Dramatische Warnung

ÖGK-Chef: Solidarisches System ist am Ende

Innenpolitik
01.07.2025 12:50

„Das öffentliche Gesundheitssystem in Österreich ist nicht solidarisch.“ Mit diesen drastischen Worten warnt Andreas Huss, der am Dienstag den Vorsitz in der Gesundheitskasse übernahm, vor einem weiteren Ausbau des privaten Gesundheitssektors. Den Grund für diese Entwicklung ortet Huss in der Entmachtung der Arbeitnehmer in der Sozialversicherung unter Blau-Schwarz.

Huss hält mit seiner Meinung über die Gesundheitsreform unter Blau-Schwarz vor sechs Jahren nicht hinter dem Berg. Die Sozialversicherung sei durch Unterstützungsvereine im 19. Jahrhundert entstanden, die sich die Arbeitnehmer selbst organisiert haben. Es waren Selbsthilfeorganisationen der Arbeitnehmer. Und bis heute finanziert sich die Sozialversicherung aus ihren Beiträgen. „Sie ist Eigentum der Arbeitnehmer“, so Huss. Schwarz-Blau unter Sebastian Kurz habe nicht nur die Arbeitgeber gleichgestellt und damit die Arbeitnehmer zurückgedrängt, sondern auch gleichzeitig der Sozialversicherung Gelder entzogen. Diese fehlen nun.

„Private Versicherungen haben ihre Interessen durchgesetzt“
Schwarz-Blau habe dem öffentlichen Gesundheitssystem Geld entzogen, um private Gesundheitsversorger zu stärken und die öffentliche Gesundheitskasse zu schwächen. Die Folgen davon seien heute zu spüren. „Dass die Privatmedizin in den letzten Jahren massiv zugenommen hat, ist nicht zufällig passiert, sondern das ist damals ganz klar gewollt worden“, so Huss. Die Vertreter der Wirtschaftskammer, die jetzt die Mehrheit in der ÖGK hätten, „haben natürlich ihre Interessen“. Die privaten Krankenversicherungen seien ein Machtfaktor in der Wirtschaftskammer und sie hätten in den vergangenen Jahren ihre Interessen durchgesetzt.

Andreas Huss spricht Tacheles.
Andreas Huss spricht Tacheles.(Bild: APA/HARALD SCHNEIDER)

Ganze 24 Prozent der insgesamt 52 Milliarden Euro Gesundheitsausgaben im Land geben die Österreicher aus der eigenen Tasche aus, zusätzlich zu den gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträgen! Das ist laut Huss international ein Rekordwert. In Deutschland seien es vergleichsweise nur 13 Prozent. Im Schnitt gibt jeder Österreicher 1200 Euro pro Jahr aus, für eine vierköpfige Familie sind das fast 5000 Euro. In Summe geben die Menschen hierzulande jährlich privat 12 Milliarden für ihre Gesundheit aus.

„Das bringt das öffentliche System unter Druck. Das österreichische Gesundheitssystem ist nicht mehr solidarisch, eine Quote von 24 Prozent hat nicht mehr mit Solidarität zu tun“, so Huss. „Ein solidarisches Gesundheitssystem lebt davon, dass Junge für Alte bezahlen, dass Gesunde für Kranke bezahlen und, dass Wohlhabende für weniger Wohlhabende bezahlen, damit ein ausgeglichenes Leistungsspektrum für alle Menschen möglich ist. Je höher der Privatanteil in einer Gesundheitsversorgung wird, umso geringer ist dieser solidarische Effekt.“

Bis Ende 2030 sollen 300 Gruppenpraxen entstehen
Mit dem Ausbau von Primärversorgungszentren soll dieser Entwicklung entgegengewirkt werden. Am Dienstag machte die 100. Einheit ihre Tore auf. Bis Ende 2030 soll sich diese Zahl auf 300 verdreifachen. „Das ist die Form von Versorgung, die sich Patienten und Ärzte gleichermaßen wünschen.“ Eine flächendeckende Versorgung, mit Öffnungszeiten auch am Wochenende, soll die Schwämme an Privatärzten, die in den vergangenen Jahren zu beobachten war und von den privaten Versicherungen massiv befeuert wurde, zurückgedrängt werden, so Huss. Er verweist darauf, dass es mittlerweile so weit ist, dass Patienten zum Teil auf die privaten Luxusbetten im Spital länger warten als auf ein normales Bett und Privatärzte so überlaufen sind, dass sie keine neuen Patienten nehmen.

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