Spital auch „zu groß“

KH-Nord-Prüfer: „Macht was gegen die Vertuschung!“

Österreich
12.04.2018 05:45

Der 95.000 Euro teure Energie-Schutzschild half offenbar wenig: Ein Top-Experte, der über das Wiener Krankenhaus Nord eben ein Prüf-Gutachten mitverfasst hat, deckt neue Details beim Skandal-Bau auf. Darunter: Die Planungskosten seien in neun Jahren von 27,5 auf 68 Millionen Euro gestiegen, das wären im Schnitt 20.987 Euro pro Tag. Außerdem sei das Spital um 31 Prozent zu groß errichtet worden. Spitals-Architekt Albert Wimmer dementiert: „Das ist unhaltbar.“

„Wiens Regierungskoalition hat sich um das größte Bauprojekt der Stadt, das die Steuerzahler Hunderte Millionen Euro kostet, eindeutig zu wenig gekümmert“, schüttelt Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) fassungslos den Kopf, als er beim Gespräch mit der „Krone“ im Palais Dietrichstein das neue Dossier des Informanten über weitere Missstände beim KH Nord durchblättert.

Dieser Bausachverständige hat sich mit der Bitte an Strache gewandt: „Da lief und läuft derart viel schief - machen Sie was, damit das nicht vertuscht wird. Alleine durch das Planungs-Chaos entstand ein Schaden von 260 Millionen Euro.“

Jetzt liegen diese Papiere der „Krone“ vor: Sie dokumentieren Details über die Planungskosten und die Flächenplanung aus dem 1064 Seiten starken Experten-Gutachten, das der Wiener Krankenanstaltenverbund selbst in Auftrag gegeben hat, aber weiter vor der Öffentlichkeit geheim hält.

Architekt: „Bekamen nur 46,57 Millionen Euro“
„Besonders die extreme Steigerung der Architekturkosten muss kritisiert werden“, erklärt der Insider: So hatte der renommierte Architekt Wimmer am 26. März 2009 den Hauptauftrag zur Planung des Spitals im Wert von 27,5 Millionen Euro erhalten - mit Stand Juli 2017 seien aber insgesamt Aufträge im Wert von 68 Millionen Euro (netto) an Wimmers umfassendes Team erteilt worden, ist im neuen Sachverständigen-Gutachten zu lesen.

13,65 Millionen Euro für zusätzliche „Berater“
Dazu der Informant: „Da waren auch Aufträge zur Fehlerbehebung und für Berater darunter. Das kann doch nicht extra nochmals dem Auftraggeber Krankenanstaltenverbund (KAV) und dem Steuerzahler verrechnet werden.“ Und tatsächlich finden sich in dieser Liste Posten wie „Nachbearbeitung Statik: 933.250 Euro“ oder „Anpassung Ausschreibung Fassade: 43.450 Euro“, und „Konsulenten: 13,65 Millionen Euro“ etc.

„Diese Vorwürfe sind unhaltbar, ich lehne dieses Gutachten vollinhaltlich ab“, kontert Architekt Wimmer. Er habe zwei Verträge mit dem KAV: „In denen steht klar, dass mein Unternehmen nicht mehr als 46,57 Millionen Euro erhält.“

Gutachten: „Spital wurde viel zu groß …“
Auch die Kritik, dass bei Wiens 1,6 Milliarden Euro teurem Prestige-Bau die Bruttogeschoßfläche laut Gutachter „um 31 Prozent zu groß“ geworden sei und der Bau in Floridsdorf damit „das unwirtschaftlichste Spitalsprojekt aller in der gesamten Literatur auffindbaren Krankenhaus-Bauten“ sei, weist Wimmer zurück: „Da werden Äpfel mit Birnen verglichen. Außerdem wurden die Pläne schon in der Entwurfphase vom KAV und von der Bau-Programmleitung abgenommen. Das sind falsche Behauptungen.“ 
Sollte die Berechnung der Gutachter allerdings doch stimmen und die Kritik an Planung und Bau-Programmleitung berechtigt sein, könnte das wiederum für Wiens Steuerzahler langfristig teuer werden: Die Betriebskosten steigen damit um immerhin 1,57 Millionen Euro pro Jahr.

Übrigens: Die in diesem Punkt ebenfalls unter Beschuss gekommene Bau-Programmleiterin L. musste schon 2014 beim KH-Nord-Projekt das Handtuch werfen. Diese Expertin sitzt nun im Planungs-Aufsichtsrat des Parlaments-Umbaus. Bauvolumen diesmal: 352 Millionen Euro.

Richard Schmitt
Richard Schmitt
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