Hightech in OÖ

krone.at zu Besuch im intelligenten Wohnhaus

Elektronik
20.10.2013 09:00
Wir schreiben das Jahr 2013. Computer in der Hosentasche sind längst Alltag, Rechner am Handgelenk der letzte Schrei - und Autos lernen langsam, von selbst zu fahren. Und unsere Häuser? Die sind dumm, wie vor hundert Jahren. Zumindest die meisten. Im hohen Norden Oberösterreichs steht nämlich eine Ausnahme: Das intelligente Haus von Martin Öller, das automatisch heizt und kühlt, mit dem Handy ferngesteuert wird - und seinen Besitzer sogar anruft, wenn etwas nicht stimmt. krone.at hat sich in Öllers "Smart Home" umgesehen.

Inmitten einer Siedlung im beschaulichen 2.500-Seelen-Städtchen Rohrbach steht es, das intelligente Haus. Vis-à-vis einer Behausung im urigen Jagdhüttenstil mit Geweih an der Fassade, vermittelt es mit seinem Flachdach schon von Weitem den Eindruck, kein Allerweltshaus zu sein. Doch die ganze Technikpracht offenbart sich erst beim Betreten des Domizils, in dem Öller mit seiner Frau und seinen zwei kleinen Söhnen wohnt. Na gut, eigentlich bereits an der Haustür - schließlich kommt es nicht alle Tage vor, dass der Besucher schon beim Klingeln von einer in die Gegensprechanlage integrierten Kamera unter die Lupe genommen wird.

So öffnen Öller und sein vierjähriger Sohnemann Dominik so ganz und gar nicht überrascht die Tür für krone.at. Bei einem Häferl Kaffee erklärt der Mühlviertler Unternehmer, was es mit seinem Haus auf sich hat. "Das Smart Home hat ja einen eher schlechten Ruf. Die Leute denken dabei immer an intelligente Kühlschränke und solche Dinge. Dabei geht's um ganz praktische Sachen", sagt der 39-Jährige, während sein Sprössling es sich wieder mit dem iPad am Sofa bequem macht.

Servergesteuerte Heizung nutzt Energie zielgerichtet
Mit diesen "praktischen Dingen" meint Öller beispielsweise das Heizen. Weil sein Haus in jedem Raum mit einem Temperaturfühler ausgerüstet ist, welcher wiederum mit einem zentralen Server verbunden ist, kann er äußerst zielgerichtet heizen. Und zwar mithilfe einer App für sein iPad, in der er lediglich einstellen muss, zu welcher Uhrzeit er in welchem Raum welche Temperatur haben möchte. "Meine Frau hat es morgens im Bad beispielsweise gerne etwas wärmer", erklärt Öller, während er auf seinem iPad in der App das Badezimmer auswählt und die Tagestemperaturkurve anzeigt - mit Temperaturspitzen am Morgen und Abend.

Den Rest erledigt das intelligente Haus vollautomatisch. Der Vorteil: Geheizt wird nur dann, wenn es nötig ist. Und zwar nicht erst, wenn die Familie morgens aus dem Bett steigt oder abends nach Hause kommt. Die Heizung springt so an, dass die Behausung zur gewünschten Zeit die gewünschte Temperatur hat. Und weil nicht ständig geheizt wird, spart Öller im Winter durch seinen Haussteuerungs-Server auch noch Geld.

Haus errechnet aus Standort im Sommer die optimale Kühlung
Im Sommer nutzt Öller das "Hirn" seines Hauses dann wiederum zur Kühlung. "Über die geografische Lage kann der Miniserver errechnen, wo die Sonne gerade steht - und dort die Jalousien herunterlassen, wo es nötig ist", sagt Öller - und demonstriert, dass sein intelligentes Haus sogar die Lamellen der Jalousien der Tageszeit entsprechend ausrichtet. Als Wecker eignen sich die intelligenten Rollläden natürlich auch - indem man sie zeitgesteuert zur geplanten Aufstehzeit hochfahren lässt.

Heizung und Kühlung zu regeln, das sind nur zwei von vielen Möglichkeiten, die Öller der Einsatz eines Servers in seinen eigenen vier Wänden bringt. Über seine App steuert Öller zudem Beleuchtung und das im ganzen Haus empfangbare Internetradio, schaut nach, wie viel Wasser noch in der Zisterne im Garten ist - und aktiviert bei Bedarf verschiedene Haus-Betriebsmodi.

Haus erkennt Einbrecher - und ruft den Besitzer an
Neben naheliegenden Betriebsarten wie einem Sommer- und Wintermodus beherrscht das Öller-Domizil so beispielsweise auch einen Party-Modus, bei dem die Beleuchtung dem Anlass entsprechend gedimmt wird und Musik vom zentralen Server in allen Räumen gleichzeitig ertönt. Auch die Heizung wird heruntergeregelt, schließlich bringen Partygäste im Regelfall Körperwärme mit sich. Im Urlaubsmodus wiederum senkt das Haus den Energieverbrauch auf ein Mindestmaß herab - und verwendet jene Bewegungsmelder, die sonst für die Lichtsteuerung genutzt werden, als Alarmanlage.

