"Aktenzeichen XY":

Wollte ZDF Beitrag kippen, weil Täter schwarz ist?

Ausland
21.08.2015 17:58
Ein geplanter Beitrag der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY" über die Vergewaltigung einer jungen Frau hat in Deutschland eine heftige Debatte über Hautfarbe in Zusammenhang mit Verbrechen ausgelöst. Medienberichten zufolge sollte der Beitrag vorläufig aus dem Programm genommen werden - weil der mutmaßliche Sex-Täter dunkelhäutig ist. Nachdem der Sender und die Polizei widersprüchliche Angaben zur Ausstrahlung bzw. Nicht-Ausstrahlung des Beitrags machten, soll dieser nun doch am 2. September auf Sendung gehen.

Die verantwortliche Produktionsfirma Securitel bestätigte am Freitag auf Anfrage, dass sie den Beitrag zunächst nicht senden wollte. Zuvor hatten die Dortmunder "Ruhr Nachrichten" in ihrer Freitagsausgabe berichtet, Redaktionsleiterin Ina-Maria Reize-Wildemann habe dies mit aktueller Stimmungsmache gegen Flüchtlinge begründet. "Wir wollen kein Öl ins Feuer gießen und keine schlechte Stimmung befördern. Das haben diese Menschen nicht verdient", zitierte die Zeitung Reize-Wildemann.

"Richtige Zeit für Beitrag noch nicht gekommen"
Konkret dürfte die Redaktionsleiterin mit "diese Menschen" Flüchtlinge, die im Internet immer wieder zur Zielscheibe von hasserfüllten Kommentaren werden, gemeint haben. Die richtige Zeit für den Beitrag sei noch nicht gekommen, so Reize-Wildemann. Das ZDF dürfte allerdings von dieser Vorgehensweise selbst überrascht worden sein und wies die Darstellung der Mitarbeiterin noch am Freitag in einer Pressemitteilung zurück.

Darin heißt es: "Die Fahndung im Zusammenhang mit einer Vergewaltigung im März 2014 in Dortmund wird wie geplant in der nächsten Ausgabe von Aktenzeichen XY am 2. September behandelt. Die Auswahl der Fälle erfolgt durch Redaktion und Produzent in enger Zusammenarbeit mit der Kriminalpolizei nach der Relevanz der Fälle, ihrer Dringlichkeit und dem jeweils aktuellen Ermittlungsstand." Die Hautfarbe oder andere Persönlichkeitsmerkmale eines mutmaßlichen Täters würden dabei keine Rolle spielen, betont der Sender.

Empörte Reaktionen auf Facebook: "Schämen Sie sich"
So richtig glauben wollen dies dem ZDF jedoch zahlreiche Internet-User nicht. Unter der Stellungnahme auf der offiziellen Facebook-Seite des Senders mehren sich seit Freitagmittag die kritischen Stimmen. Ein User schreibt etwa: "Gut, dass das ZDF jetzt doch davon Abstand nimmt, den zahlenden Zuschauern die faktische Information über einen mutmaßlich farbigen Straftäter zu verweigern, weil es nicht das ideologische Weltbild einiger Redakteure gepasst hat." Ein anderer User empört sich: "Und so etwas nennt sich unabhängige Berichterstattung. Der Beitrag wird jetzt nur aufgrund des öffentlichen Interesses ausgestrahlt. Ansonsten wäre er heimlich in der Versenkung verschwunden und einem Kriminellen eventuell die Flucht ermöglicht worden. Die Hautfarbe sollte generell nie, vor allem aber bei der Verbrechensbekämpfung, ein Rolle spielen. Schämen Sie sich."

Polizist: "Konnten das alle nicht nachvollziehen"
Schlecht auch für den ZDF, dass die Darstellung der Polizei ein anderes Bild auf die Handlungsweise des Senders wirft. Demnach sollte der Beitrag sehr wohl aus der Sendung vom 2. September gekippt und verschoben werden - und zwar ausdrücklich wegen der Hautfarbe des Gesuchten, berichtete die "Bild"-Zeitung. Ein Polizist sagte gegenüber dem Blatt: "Das führte auch im Präsidium zu Diskussionen. Wir konnten das alle nicht nachvollziehen. Es gab sogar einen Beschwerdebrief der Polizei an die Redaktionsleitung." Dennoch sei es dem Beamten zufolge bei dem Aus für den Beitrag vonseiten des ZDF geblieben - die Kriminalpolizei habe deshalb sogar die Familie des Vergewaltigungsopfers informiert. "Die Familie war alles andere als begeistert", so der Polizist.

XY-Moderator: "Hätte Fall aus dem Bauch heraus gesendet"
Während der ZDF auf Anfrage von einem Schriftwechsel mit der Polizei nichts wissen wollte, erklärte der Moderator von "Aktenzeichen XY", Rudi Cerne, der "Bild"-Zeitung: "Bei mir geht Opferschutz immer vor Täterschutz. Ich hätte den Fall aus dem Bauch heraus gesendet. Wenn die Polizei Hilfe braucht, kriegt sie die auch." Den Fahndungsaufruf mit Fotos des Verdächtigen von einer Überwachungskamera in einer Dortmunder S-Bahn halten die Beamten jedenfalls für gerechtfertigt. Der mutmaßliche Täter war von Zeugen identifiziert worden. "Erst wenn alle Ermittlungsmethoden ausgeschöpft sind, greifen wir zu diesem Mittel der Öffentlichkeitsfahndung", betonte eine Polizeisprecherin.

Der mutmaßliche Täter soll die 21-jährige Frau am 29. März 2014 in der Nähe der S-Bahn-Station Dortmund-Huckarde vergewaltigt haben. Das Opfer war kurz vor 22 Uhr aus der S-Bahn gestiegen, wurde nach eigenen Angaben von einem dunkelhäutigen Mann verfolgt. "Da ihr die Situation mittlerweile Angst machte, ergriff die 21-Jährige ihr Handy und tat so, als würde sie mit jemandem telefonieren", so ein Polizeisprecher. In einer Unterführung stieß sie der Mann zu Boden und vergewaltigte sie. Dann nahm er ihr Geld, ihr Handy und flüchtete. Zwei Tage später schrieb die Polizei in einer ersten Mitteilung über den Mann aufgrund der Aussagen: "Sehr dunkle Hautfarbe, beschrieben als 'Schwarzafrikaner'."

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