22.000 Polizisten

Janukowitsch plante Massaker auf dem Maidan

Ausland
25.02.2014 10:57
Der gestürzte ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch wollte die Demonstrationen gegen ihn offenbar mit einem Großeinsatz Tausender Sicherheitskräfte niederschlagen. Dies geht aus Dokumenten hervor, die Journalisten zufolge in der nahe Kiew gelegenen Residenz Janukowitschs gefunden wurden und die ein Abgeordneter der bisherigen Opposition ins Internet gestellt hat. Geplant war demnach ein Massaker mithilfe von Scharfschützen, die das Feuer auf die Demonstranten eröffnen sollten.

Nach den Plänen sollte der Unabhängigkeitsplatz (Maidan) in Kiew umstellt werden, Scharfschützen hätten auf die Demonstranten schießen sollen. Rund 22.000 Polizisten, darunter 2.000 Spezialkräfte, sollten an der Aktion beteiligt werden.

Mit der Veröffentlichung solle der Druck auf die neue Führung erhöht werden, den flüchtigen Janukowitsch vor Gericht zu stellen, sagte der Abgeordnete Hennadi Moskal. Der Ex-Präsident wird mit Haftbefehl gesucht, ihm wird Massenmord vorgeworfen. Er soll sich Medienberichten zufolge auf der prorussisch geprägten Halbinsel Krim aufhalten.

Scharfschützen kamen bereits zum Einsatz
Bei Feuergefechten zwischen der Polizei und Janukowitsch-Gegnern auf dem Unabhängigkeitsplatz, den die Demonstranten drei Monate lang besetzt hielten, wurden vergangenen Woche mindestens 88 Menschen getötet. Dabei schossen Scharfschützen gezielt auf Demonstranten.

Viele Ukrainer machen dafür unter anderem den geflohenen Innenminister Vitali Sachartschenko und den abgetauchten Generalstaatsanwalt Viktor Pschonka verantwortlich. Das Parlament ernannte die Getöteten posthum zu "Helden der Ukraine".

Neuer Ministerpräsident gesucht
Das ukrainische Parlament will nach dem Sturz von Janukowitsch und der Absetzung seiner Regierung am Donnerstag einen neuen Ministerpräsidenten wählen. Zuvor war Dienstag angepeilt gewesen, doch Parlamentspräsident Olexander Turtschinow meinte, es seien noch weitere Konsultationen nötig. Die geplante Wahl gilt als weiterer wichtiger Schritt aus der Krise. Da das Land vor dem Staatsbankrott steht, reißt sich niemand um den Posten des Regierungschefs.

Die bisherige Opposition hatte am Wochenende nach monatelangen Protesten die Macht in Kiew übernommen und rasch alle wichtigen Posten besetzt. Als neuer Regierungschef infrage kommt der frühere Parlamentspräsident Arseni Jazenjuk, der die Fraktion der Vaterlandspartei von Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko führt. Als möglicher Kandidat wird zudem der Unternehmer und frühere Außen-und Wirtschaftsminister Pjotr Poroschenko gehandelt.

Russland kritisiert "terroristische" Methoden
Russland bestritt am Montag die Legitimität der neuen Regierung und warnte vor "diktatorischen" und "terroristischen" Methoden. "Falls sich Leute, die in schwarzen Masken und mit Kalaschnikow-Sturmgewehren durch Kiew schlendern, als Regierung bezeichnen, so wird die Arbeit mit einem solchen Kabinett sehr schwierig sein", sagte der russische Regierungschef Dmitri Medwedew.

Das russische Außenministerium warf dem Westen vor, sich in Wahrheit nicht um das Schicksal des Landes zu sorgen, sondern lediglich geostrategische Interessen zu verfolgen.

Fischer sieht "schwierige Phase" vor Ukraine
Bundespräsident Heinz Fischer bezeichnete die derzeitige Situation als "unübersichtlich". "Ich fürchte, dass die Ukraine eine schwierige Phase vor sich hat", so Fischer in einem Interview mit der russischen Nachrichtenagentur RIA Novosti am Montag. Die Ukraine solle zudem keine Spannungszone zwischen Europa und Russland sein, so Fischer weiter.

Fischer erklärte sich als Gegner der "Anwendung von Gewalt bei innenpolitischen Konflikten". Dies gelte für alle Seiten: "Ich bin dagegen, dass die Staatsmacht unangemessene Gewalt anwendet, Schusswaffen gegen die eigene Bevölkerung einsetzt etc. Ich bin aber auch dagegen, dass friedliche Demonstrationen in Gewalt ausarten, staatliche Gebäude besetzt werden, Autos angezündet werden etc. In der Ukraine ist beides passiert und entsprechend groß sind die Probleme, die daraus entstanden sind", konstatierte der Bundespräsident.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte die Ukraine auf, für neuen Zusammenhalt im Land zu sorgen. Das Auswärtige Amt in Berlin plädiert nach dem Machtwechsel in Kiew dafür, mögliche Finanzhilfen für die Ukraine an strikte Bedingungen zu knüpfen.

Ukraine knapp vor Staatsbankrott
Die wirtschaftlich schwer angeschlagene Ukraine benötigt nach eigenen Angaben 25,5 Milliarden Euro an Finanzhilfen (siehe Infobox). Die frühere Sowjetrepublik habe eine internationale Geberkonferenz unter Beteiligung der EU, der USA und des Internationalen Währungsfonds vorgeschlagen, sagte der kommissarische Finanzminister Juri Kolobow. "Wir haben unseren internationalen Partnern vorgeschlagen, uns innerhalb der nächsten ein bis zwei Wochen Kredite zu gewähren", sagte Kolobow.

IWF-Chefin Christine Lagarde hatte angekündigt, ihre Organisation stehe für Unterstützung bereit - im Gegenzug für Wirtschaftsreformen. Russland hingegen hat angekündigte Milliardenkredite angesichts der revolutionären Umbrüche im Nachbarland zunächst auf Eis gelegt.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Kostenlose Spiele