Erstes TV-Interview

Ferguson-Todesschütze “würde wieder so handeln”

Ausland
26.11.2014 06:32
Nach den Krawallen in der US-Kleinstadt Ferguson im Bundesstaat Missouri hat sich am Dienstag erstmals der Todesschütze Darren Wilson zu Wort gemeldet. Er bedauere den Tod des schwarzen Teenagers Michael Brown, würde aber wieder so handeln, sagte der Polizist dem TV-Sender ABC. Eine Geschworenenjury hatte am Montagabend beschlossen, dass keine Anklage gegen den weißen Polizisten erhoben wird. Danach brachen erneut Unruhen aus.

Er habe im August um sein Leben gefürchtet und nur seinen Job gemacht, sagte der Polizist nach Angaben des Senders weiter. Der Tod des jungen Afroamerikaners tue ihm zwar leid, er habe aber ein reines Gewissen, sagte Wilson gegenüber dem US-Sender.

"Er hat in seine Tasche gegriffen und blieb nicht stehen"
Wilson widersprach auch jener Version der Ereignisse des 9. August, die Freunde Browns und auch mehrere Augenzeugen immer wieder vorgebracht hatten, nämlich, dass er den unbewaffneten 18-Jährigen in den Rücken geschossen habe. "Er hat sich zu mir umgedreht und seine rechte Hand griff in die Tasche", so Wilson. Da er nicht und nicht stehen bleiben wollte, habe sich der Polizist bedroht gefühlt. Auf die Frage von ABC-Reporter George Stephanopoulos, ob er sich anders entschieden hätte, wäre Brown ein Weißer gewesen, antwortete der Polizist mit "absolut nicht".

Dass dieses Interview die Gemüter besänftigen wird, ist eher unwahrscheinlich. Zumal auch die Familienmitglieder Wilsons angefeindet und offenbar auch immer wieder mit dem Tod bedroht werden. Dies berichtete zumindest ein Familienangehöriger des Polizisten gegenüber der Online-Ausgabe der britischen "Daily Mail". "Wir werden euch töten, wir werden euer beschi**enes Haus niederbrennen", soll eine der mehr als eindeutigen Drohungen gelautet haben.

Familie des Todesopfers übt massive Kritik an Entscheidung
Die Angehörigen des erschossenen Teenagers haben die juristische Aufarbeitung der tödlichen Polizeischüsse auf den schwarzen Jugendlichen scharf kritisiert. Der Prozess sei "vollkommen unfair" gewesen, ließ Anwalt Benjamin Crump am Dienstag in St. Louis seitens der Familie ausrichten. Der Staatsanwalt habe eine enge Beziehung zur lokalen Polizei in Ferguson und sei eine völlige Fehlbesetzung gewesen.

Daher habe man schon gegen seine Einsetzung protestiert und einen unabhängigen Ermittler gefordert, bevor die Geschworenenjury im August ihre Arbeit aufnahm. Der Anwalt Anthony Gray erklärte, die Beweise seien von der Staatsanwaltschaft bewusst auf eine Weise präsentiert worden, damit Wilson nicht angeklagt werde. Viele Fragen an die Zeugen seien zynisch und sarkastisch gewesen. Er betonte, dass die Ermittlungen der Bundesbehörden gegen den Beamten noch nicht abgeschlossen seien. Dass der Staatsanwalt alle Unterlangen der eigentlich geheimen Jury-Sitzung öffentlich machte, sei ein Trick. "Wenn man etwas wirklich verstecken will, dann versteckt man es vor aller Augen", sagte Gray.

Weitere Proteste vorerst friedlich
Indes haben in der Nacht auf Mittwoch in den USA weitere Proteste gegen den Entscheid der Jury stattgefunden. Von New York über Boston, Denver, Dallas und Atlanta bis nach Los Angeles wurde in fast allen größeren Städten des Landes protestiert. Im Gegensatz zum Dienstag verliefen die Veranstaltungen aber friedlich. In Ferguson selbst versammelten sich rund 300 Menschen vor der Polizeistation, um zu demonstrieren. Als die Polizei die Menge aufforderte, die Straße zu räumen, kam es nach Angaben eines Reporters zu mindestens zwei Festnahmen. Von gröberen Auseinandersetzungen wurde nicht berichtet.

Zur Vermeidung erneuter Unruhen und Plünderungen hatte der Gouverneur von Missouri, Jay Nixon, zuvor weitere Mitglieder der Nationalgarde in die Kleinstadt beordert. "Die Gewalt, die wir in Teilen von Ferguson in der vergangenen Nacht gesehen haben, ist inakzeptabel", sagte Nixon. Die zusätzlichen Nationalgardisten sollen demnach für die Sicherheit des Polizeireviers und der Bevölkerung sorgen.

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