Kaum "Schrott-DNA"

Forscher: Fast das ganze Erbgut hat eine Funktion

Wissenschaft
05.09.2012 19:00
Ein weitaus größerer Teil der menschlichen Erbgutbausteine als bisher angenommen ist wichtig für das Zellgeschehen. Mehr als 80 Prozent besitzen zumindest eine Funktion, sinnlose Abschnitte - sogenannte "Junk-DNA" ("Schrott-DNA") - gibt es kaum, wie Forscher jetzt im Rahmen des Mammutprojektes ENCODE herausgefunden haben.

In der "Encyclopedia of DNA Elements" (Enzyklopädie der Erbgutelemente, kurz ENCODE) wird erfasst, welche Funktion die etwa drei Milliarden Basenpaare der menschlichen DNA haben. In Fachjournalen wie "Nature" und "Genome Research" sind rund 30 Beiträge zu den Ergebnissen veröffentlicht.

Das Projekt erweitere das Wissen über Krankheiten, bei denen genetische Faktoren eine Rolle spielen, und sei eine wachsende Ressource für neue Ansätze in der Biomedizin, schreibt das ENCODE-Konsortium, an dem mehr als 440 Forscher aus über 30 Instituten beteiligt sind, in einem Übersichtsartikel in "Nature". Die bisher 15 Terabyte (15 Billionen Byte) an erhobenen Rohdaten sind frei zugänglich.

"Schrott-DNA" ist Steuerungsapparat
Mehr als 1.640 Datensätze zu 147 Zelltypen seien in die Datenbank eingeflossen, schreibt das ENCODE-Konsortium. Und für die Forscher ist schon jetzt klar: Die bisher als "Junk-DNA" bezeichneten Abschnitte der Erbsubstanz sind in Wirklichkeit ein gewaltiger Steuerungsapparat für die Abläufe in den Zellen.

"In unserem Genom wimmelt es nur so von Schaltern: Millionen von Stellen, die dafür verantwortlich sind, ob ein Gen an- oder abgeschaltet wird", erläutert ENCODE-Analysekoordinator Ewan Birney in einer Mitteilung des European Bioinformatics Institute.

Lange hatte die Lehrmeinung gegolten, dass große Bereiche der DNA überflüssiger, im Verlauf der Evolution angesammelter Müll sind. Nur in einem Bruchteil wurden funktionierende Einheiten, sogenannte Gene, erkannt, wobei ein Gen dann jeweils auch für die Produktion eines bestimmten Eiweißstoffes (Proteins) verantwortlich zeichnet.

Mittlerweile haben die Forscher herausgefunden, dass ein guter Teil jener sogenannten Transkripte, die nicht in Proteine umgewandelt werden, die Regulation genetischer Abläufe steuern. Sie starten und stoppen Ablese-Vorgänge und dürften unter anderem eine entscheidende Rolle bei der Zelldifferenzierung spielen.

Forschungsprojekt wurde 2003 initiert
ENCODE ist ein Forschungsprojekt, das im September 2003 vom US-amerikanischen National Human Genome Research Institute initiiert wurde. Ziel des Projekts ist, alle funktionellen Elemente des menschlichen Genoms sowie das Transkriptom zu identifizieren und zu charakterisieren. Es ist das Folgeprojekt des Humangenomprojekts, das die Sequenzierung des menschlichen Genoms zum Ziel hatte und seit 2003 abgeschlossen ist.

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