Bizarre TV-Show

Wirbel um Reality-Show mit Kindern in den USA

Ausland
20.08.2007 20:36
Leben im Container, Schönheitsoperation live oder verwöhnte Promis im Dschungel - wer gedacht hat, Reality-TV hätte inzwischen schon jede Lebenslage zu Fernsehwirklichkeit verarbeitet, wird in den USA eines Besseren belehrt: Auf der Jagd nach höheren Einschaltquoten hat der Fernsehgigant CBS jetzt die Kinder entdeckt. Für seine neue Reality-Serie „Kid Nation“ (zu Deutsch: Kinder-Staat) schickt der Sender 40 Kids zwischen acht und fünfzehn fast sechs Wochen lang in eine Geisterstadt - ohne Strom und fließend Wasser, ohne Eltern und Lehrer, ganz auf sich allein gestellt.

So ungbaublich es klingt - Anzeichen, dass es sich bei "Kid Nation" um einen Scherz oder eine Wachrüttel-Initiative handelt, wie damals bei der holländischen Organ-Spendeshow, gibt es nicht. Schon vor Beginn der Ausstrahlung der bereits aufgezeichneten Serie am 19. September sorgt die Sendung in Amerika für heftige Diskussionen. „Ist die Ausbeutung von Kindern in ‚Kid Nation’ zulässig?“, fragt etwa die „Los Angeles Times“.

Der Sender weist die Kritik an der im April und Mai gedrehten Show zurück. Der ausführende Produzent Tom Forman, selbst Vater von zwei Kindern: „Tatsächlich haben wir ein Sommerlager veranstaltet. Die Kinder sind Teilnehmer in einer Reality Show. Sie arbeiten nicht. Sie leben, und wir nehmen auf, was passiert.“

„Ich wusste nicht einmal, ob ich durchhalten würde“
Das Leben dürfte für die meisten allerdings reichlich ungewohnt gewesen sein. In „Bonanza City“, einer verlassenen Minenstadt, die oft für Dreharbeiten genutzt wird, organisierten die Kinder in Eigenregie ihren Gruppenalltag: Wasser pumpen und Kübel schleppen, Essen kochen und Wäsche waschen, Ziegen melken und Latrinen putzen. „Es war so viel anstrengender als es aussah“, erzählte der zehnjährige Zach später in einem Interview. „Ich wusste nicht einmal, ob ich durchhalten würde.“ Man sieht viel Freude - aber auch Streitereien, Mobbing und Tränen. Dazwischen stellt der Moderator immer wieder die Frage, ob es den Kids gelingen wird, eine „bessere Gesellschaft“ aufzubauen - offensichtlich das heere Motiv der Show.

Das Konzept der Show: Bei Wettbewerben in Wildwestmanier werden die verschiedenen Aufgaben verteilt. Es gibt Arbeiter, Kaufleute und eine „Upper Class“, die sich im Saloon alkoholfreies Root-Beer kaufen kann. Ein vierköpfiger Kinder-Stadtrat wacht darüber, dass die Gemeinschaftsregeln eingehalten werden. „Ich habe gelernt, dass es immer jemanden Verantwortlichen geben muss mit der Macht, die Dinge zusammenzuhalten“, sagt der zehnjährige Taylor.

Der Zuschauer, so viel lässt der fünfminütige Trailer im Internet (siehe Infobox) ahnen, wird dabei auch Zeuge der intimsten Gefühle der Kinder: Wut, Streit, Trauer, Tränen, Schmerz und Heimweh. Einmal sei er der ständigen Beobachtung müde geworden und habe sich am Klo verkrochen, berichtet der 15-jährige Greg. „Als ich rauskam, waren die Kameras schon wieder da und warteten drauf, mich zu filmen.“

3.700 Euro pro Kind
Für die Teilnahme bekamen die Kinder 5.000 Dollar - umgerechnet 3.700 Euro. Zudem wird am Ende jeder Episode ein Stern aus echtem Gold vergeben, Wert: 20.000 Dollar (14.800 Euro). „Wer hat hier letztlich die Verantwortung?“, fragt der Kommunikationswissenschaftler Matthew Smith von der Wittenberg Universität in Ohio, „der Sender, der mit dem Preis vor den Eltern hin- und herwedelt, oder die Eltern, die ihren Kindern erlaubt haben, sich in eine solche Situation zu begeben?“

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