Neuer Prozess

Freisprüche im Mordfall Politkowskaja aufgehoben

Ausland
25.06.2009 14:06
In Russland hat der Oberste Gerichtshof den Freispruch von drei Angeklagten - zwei Brüdern aus Tschetschenien und einem Ex-Polizisten aus Moskau - im Prozess um den Mord an der regierungskritischen Journalistin Anna Politkowskaja aufgehoben. Die Richter ordneten einen neuen Prozess an, wie ein Gerichtssprecher am Donnerstag mitteilte, und folgten damit einem Antrag der Staatsanwaltschaft. Ein Geschworenengericht hatte es im Februar als nicht erwiesen angesehen, dass die drei Angeklagten an der Ermordung der Regierungskritikerin beteiligt waren.

In dem ersten Prozess waren die tschetschenischen Brüder Ibrahim und Dschabrail Machmudow sowie der ehemalige Polizist Sergej Chadschikurbanow freigesprochen worden. Die beiden Tschetschenen sollen Politkowskaja beschattet und den mutmaßlichen Mörder am 7. Oktober 2006 zum Tatort gefahren haben. Bei dem Todesschützen soll es sich um Rustam Machmudow, den Bruder von Ibrahim und Dschabrail, handeln, der in Westeuropa untergetaucht sein soll. Der Ex-Polizist Chadschikurbanow soll bei dem Verbrechen logistische Hilfe geleistet haben.

Kritik von Politkowskajas Familie
Die Familie Politkowskajas kritisierte die Entscheidung des Obersten Gerichts. Für die Aufhebung der Freisprüche gebe es keine Grundlage, sagte die Anwältin der Familie der Nachrichtenagentur RIA Nowosti. Die Familie sei mit den Freisprüchen einverstanden gewesen. Anwältin Karinna Moskalenko betonte, es sei wichtig, dass die Ermittler bei der Neuauflage des Verfahrens "bessere Arbeit leisten". "Wir haben Hoffnung", sagte sie. "Was sie bisher getan haben, war unbefriedigend."

Verteidiger glaubt an Freispruch-Wiederholung
Die Angehörigen der Journalistin hatten nach dem Urteil im Februar kritisiert, den Ermittlern sei es nicht gelungen, die Identität des mutmaßlichen Mörders nachzuweisen und die Hintergründe der Tat aufzudecken. Die Staatsanwaltschaft müsse die wirklichen Mörder finden. Der Verteidiger der Tschetschenen, Murad Mussajew, sagte, er habe die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs erwartet. Er sei aber überzeugt, dass das Gericht auch in einem zweiten Prozess den Argumenten der Verteidigung folge, wenn die Objektivität gewahrt bleibe.

"Lückenhafte und pannenreiche Ermittlungen"
Menschenrechtler hatten die Arbeit der Ermittler als "lückenhaft und pannenreich" kritisiert und die Freisprüche als berechtigt bezeichnet, weil die Schuld der vier Männer nicht nachgewiesen werden konnte. Gleichwohl waren Staatsanwaltschaft, Angehörige und Freunde Politkowskajas überzeugt davon, dass die damals Angeklagten etwas mit dem Mord zu tun haben. Nach dem Täter und dem Auftraggeber der Bluttat wird weiter gesucht.

Starb Politkowskaja wegen kritischer Berichte?
Politkowskaja, die für die regierungskritische Zeitung "Nowaja Gaseta" arbeitete, war am 7. Oktober 2006 im Stiegenhaus ihres Moskauer Wohnhauses erschossen worden. Die Journalistin gehörte zu den wenigen in Russland, die über den Feldzug der russischen Truppen in Tschetschenien kritisch berichtet und schwere Menschenrechtsverletzungen angeprangert hatten. Die Hintergründe des Mordes sind bis heute nicht geklärt. Frühere Kollegen vermuten, dass Politkowskajas Tod mit einem geplanten Artikel über Folter in Tschetschenien im Zusammenhang stand.

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