Nach Wien-Wahl '10

Viele rot-grüne Pläne sind noch in der Warteschleife

Wien
03.10.2011 10:05
Rund einen Monat nach der Wien-Wahl im Oktober 2010 haben SPÖ und Grüne ihren Koalitionspakt präsentiert. Einige der darin vereinbarten Regierungsprojekte wurden bereits umgesetzt - so etwa die Anhebung der Mindestsicherung für Kinder auf gut 200 Euro. Viele Vorhaben harren allerdings noch ihrer Verwirklichung. Die To-do-Liste reicht von der angekündigten Wahlrechtsreform über die Ausweitung des Parkpickerls bis hin zur Öffi-Tarifreform.

Im Sozialbereich bemühte sich Rot-Grün gleich einmal, Tatendrang zu signalisieren. In der ersten gemeinsamen Pressekonferenz nur wenige Tage nach der Regierungsangelobung wurde Ende November 2010 die Erhöhung der Mindestsicherung für Kinder auf 203 Euro verkündet. Ebenfalls fix ist die Spitalsreform, die bis 2030 Schwerpunktkrankenhäuser und Standortschließungen vorsieht. Andere Vorhaben hängen allerdings nach wie vor in der Warteschleife.

Kodex des guten Zusammenlebens geplant
So wurde die für diesen Herbst geplante Einführung der Kinder-Aktivcard, die jungen Wienern kostenlosen Zutritt zu Musikstunden, Sportvereinen oder Sprachkursen ermöglichen soll, auf frühestens nächstes Jahr verschoben. Der im Regierungsübereinkommen festgeschriebene "Wiener Vertrag" für Neuzuwanderer wurde ursprünglich ebenfalls für diesen Herbst angekündigt. Allerdings wird erst Anfang 2012 mit der Erarbeitung der Vertragsgrundlage, der sogenannten "Wiener Charta", begonnen. Unter möglichst großer Bevölkerungsbeteiligung soll eine Art Kodex des guten Zusammenlebens entstehen.

Die Wahlrechtsreform, durch die es künftig unmöglich sein soll, mit weniger als 50 Prozent Stimmen die absolute Mandatsmehrheit einzufahren, ist ebenfalls noch außer Sichtweite. Und noch gar nichts zu hören war von der - im Pakt enthaltenen - einheitlichen Kennzeichnung der städtischen Ordnungsorgane, also von der Schaffung einer "Stadtwache light".

Vassilakou nimmt sich des Radverkehrs an
Besonderes Augenmerk wurde von Anfang an jenem Ressort zuteil, für das die Grünen verantwortlich zeichnen. Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou ist seit Herbst des Vorjahres für die Agenden Verkehr, Stadtentwicklung, Klimaschutz, Energieplanung und Bürgerbeteiligung zuständig. Eines ihrer Hauptziele ist eine drastische Reduktion des Autoverkehrs bei gleichzeitiger Verdopplung des Radfahreranteils bis 2015.

Folglich wurde der Ausbau des Radwegenetzes um elf Kilometer im heurigen Jahr beschlossen. Prominentestes Beispiel ist der Ring-Radweg, der bis 2012 durchgängig befahrbar sein wird. Die Gesamtkosten von 1,2 Millionen Euro rief allerdings wiederholt Kritiker aus den Oppositionsreihen auf den Plan. Seit Kurzem gibt es außerdem einen offiziellen Chef-Biker, der als Ansprechperson für einschlägige Organisationen fungieren und Radler-Events organisieren soll. Der Radverkehrsbeauftragte steht außerdem der neu geschaffenen Radagentur vor.

Weniger glücklich verlief Vassilakous Vorhaben, in der Bundeshauptstadt Fahrradstraßen einzurichten. Diese hätten Pedalrittern Vorrang gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern eingeräumt. Die entsprechende Passage der StVO-Novelle schaffte es jedoch nicht durch den Ministerrat, die Bundes-ÖVP legte sich quer. Nun will die Stadt eine abgespeckte Version in Form "fahrradfreundlicher" Straßen umsetzen.

Bezirke bremsen bei Parkpickerl und Tempo-30-Zonen
Die angepeilte Senkung des Pkw-Verkehrs um ein Drittel bis 2015 will die grüne Stadträtin auch durch die Ausweitung des Parkpickerls auf Bezirke außerhalb des Gürtels erreichen. Die Umsetzung lässt aber insofern noch auf sich warten, als der Beschluss dafür von jedem einzelnen Bezirk kommen muss und sich einige Vorsteher - etwa ÖVP-Bezirkschef Adi Tiller aus Döbling - bereits quergelegt haben. Ebenso wenig spruchreif ist die angestrebte flächendeckende Einführung von Tempo-30-Zonen in Wohngebieten, da hier ebenfalls ohne die Zustimmung der Bezirke nichts geht.

Verhärtete Fronten rund um die Öffi-Tarifreform
Aber auch innerkoalitionär wird zuweilen heftig gerungen. Prominentestes Beispiel ist die Öffi-Tarifreform, die eigentlich schon seit Ende Juni unter Dach und Fach sein sollte. Zuletzt wurde Ende September als Deadline genannt, nun hoffen die Verhandler auf eine Lösung im Lauf des Oktobers. Die Grünen pochen seit jeher auf eine deutliche Verbilligung der Jahreskarte, wovon die SPÖ aufgrund der angespannten Budgetlage allerdings nicht so leicht zu überzeugen sein dürfte. Jüngste Forderungen der Wiener-Linien-Geschäftsführung nach einer Verteuerung aller Ticketkategorien brachte zusätzlich nicht unbedingt gute Stimmung in die Verhandlungsrunden.

Uneinig waren sich SPÖ und Grüne auch in Sachen Kleines Glücksspiel. Schließlich konnte sich der kleine Koalitionspartner darüber freuen, dass die SPÖ infolge eines Verzichts auf ein neues Landesgesetz das Automatenspiel ab 2014 de facto verbietet. Diesen Umstand verdanken die Grünen allerdings in erster Linie nicht ihrer eigenen Beharrlichkeit, sondern jungen Revoluzzern innerhalb der roten Fraktion. Der "Sektion 8" war es am SPÖ-Parteitag im Mai gelungen, einen Antrag auf Verbot des Kleinen Glücksspiels gegen den Willen der Parteispitze durchzubringen.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.



Kostenlose Spiele