Tiersterben droht

Ölteppich: USA machtlos gegen Öko-Katastrophe

Ausland
01.05.2010 10:10
Die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko wird immer bedrohlicher. Nach Louisiana und Florida haben auch Alabama und Mississippi den Notstand ausgerufen. Aus Sicht von Umweltschützern droht die schlimmste Ölkatastrophe in der Geschichte des Landes. In einem dramatischen Wettlauf gegen die Zeit haben die USA am Freitag versucht, eine Ölpest beispiellosen Ausmaßes an ihrer Südküste doch noch zu verhindern - bislang ohne echten Erfolg.

Erste Ausläufer des mittlerweile rund 9.900 Quadratkilometer großen Ölteppichs, der sich nach dem Untergang der Bohrinsel "Deepwater Horizon" im Golf von Mexiko gebildet hat, erreichten die Küste von Louisiana, die für ihre Fischgründe und Rückzugsgebiete für Vögel berühmt ist. Experten erwarten Schäden in Milliarden-Höhe.

Sensible Ökosysteme bedroht
Das Pentagon genehmigte am Freitag den Einsatz der Nationalgarde in Louisiana. Gouverneur Bobby Jindal hatte zuvor die Entsendung von 6.000 Reservisten angefordert, die bei Säuberungsarbeiten helfen sollen. Jindal teilte mit, dass auch der Einsatz von Häftlingen des Bundesstaates im Kampf gegen gegen die Ölpest erwogen werde. Augenzeugen berichteten, dass starker Wind verschmutztes Wasser über die ausgebrachten Barrieren drücken. Die Ölpest bedroht hochsensible Ökosysteme an der Küste. Und die Aussichten sind nicht gut: Meteorologen zufolge werden über das Wochenende hohe Wellen erwartet, die das Öl tief ins Marschland im Südosten Louisianas drücken könnten.

Obama rief unterdessen in Washington Regierungsmitglieder zusammen, um über die Koordinierung der nationalen Maßnahmen im Kampf gegen die Ölpest, die er am Vortag als "nationale Katastrophe" bezeichnet hatte, zu beraten. Der US-Präsident beauftragte zudem Innenminister Ken Salazar mit der Anfertigung eines Berichtes zur "vollständigen Aufklärung" der Ereignisse.

Ölfilm bis zu 160 Kilometer lang
Bis zum Freitag wurden nach Behördenangaben mehr als 60 Kilometer schwimmende Barrieren ausgebracht, mehr als 90 Kilometer stünden bereit. Augenzeugen berichteten allerdings, dass der starke Seegang sie mancherorts nutzlos mache oder die Wellen sie wegdrücken.

Der Ölfilm war am Freitag bis zu 72 Kilometer breit und bis zu 193 Kilometer lang. 1.900 Helfer sind im Einsatz, 300 Schiffe und Flugzeuge stehen zur Verfügung. Hohe Wellen trieben das Öl auf das von Menschen unbewohnte Wildschutzgebiet Pass-A-Loutre am Mississippi-Delta zu. Nach Berechnungen der Meeresbehörden könnte der Ölteppich über das Wochenende die Küsten Mississippis und Alabamas erreichen. Am Montag könnte das Öl dann auch an die Küste West-Floridas schwappen.

BP übernimmt die volle Verantwortung
Der Ölkonzern BP als Haupteigner der "Deepwater Horizon" erklärte sich inzwischen bereit, wie von Obama verlangt für die Beseitigung der Folgen aufzukommen. Firmenchef Tony Hayward sagte, das Unternehmen übernehme die volle Verantwortung und werde berechtigte Ansprüche von Betroffenen erfüllen.

800.000 Liter Öl fließen täglich ins Meer
Am Mittwoch wurde klar, dass das Öl aus der Ölbohrplattform ungehindert aus drei verschiedenen Lecks strömt. Am Tag fließen so rund 5.000 Barrel (795.000 Liter) ins Meer, fünfmal so viel wie anfangs vermutet. Inzwischen wird es für möglich gehalten, dass das Ausmaß der Tankerkatastrophe der "Exxon Valdez" übertroffen werden könnte. Damals flossen 1989 im Prinz-William-Sund in Alaska 41,64 Millionen Liter Öl ins Meer. Im Golf von Mexiko könnte dieses Ausmaß in etwa drei Monaten erreicht sein - so lange dürfte es nach Schätzungen dauern, bis ein neues Bohrloch fertiggestellt ist, das den Druck von der zerstörten Ölplattform nehmen kann.

"Abfackelung" und Tauch-Roboter erfolglos
Zuvor waren Versuche, den Ölteppich abzufackeln, gescheitert. Ein kontrollierter "Testbrand" war am Mittwoch an der Stelle mit der höchsten Konzentration durchgeführt worden. Dazu wurde Öl im Zentrum des Teppichs von zwei Schiffen gegen einen feuerfesten Auslegerbaum geschoben und angezündet. Letztlich blieben die Versuche jedoch erfolglos.

Ebenso ohne Wirkung war der Einsatz von vier Untersee-Robotern geblieben, die die Stelle versiegeln sollten, an der das Öl austritt. Auch ein 450 Tonnen schweres Ventilsystem, das eigentlich bei einem Unfall den Ölstrom sofort stoppen soll, konnte nicht aktiviert werden.

Zugleich arbeiteten Ingenieure an der Konstruktion einer Schutzglocke, die über das Leck gestülpt werden könnte. Das austretende Öl könnte dann aus dieser Kuppel abgepumpt werden, bevor es das Meer verschmutzt. Der Bau der Schutzglocke kann aber bis zu vier Wochen dauern.

Experten rechnen mit Milliarden-Schäden
Der Fischerei und dem Tourismus in der Region, die sich gerade erst von den Folgen von Hurrikan Katrina erholt haben, drohen schwere Schäden. Experten gehen davon aus, dass das Öl Umweltschäden anrichten wird, die nur schwer zu beseitigen sein werden. Die Küstengewässer und Sumpfgebiete im Golf von Mexiko sind Heimat zahlreicher Tierarten wie Seekühe, Delfine, Wale, Pelikane sowie anderer Vögel. Im Golf gibt es zudem riesige Mengen an Meeresfrüchten wie Austern, Krabben, Muscheln und Fischen.

Die Energie-Experten der Agentur Fitch schätzen, dass allein die Eindämmung des Ölteppichs und die anschließende Säuberung drei Milliarden Dollar kosten könnte. Der Analyst Neil McMahon von der Investmentfirma Bernstein rechnete zudem vor, dass in der Fischereiindustrie Schäden von 2,5 Milliarden Dollar und in der Tourismusbranche von drei Milliarden Dollar zu erwarten sind.

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