wie Trump selbst seinen Stil bezeichnet, sieht wohl anders aus ...

In dem am Sonntag in einem Tweet vom US-Präsidenten selbst veröffentlichten Video ist Trump bei einem Wrestling-Match zu sehen. Die Aufnahmen aus dem Jahr 2007 zeigen den "Battle of the Billionaires" während Wrestlemania 23 und sind allseits bekannt, geisterten vor allem im Wahlkampf im Vorjahr durch die sozialen Netzwerke. In seiner Zeit als TV-Persönlichkeit hatte Trump mehrmals Auftritte beim Wrestling-Verband WWE.

In der nun von Trump geposteten Variante des Videos verprügelt er allerdings nicht mehr WWE-Chef Vince McMahon, sondern den Nachrichtensender CNN - visualisiert durch das Logo des Senders anstelle des Kopfes des Trump-Kontrahenten. Den fragwürdigen Videobeitrag versah Trump mit den Hashtags #FraudNewsCNN und #FNN.

CNN reagierte am Sonntag umgehend. "Es ist ein trauriger Tag, wenn der Präsident der USA zu Gewalt gegen Reporter ermutigt." CNN-Medienexperte Brian Stelter sprach zudem von einem "kindischen" aber dennoch brandgefährlichen Tweet des US-Präsidenten und stellte sich die Frage, wer bei den Republikanern wohl die jüngste Entgleisung des Präsidenten öffentlich verurteilen werde.

Star-Journalist: "Trump will Schoßhündchen"
Das Prügel-Video sei jedenfalls ein Angriff gegen die gesamte freie Presse und nicht nur gegen CNN, wurde weiter betont. Der US-Präsident wünsche nämlich keine freien Journalisten sondern "Schoßhündchen", kommentierte der renommierte Journalist Carl Bernstein den brisanten Tweet. Bernstein hatte zusammen mit Bob Woodward als Reporter der "Washington Post" die Hintergründe der Watergate-Affäre aufgedeckt, die den damaligen Präsidenten Richard Nixon zu Fall brachte.

Zuvor hatte der mächtigste Mann der Welt bereits in einem Tweet erklärt, er denke darüber nach, den Namen CNN in FNN, also FraudNewsNetwork, umzuändern. Das englische Wort fraud bedeutet übersetzt Betrug und stellt im Vergleich zu fake eine weitere Verschärfung der präsidialen Rhetorik dar.

Trump sieht seine Twitter-Nutzung als "modern präsidial"
Somit stellt das Prügel-Video, auch wenn man vom 45. US-Präsidenten mittlerweile Schläge unterhalb der Gürtellinie gewöhnt ist, sicherlich eine neue Dimension des Hasses dar. So hatte Trumps Sprecherin nach einer der Tiraden ihres Chefs erst vor wenigen Tagen beteuert, dass er niemals Gewalt befürworte oder zu Gewalt aufgerufen habe. Trump selbst verteidigte seine Twitter-Nutzung als "modern präsidial" - für viele Gegner und auch Polit-Beobachter wirken seine Tweets aber eher "modern diktatorisch".

Fest steht: Der US-Präsident erhöht in seinem Krieg gegen die Medien mittlerweile die Gangart gefühlt im Stundentakt. Die "betrügerischen Fake-News-Medien" arbeiteten hart daran, die Republikaner und andere davon zu überzeugen, dass er keine sozialen Medien nutzen solle, schrieb Trump etwa in einem aktuellen Tweet.

Er habe die Präsidentschaftswahl aber "mit Interviews, Reden und den sozialen Medien gewonnen". Dabei habe er auch gegen die "Fake-News-Medien" gewinnen müssen. "Wir werden weiter gewinnen!", fügte der Präsident hinzu.

Nicht nur im Internet sondern auch in der realen Welt legte Trump zuletzt mit weiteren Attacken auf die Medien nach. Die Medien hätten ihn daran hindern wollen, ins Weiße Haus einzuziehen, sagte Trump bei einer Veranstaltung zum Unabhängigkeitstag am 4. Juli am Samstagabend in Washington. "Aber ich bin Präsident und sie nicht", rief Trump seinen Anhängern zu. "Die unehrlichen Medien werden uns nie daran hindern, unsere Ziele im Namen unseres großartigen amerikanischen Volkes zu erreichen."

Demonstrationen für Amtsenthebung rund um Unabhängigkeitstag
Am Sonntag waren in mehreren Dutzend Städten in den USA Demonstrationen für eine Amtsenthebung Trumps geplant. Die Organisatoren werfen Trump Verfassungsverstöße vor: Nach Ansicht seiner Gegner missbraucht Trump sein Amt für seine geschäftlichen Interessen. Auch habe er versucht, die Ermittlungen zu den Russland-Kontakten seines Wahlkampfteams zu behindern.

Für ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump bestehen allerdings derzeit keine realistischen Aussichten. Im dafür zuständigen Kongress gibt es bisher keine konkrete Initiative für ein sogenanntes Impeachment. Mehrere Dutzend Parlamentarier der Republikaner müssten sich nach den derzeitigen Mehrheitsverhältnissen mit den oppositionellen Demokraten verbünden, damit der Präsident abgesetzt werden könnte.

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