Heizöl zu teuer

Smog-Alarm: Holzöfen verstinken griechische Städte

Ausland
26.12.2013 11:58
Das Bild war auch zu diesen Weihnachten in Griechenland trostlos: Jeder Vierte ist ohne Job. Viele arbeiten schwarz. Heizöl kann sich nur noch jeder Zehnte leisten. An provisorischen Holzöfen versuchen sich viele Menschen abends zu wärmen. Die Folge: Es stinkt. Ein beißender Geruch breitet sich fast jeden Abend in den Städten aus. Und der stammt weniger vom Straßenverkehr: Autofahren ist teuer, weshalb Tausende ihre Nummernschilder abgeben.

Dennoch wird gefeiert – aber bescheiden. "Wir müssen kämpfen und das geht nur, wenn man den Mut hat und die Hoffnung nicht verliert", sagt die Pensionistin Gianna Ioannidou. Ihr Einkommen von rund 460 Euro im Monat reichte dieses Jahr für ein kleines Geschenk für ihre elfjährige Enkelin: "Einen gebrauchten Drucker für 35 Euro für ihren Computer. Dafür hab ich diesen Dezember kein Heizöl gekauft", sagt sie.

Ihr Nachbar, der 56-jährige Wasserwerk-Angestellte Dinos Kyriakides kommt gerade vom Amt: "Uff! Ich bin die Kennzeichen los", sagt er und blickt traurig in Richtung seines wohl für längere Zeit geparkten 1,6-Liter-Mittelklassewagens. "Den hab ich abgemeldet. Ich hatte ihn vor vier Jahren gekauft, als wir noch glaubten, die Krise werde nicht lange dauern. Jetzt kann ich mir die Verkehrssteuern nicht mehr leisten", sagte er. Seine Familie fährt nur noch mit der Bahn.

Tausende melden Autos ab
Familie Kyriakides ist damit nicht allein: Vor dem Jahreswechsel bilden sich täglich lange Schlangen in den Steuerämtern, weil Griechen die Nummernschilder ihrer Autos zurückgeben wollen.

Der griechische Karikaturist Ilias Makris versucht, die Menschen dennoch zum Lachen zu bringen: Er zeigte am Heiligen Abend in seiner Karikatur in der konservativen Athener Zeitung "Kathimerini" eine lange Warteschlange vor dem zuständigen Büro des Steueramtes, wo man seinen Wagen abmelden und die Nummernschilder abgeben kann. Ganz hinten steht auch der Weihnachtsmann. Er will die Rentiere seines Schlittens dalassen.

Graubraune Wolke über Athen
Unterdessen breiten sich graubraune Wolken über Athen, Thessaloniki und anderen griechischen Städten aus. Das Phänomen habe "bedrohliche Dimensionen angenommen", besonders für Kinder und chronisch Kranke, teilte die Ärztekammer mit.

"Es stinkt hier. Ekelhaft", schimpft die krebskranke Maria Papagiannidou. "Ich konnte die ganze Nacht nicht richtig atmen. Habt ihr schon wieder im Kamin alte Möbel verbrannt?", fragt sie und zeigt auf ihre kranke Lunge. Das Verbrennen von Holz hat alarmierende Folgen. In fast allen Städten des Landes hoffen die Menschen, dass Wind aufkommt. Andernfalls ist es nicht auszuhalten. Die Staubpartikel übertrafen in den drei Tagen vor Weihnachten bei Weitem die Alarmgrenze von 50 Mikrogramm Staubpartikeln pro Kubikmeter.

"Wie sollen wir unsere Kinderzimmer heizen?"
Mit Maßnahmen aus dem Stegreif versucht die Regierung unter dem konservativen Ministerpräsidenten Antonis Samaras "die Wolke", wie die Luftverpestung im Volksmund heißt, einzuschränken. Über Radio und Fernsehen werden die Bürger aufgerufen, kein Holz zu verbrennen. "Ach wie schön. Kann Herr Samaras uns sagen, wie wir unsere Kinderzimmer heizen sollen?", fragten Menschen aus dem Armenviertel von Keratsini in Piräus daraufhin im Fernsehen.

Viele sind wütend: Die Geldgeber-Troika aus EU, Internationalem Währungsfonds und der Europäischen Zentralbank will eine Senkung der Heizölpreise verhindern. Dann würden viele Steuereinnahmen verloren gehen, heißt es. Das halten die Griechen für eine nahezu sadistische Haltung der Geldgeber. Denn die giftige Luft atmen alle, egal ob sie arm oder reich sind. "Das Geld, das wir angeblich wegen der Heizölsteuern sparen, werden wir bald im Bereich Gesundheit ausgeben. Soweit geht die Kurzsichtigkeit der Troika", hieß es in einem Kommentar des griechischen Fernsehsenders Mega am Heiligen Abend.

Geld wird vor Weihnachten knapp
Auch sonst sind die Feiertage traurig: Gerade zu Weihnachten wird das Geld für viele griechische Familien knapp. Immer weniger Unternehmen zahlen nach Angaben der Gewerkschaften Weihnachtsgeld. Mehr als 6.000 Betriebe sollen kein Weihnachtsgeld gezahlt und trotzdem ihre Arbeitnehmer aufgefordert haben, per Unterschrift den Erhalt von Bargeld zu quittieren. Etwa 35 Prozent der Menschen arbeiten schwarz.

Einen Silberstreif gibt es dennoch: Im neuen Jahr soll die Wirtschaft erstmals wieder marginal um 0,6 Prozent wachsen. Dann soll auch die Arbeitslosigkeit um etwa ein Prozent zurückgehen. Dies versprechen die Regierung und die Troika. "Das ist eine gute Nachricht. Wenn wir nächstes Jahr noch da sind", kommentierte ein 24-jähriger Chemieingenieur. Er hat sich nämlich schon in den Niederlanden beworben und will wie ein Freund im Frühling 2014 auswandern.

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