Würde im Hause Öller jemand einbrechen, das Smart Home würde es sofort bemerken. Schließlich weiß es im Urlaubsmodus, dass eigentlich niemand zu Hause sein dürfte. Bemerkt es trotzdem eine verdächtige Bewegung, öffnet es sofort alle Jalousien, schaltet sämtliche Lichter ein und spielt laute Musik - Rammstein zum Beispiel, man will den Einbrechern ja einen ordentlichen Schreck einjagen. Und ganz nebenbei kann es auch selbsttätig seinen Besitzer anrufen – über einen Online-Anrufservice, den der Miniserver nutzt.

Mehr Sicherheit durch ein Haus, das "mitdenkt"
Auf diesen Miniserver ist Öller ziemlich stolz, hat er ihn doch - ebenso wie die Steuerungs-App - gemeinsam mit Geschäftspartner Thomas Moser im rasant wachsenden Hausautomatisierungs-Unternehmen Loxone selbst entwickelt. Bei einem Rundgang durch das Haus zeigt Öller seinen Server: ein kompaktes grünes Kästchen im Zählerkasten. Mit 300-Megahertz-CPU und selbst entwickeltem Betriebssystem führt es alle Sensoren, Verbraucher und Schalter im Haus zentral zusammen und koordiniert alles, was koordiniert werden soll. Urlaubsmodus an? Der Bewegungsmelder schlägt an? Das muss ein Einbrecher sein - Licht an, Jalousien hoch, Musik an, Besitzer anrufen! So ungefähr kann man sich das "Denken" des intelligenten Hauses vorstellen.

Dass Öllers Haus "mitdenkt", kommt auch der Sicherheit seiner Sprösslinge zugute. So kann beispielsweise der Pool im Garten nur dann genutzt werden, wenn der Hausherr zuvor auf dem Smartphone sein Okay gegeben hat. Würde der vierjährige Dominik die Abdeckung des Pools öffnen, ohne dass die Eltern davon wissen, so würde das Haus dies durch einen in die Abdeckung integrierten Sensor sofort bemerken - und Öller am Handy anrufen, was dieser bei einem Rundgang im herbstlichen Garten auch prompt demonstriert. Genauso wäre es möglich, ein Fenster im Kinderzimmer mit einem entsprechenden Sensor auszurüsten, der Alarm schlägt, sobald es vom Junior geöffnet wird.

Bequemlichkeit durch intelligentes Wohnen
Und dann gibt es da noch jede Menge Funktionen, die eher in die Kategorie Bequemlichkeit fallen. So lässt sich etwa die Sauna bereits über ein Smartphone-Kommando vorheizen, während Öller noch auf der Skipiste friert. Die Terrassenbeleuchtung geht automatisch aus, sobald die Terrassentür geschlossen wird - und sollte mal ein Familienmitglied krank werden, kennt das Haus einen "Krank-Modus", bei dem die Temperatur zwecks rascher Gesundung vorübergehend um ein paar Grad angehoben wird. Ebenfalls geplant: ein Lese-Modus fürs Schlafzimmer, bei dem automatisch der elektrische Lattenrost in Leseposition gebracht und die passende Beleuchtung aktiviert wird.

Das intelligente Haus - das wird beim Rundgang durch das Öller-Domizil schnell klar - hat tatsächlich nichts mit Kühlschrank-Spielereien zu tun, die automatisch Milch nachbestellen. Vielmehr ist es ein Sammelsurium von Sensoren, Verbrauchern und Schaltern, das ganz alltägliche Dinge wie das Heizen automatisieren und das Leben des Bewohners nebenbei sicherer und bequemer machen.

Rasantes Wachstum bei Hausautomatisierungstechnik
Und diese Annehmlichkeiten wollen immer mehr Häuslbauer in ihr Eigenheim integrieren. In gut und gerne 15.000 Häusern verrichtet Öllers Miniserver bereits seinen Dienst - unter anderem im Wohnhaus von Slalom-Ass Reinfried Herbst. Gefragt sind die Systeme vor allem bei Neubauten - das Nachrüsten ist nämlich aufgrund der Verkabelungen für Privatnutzer ziemlich aufwendig. Aber auch das wird gemacht - nicht nur bei privaten, sondern auch bei öffentlichen Gebäuden. Die Beleuchtung im Budapester Parlament wird beispielsweise über den grünen Miniserver aus dem Mühlviertel gesteuert. Und auch jene im Leuchtturm von Sydney.

Bis intelligente Häuser nicht mehr die Ausnahme, sondern die Regel sind, wird es sicherlich noch einige Jahre dauern - schließlich werden Wohnhäuser nicht alle zwei Jahre getauscht wie das Smartphone. Das rasante Wachstum auf diesem Sektor - die 2009 gegründete Loxone Electronics beschäftigt heute bereits rund 120 Menschen in sieben Ländern - spricht aber dafür, dass Hightech-Wohnen vielleicht gar nicht mehr so weit entfnens - und ein Beweis dafür, dass Österreich am Hightech-Sektor ganz vorne mitspielt. Auch, wenn Öller die Milch immer noch selber holt.

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