23 Tote, 52 verletzt

Zugkatastrophe in Italien: Suche nach Schuldigen

Ausland
13.07.2016 16:43

23 Todesopfer und 52 Verletzte, so lautet die schreckliche offizielle Bilanz des Zugunglücks nördlich des süditalienischen Bari am Dienstag. Die Opfer sind laut den Behörden der Region Apulien allesamt Italiener. 24 Personen seien noch im Spital, acht von ihnen in kritischem Zustand, hieß es am Mittwoch. Nun ist die Suche nach Schuldigen im vollen Gang.

Zwei Regionalzüge mit jeweils vier Waggons stießen gegen 11.30 Uhr auf einer eingleisigen Strecke unweit einer Kurve zwischen den Orten Corato und Andria frontal zusammen. Die demolierten und ineinander verkeilten Waggons wurden mittels Kran getrennt. "Es ist ein Desaster, als ob ein Flugzeug abgestürzt wäre", so der Bürgermeister von Corato, Massimo Mazzilli.

Dutzende Rettungsteams versuchten, in die Waggons zu gelangen, um die Verletzten zu bergen. Unter anderem wurde ein Kind aus den Trümmern geholt. Die Rettungsmannschaften entdeckten die Leichen einer Mutter und ihrer jungen Tochter. Viele Studenten und Pendler befanden sich in dem Regionalzug, der von dem privaten Unternehmen Ferrotramviaria betrieben werde. Zu den Toten zählt der Lokführer.

Zahlreiche Rettungsfahrzeuge, Krankenwagen, Polizisten und Feuerwehrleute waren im Einsatz. Die Bevölkerung wurde zum Blutspenden aufgerufen, Ärzte und Krankenschwestern, die dienstfrei hatten, wurden zu Hilfe gerufen.

Regierungschef Matteo Renzi verlangte eine rasche Klärung der Ursache des Unglücks und sprach Opfern und Hinterbliebenen sein Mitgefühl aus. Er unterbrach einen Besuch in Mailand und traf am Nachmittag am Unfallort ein. Verkehrsminister Graziano Delrio sprach von einer "riesigen Tragödie" und kündigte die Einrichtung einer Untersuchungskommission an. Menschliches Versagen wurde nicht ausgeschlossen. Präsident Sergio Mattarella sprach in einer ersten Reaktion von einer "unannehmbaren Katastrophe". Der Konsumentenschutzverband Codacons wies auf die Vernachlässigung des regionalen Bahnnetzes in Süditalien hin.

Menschliches Versagen?
Ermittelt wird, ob es sich um menschliches Versagen handelte, aber auch ein technisches Problem wird nicht ausgeschlossen. Aufschluss sollen die Blackboxen der Züge geben. Ein geplanter Ausbau der Strecke auf zwei Gleise war erst kürzlich wegen Finanzierungsproblemen verschoben worden. Die Zeitung "La Stampa" berichtete, dass der seit Jahren geplante Ausbau ursprünglich schon im Vorjahr abgeschlossen sein hätte sollen.

Lange Schlangen bei Blutspendestellen
Das Unglück löste Entsetzen und Wut, aber auch eine Welle der Solidarität in Italien aus. Auch Papst Franziskus sprach den Angehörigen sein Beileid aus. Einem Blutspendeaufruf folgten innerhalb kürzester Zeit zahlreiche Bewohner der Region Apulien, vor den Blutspendezentralen bildeten sich lange Schlangen von Spendewilligen. "Alle wollen Blut spenden", teilte das Krankenhaus Bari unter einem auf Facebook veröffentlichten Foto von wartenden Spendern mit.

Das Begräbnis der Todesopfer ist für Samstagvormittag geplant. In der Stadt Andria, aus der die meisten Opfer stammten, wurde eine dreitägige Trauer ausgerufen. Ein Pool aus fünf Staatsanwälten ermittelt nun die Ursachen des Unglücks.

"Wir sind ein Dritte-Welt-Land"
In sozialen Netzwerken wurde zum Teil vernichtende Kritik an den Behörden geübt. "Wir sind ein Dritte-Welt-Land", schrieb ein Nutzer laut "Stampa". Andere kritisierten, dass Milliardenbeträge für den Bau von Hochgeschwindigkeitsstrecken ausgegeben würden, für den zweigleisigen Ausbau der süditalienischen Pendlerstrecke aber kein Geld vorhanden gewesen sei.

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