Richter befangen

NL: Prozess gegen Rechtspopulist Wilders geplatzt

Ausland
23.10.2010 09:48
Der Prozess gegen den niederländischen Islamgegner Geert Wilders wegen mutmaßlicher Hetze gegen Muslime ist geplatzt. Eine Berufungskammer gab am Freitag in Amsterdam einem Antrag des Angeklagten statt, seine Richter für befangen zu erklären. Nun müssen erst drei neue Richter berufen werden, ehe das 2009 eingeleitete Verfahren noch einmal von vorn beginnen kann.

"Ich frage mich, vor was für einem Zirkus ich hier eigentlich gelandet bin", schimpfte Wilders vor laufenden Kameras bei der Begründung des Befangenheitsantrags. Über seinen Rechtsanwalt Bram Moszkowicz machte er geltend, ein Mitglied des Gerichtshofes habe versucht, den Islam-Experten Hans Jansen zu beeinflussen, der in seinem Verfahren als Sachverständiger angehört werden sollte. Weil der Arabist diesen mutmaßlichen Manipulierungsversuch bekanntgemacht habe, sei er von den Richtern nicht mehr als Zeuge zugelassen worden, erläuterte Moszkowicz.

Die unabhängige Kammer erklärte nun, Wilders' Bedenken bezüglich der Unparteilichkeit der Richter seien "verständlich". Die Entscheidung der Richter, über die Aufrufung Jansens zu einem späteren Zeitpunkt zu befinden, bezeichnete die unabhängige Kammer gleichwohl als "unverständlich", da es für diese keine Gründe gibt.

Wilders sieht "Mafia-Methoden"
Wilders sprach von "Mafia-Methoden". Er habe "kein bisschen Vertrauen mehr" in seine Richter. Parallel zu dem Befangenheitsantrag erstattete der Chef der populistischen Partei für die Freiheit (PVV) Anzeige gegen einen hohen Richter wegen versuchter Zeugenbeeinflussung. Darauf steht nach niederländischem Recht eine Gefängnisstrafe von bis zu vier Jahren.

Der Oberrichter Tom Schalken soll bei einem Mittagessen versucht haben, dem Islam-Sachverständigen Hans Jansen in seinem Prozess von der Richtigkeit der Anklage zu überzeugen, erklärte Wilders. Jansen selbst hatte dies öffentlich erklärt. Schalken gehörte jener Hohen Kammer des Amsterdamers Amtsgerichtes an, die im vergangenen Jahr die Staatsanwaltschaft angewiesen hatte, Wilders im Zusammenhang mit dessen scharfen islamkritischen Äußerungen den Prozess zu machen.

Selbst Staatsanwalt verlangte Freispruch
In dem nun geplatzten Verfahren hatte zuletzt selbst die Staatsanwaltschaft beantragt, Wilders von allen Vorwürfen freizusprechen. Die umstrittenen Äußerungen des Politikers, der den Islam als Ideologie des Terrorismus bezeichnet und den Koran mit Hitlers "Mein Kampf" verglichen hatte, seien nicht strafbar. Sie könnten zwar Muslime verletzt haben, räumte die Anklage vor einer Woche ein. Doch sie erfüllten nicht den Tatbestand der Anstiftung zum Hass gegen Muslime oder zu deren Diskriminierung.

Wilders stützt mit seiner Partei im Parlament die Minderheitsregierung in Den Haag. Das am 14. Oktober vereidigte Kabinett aus Rechtsliberalen und Christdemokraten will - wie es Wilders in einem Duldungsvertrag zusagte - die Zuwanderung muslimischer und anderer nichtwestlicher Ausländer in die Niederlande um 50 Prozent reduzieren. Zudem sollen Migranten, die Einbürgerungstests nicht bestehen, ihre Aufenthaltsgenehmigung verlieren.

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