Kein "Syrien-Frieden"

Krise überschreitet Grenze – nächster Schritt Schutzzone

Ausland
10.04.2012 18:57
Am frühen Dienstagmorgen hätte eigentlich der Countdown zum "syrischen Frieden" beginnen sollen. Wie im Vorfeld auch vom Regime um Präsident Bashar al-Assad gegenüber der UNO versichert wurde, waren ein Abzug von Assads Truppen aus den Städten innerhalb von 48 Stunden sowie eine generelle Waffenruhe vorgesehen. Doch die Realität sieht wieder einmal anders aus. Eine Schutzzone an der Grenze zur Türkei (im Bild ein Flüchtlingslager auf türkischem Boden) soll nun zumindest diese Region sichern.

"Artilleriebeschuss ist in der ganzen Provinz Hama zu hören. Auch Homs steht weiter unter Beschuss", meldete der Leiter der syrischen Menschenrechtsbeobachter in London, Rami Abdel Rahman, wenige Stunden nach Beginn der "Waffenruhe" am Dienstag. Ein Ende der blutigen Kämpfe, die seit 13 Monaten toben und denen Zigtausende Menschen zum Opfer fielen, ist weiterhin nicht in Sicht. Zwar behauptete Damaskus, bereits Truppen abgezogen zu haben - doch Beweise lassen auf sich warten.

Dramatische Lage an Grenze zur Türkei
Die internationale Gemeinschaft befürchtet nun vor allem eine Ausweitung der Krise auf die ganze Region. Das erscheint immer wahrscheinlicher, je länger die Kämpfe andauern. Erst am Montag hatte sich die Lage an der Grenze zur Türkei dramatisch zugespitzt, als syrische Soldaten auf ein Flüchtlingslager auf türkischer Seite feuerten und vier Menschen verletzten. Unter ihnen waren auch zwei Türken - siehe Story in der Infobox.

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan warf Syrien eine Verletzung der türkischen Staatsgrenze vor. Sein Land werde nun die nötigen Maßnahmen ergreifen, die es nach internationalem Recht habe, kündigte Erdogan an.

Zumindest "Pufferzone" soll endlich Realität werden
Die Opposition hofft, dass ihre Forderung nach einer militärisch abgesicherten Pufferzone nun endlich erfüllt wird. Aktivisten sagten der Deutschen Presse-Agentur, die Schutzzone könne von der Türkei - unterstützt von Saudi-Arabien und Katar - entlang der Grenze zu Syrien errichtet werden.

Rebellen der sogenannten Freien Syrischen Armee haben nach dpa-Informationen Verstecke auf türkischer Seite in den Höhlen des bergigen Grenzgebiets. Von dort aus sollen die schlecht bewaffneten Deserteure auf Schmugglerrouten die Grenze überschreiten, Angriffe auf Assad-Soldaten verüben und sich anschließend wieder ins Nachbarland zurückziehen.

Seit Monaten kämpfen fahnenflüchtige Soldaten landesweit gegen das Regime. Doch konnten sie noch keine halbwegs sichere "befreite Zone" errichten wie einst die Opposition im Kampf gegen Muammar al-Gadafi im Osten Libyens. Einen Beschluss des UNO-Sicherheitsrates für ein militärisches Eingreifen gibt es ebenfalls nicht. Auch die NATO hat bisher keinen Vorstoß in diese Richtung gemacht.

"Syriens Weg erinnert an Srebrenica"
Deshalb äußerten türkische Politiker bereits vor einem Monat die Befürchtung, dass Syrien eher auf ein bosnisches als auf ein libysches Szenario zusteuere. "Syriens Weg erinnert an die Situation in Srebrenica", warnte der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu Anfang März mit Verweis auf den Völkermord an bosnischen Muslimen. 1995 hatten Serben die UNO-Schutzzone gestürmt und rund 8.000 Männer und Jugendliche hingerichtet.

Der Syrien-Sonderbeauftragte der Vereinten Nationen und der Arabischen Liga, Kofi Annan, sagte am Dienstag, dass es noch zu früh sei, um von einem Scheitern seines Friedensplans zu sprechen. Bis zur Waffenruhe seien es noch zwei Tage, sagte Annan. Zunächst stünde eine Truppenentflechtung an, ehe dann Donnerstag Waffenruhe herrschen solle.

Hinweise auf weitere Gemetzel der Armee?
Annan sagte, er besitze Informationen, dass sich die Regierungstruppen aus einigen Städten zurückzögen, dafür aber in andere einrückten, sagte der frühere UNO-Generalsekretär. Dagegen erklärte das US-Präsidialamt, für einen Rückzug der Regierungstruppen gebe es keine Hinweise. Vielmehr gebe es viele Hinweise auf weitere brutale Akte der Armee gegen Zivilisten.

Mahnende Worte waren zuletzt auch aus Russland und China zu hören. Der russische Außenminister Sergej Lawrow forderte vor allem die syrische Opposition auf, die Gewalt zu beenden. Ein kompletter Waffenstillstand sei erst möglich, wenn alle Seiten mit Kofi Annan zusammenarbeiteten. Der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Liu Weimin, forderte vor Journalisten in Peking "sofortige und praktische Antworten" auf den Friedensplan Annans.

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