Historisches Urteil

USA: Supreme Court bestätigt Obamas Gesundheitsreform

Ausland
29.06.2012 07:46
Der Oberste Gerichtshof der USA, der Supreme Court, hat am Donnerstag die Gesundheitsreform von Präsident Barack Obama für verfassungskonform erklärt. Änderungen verlangten die Richter nur bei der geplanten Ausweitung der staatlichen Krankenversicherung für Arme. Mit der Reform sollen 32 Millionen bisher unversicherte Amerikaner eine Krankenversicherung erhalten. Zudem soll der Anstieg der Gesundheitskosten gebremst werden. Die Entscheidung fiel mit fünf zu vier Stimmen.

Mehr als drei Monate hatte der Oberste Gerichtshof der USA darüber gebrütet, ob die Gesundheitsreform von Präsident Barack Obama mit der Verfassung vereinbar sei. Der größte Umbau des US-amerikanischen Sozialsystems seit Jahrzehnten ist das innenpolitische Herzstück von Obamas erster Amtszeit - und Teil eines erbittert geführten "Kulturkampfes" zwischen Demokraten und Republikanern über die Rolle des Staates.

Eine Übersicht über die Kernpunkte der Gesundheitsreform findest du in der Infobox!

Nur mit großer Mühe hatte Obama das Gesetz vor zwei Jahren gegen heftigen Widerstand der Republikaner durch den Kongress gebracht. Seitdem bahnten sich Klagen ihren Weg durch die Instanzen des US-Rechtssystems - bis der Supreme Court den Fall im November an sich zog.

Strafen für alle, die Versicherungspflicht nicht befolgen
Im Kern der Auseinandersetzung stand die Verpflichtung jedes Bürgers, gegen Androhung einer Strafzahlung ab 2014 eine Krankenversicherung abzuschließen. Nach Ansicht der Kläger hat der Gesetzgeber damit seine Befugnisse überschritten und Freiheitsrechte der Bürger beschnitten.

Die Richter werteten die Strafzahlung hingegen als eine Art Steuer. Eine solche sei durch die Verfassung gedeckt, begründete der Vorsitzende Richter John Roberts die Entscheidung des Supreme Courts.

Änderungen bei Versicherungen der Armen
Allerdings folgten die Richter nicht in allen Punkten der Argumentation des Präsidenten und erklärten einen Teil des Gesetzes für verfassungswidrig - und zwar jenen, der die Bundesstaaten verpflichtet hätte, das staatliche Gesundheitsprogramm für Arme drastisch auszubauen.

Großer Erfolg für Obama mitten im Wahlkampf
Das Urteil des Supreme Courts schlug jedenfalls wie eine Bombe ein. Nach Ansicht von US-Medien beschert es dem Präsidenten vor den im November anstehenden Wahlen einen großen Sieg. Die meisten Fachleute hatten darauf getippt, dass die Richter das Gesetz zumindest in Teilen kippen würden. Insgesamt 26 Bundesstaaten hatten das größte innenpolitische Projekt von Obama angefochten.

An der New Yorker Börse gewannen mehrere Gesundheitstitel nach der Entscheidung: So legten Aktien der Versicherung Amerigroup um 3,5 Prozent zu. Titel des privaten Krankenhausbetreibers Tenet Healthcare sprangen gleich um sechs Prozent in die Höhe.

Präsident sieht "unpopulären Sieg fürs Volk"
Obama bezeichnete die Bestätigung seiner Gesundheitsreform durch das Oberste Gericht am Donnerstag als "Sieg für das amerikanische Volk". Der Supreme Court habe ein grundsätzliches Prinzip bekräftigt, dass "im reichsten Land der Erde keine Familie durch Krankheit in den finanziellen Ruin getrieben werde". Es sei ein Sieg für die Menschen überall im Land.

Der Präsident räumte auch ein, dass seine Reform nicht populär sei. "Ich habe es nicht gemacht, weil es politisch gut war, ich habe es gemacht, weil ich glaubte, dass es gut für das Land war", sagte er.

Öffentlichkeit steht Reform gespalten gegenüber
Die Meinung der Öffentlichkeit ist laut Umfragen gespalten. Laut einer jüngst veröffentlichten Umfrage lehnen zwar 56 Prozent der US-Bürger die Reform ab, darunter sind jedoch auch viele, denen das Vorhaben nicht weit genug geht.

Positiv äußerte sich eine Mehrheit über die konkret vorgesehenen Maßnahmen. So sollen etwa Kinder bis zu ihrem 26. Lebensjahr bei den Eltern mitversichert bleiben können. Eindeutig auf Ablehnung stieß bei 61 Prozent jedoch die Versicherungspflicht.

Republikaner wollen das Gesetz zu Fall zu bringen
Der republikanische Präsidentschaftskandidat Mitt Romney hatte bereits vor der Entscheidung des Supreme Courts erklärt, er werde im Fall eines Wahlsieges am 6. November die Reform kippen, wenn das Gericht dies nicht ohnehin tue.

Nach dem Spruch meinte er nun, das Oberste Gericht habe zwar das Reformwerk Obamas für verfassungskonform erklärt, es habe aber nicht darüber entschieden, ob das Gesetz gut oder schlecht sei. "Es war gestern ein schlechtes Gesetz, und es ist heute ein schlechtes Gesetz. 'Obamacare' ist ein Jobkiller", sagte der Ex-Gouverneur von Massachusetts.

Damit geht der Kampf um die Gesundheitsreform weiter. Denn die Republikaner wollen bereits in wenigen Tagen wieder versuchen, das Gesetz im Parlament zu Fall zu bringen. Der republikanische Fraktionschef im Repräsentantenhaus, Eric Cantor, kündigte schon für den 11. Juli eine Abstimmung in seiner Kammer an. Dort haben die Republikaner zwar die Mehrheit - doch im Senat dürften sie erneut an der Mehrheit der Demokraten scheitern.

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