'Kontrolle versagte'

Dritter Angeklagter sagt im AMIS-Prozess aus

Österreich
14.12.2007 07:53
"Nur weil alle internen und externen Kontrollinstanzen versagt haben", hätte das betrügerische AMIS-System so lange und so gut funktionieren können, sagte der geständige Mitangeklagte im AMIS-Prozess, Thomas Mitter (im Bild auf der rechten Seite mit seinem Anwalt), bei seiner Einvernahme am Mittwochnachmittag. "Die interne Kontrolle war aber mager - das Vier-Augen-Prinzip zwischen Böhmer und Loidl - und Sie", bemerkte Richterin Daniela Setz-Hummel.

Um auf die Lücke zwischen den eingezahlten Kundengeldern und den tatsächlich vorhandenen Depotgeldern draufzukommen, hätte ein externer Prüfer die Summe aller Fondsvermögen in Luxemburg bei der Depotbank nachfragen müssen. Das wäre der Ist-Stand gewesen. Der Soll-Stand wäre aus dem Computerprogramm "Investor" ersichtlich gewesen. "Dazu hätte man keine Woche gebraucht", so Mitter auf Frage der Richterin.

Nach der Suspendierung der Luxemburger Fonds im Jahr 2004, die auch veröffentlicht worden sei, habe man auch gegenüber der Finanzmarktaufsicht (FMA) dies so präsentiert, "dass wir durch hereinkommende Kundengelder die Rückflüsse finanzieren", so Mitter. Die Kunden seien nicht direkt von der Suspendierung informiert worden, die Franchisenehmer schon.

Mitter bekennt sich schuldig
Mitter bekannte sich am Mittwoch nicht nur der Beitragstäterschaft beim betrügerischen AMIS-System für schuldig, sondern auch der unrechtmäßigen Bereicherung und Abgabenhinterziehung. Unrechtmäßig bereichert hat sich Mitter - wie auch die anderen Mitangeklagten - über die Realimpex Trading & Consulting AG (Realimpex). Diese Gesellschaft gehörte wirtschaftlich zu je einem Drittel den Mitangeklagten Dietmar Böhmer und Wolfgang Gänsdorfer und zu je einem Sechstel Mitter und Alban Kuen.

Die von den Luxemburger Fonds (Sicavs), wo die Kundengelder angelegt waren, abgezweigten Kundengelder wurden entweder direkt oder über die Liechtensteinische Lucie SA an die Realimpex überwiesen und von dort zu je einem Drittel an Böhmer und Loidl und zu je einem Neuntel an Gänsdorfer, Mitter und Kuen weiter verteilt, gab Mitter heute zu Protokoll. Mitter hat nach seinen heutigen Angaben aus der Realimpex 250.000 Euro zu Unrecht aus Kundengeldern bezogen. Davon habe er 100.000 Euro wieder in die AMIS investiert. 60.000 Euro habe er an Gänsdorfer geliehen und bis heute nicht zurückerhalten. Bis zu seiner Verhaftung habe er den Rest verbraucht, sagte der Angeklagte. "Ich hab' gut gelebt", so Mitter.

Keine Gedanken an Flucht
Er habe sich nie überlegt, wie Böhmer oder Loidl, sich einer Verhaftung durch Flucht zu entziehen: "Nein, weil Österreich meine Heimat ist, ich würde sie nie verlassen", sagte Mitter auf eine diesbezügliche Frage der Richterin. Auch seien die Beziehungen zu Loidl und Böhmer damals - im Jahr 2005 - nicht mehr die besten gewesen. Mitter wurde als erster der Angeklagten in Untersuchungshaft genommen und nach einem halben Jahr gegen eine Kaution von 100.000 Euro wieder freigelassen. Die Kaution sei von seinem Vater, seiner Mutter und seiner Ehefrau aus privaten Mitteln aufgebracht worden, so Mitter.

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