Wütende Wurzeln

The Roots mit neuem Album “Game Theory”

Musik
11.10.2006 21:06
Zwei Jahre nach ihrem letztem Album "The Tipping Point" melden sich The Roots mit neuem Stoff für Rapoholiker zurück. 2006 klingt die Truppe rund um MC Black Thought und Drummer ?uestlove wütender, anklagender und politischer denn je zuvor.
(Bild: kmm)

Auf den insgesamt 14 Songs des neuen Albums "Game Theory" machen die Rapper aus Philadelphia wieder genau das, was sie am besten können: Grundsolide, ehrliche und einfach gute Rap-Musik - ohne Schnörkel oder Bedienung der gängigen Klischees. Wer nun denken mag, dass The Roots deswegen langweilig klingen, der irrt.

Denn selten zuvor musizierte die sechsköpfige Truppe so düster und depressiv, aber auch wütend wie auf diesem Album. Black Thought, einer der besten seiner Zunft, spricht über Ungerechtigkeiten und Armut im eigenen Land, die Inkompetenz der Regierung, den negativen Einfluss der Medien oder die zunehmend verrückter werdende Gesellschaft. Eine Seltenheit im US-Rap-Geschehen.

Untermalt werden die tiefgehenden und technisch perfekten Lyrics vom genialen Drumming Ahmir "?uestlove" Thompsons, der wieder einmal seine unglaubliche Wandlungsfähigkeit beweist und jedem der Tracks seine ganz individuelle Note verleiht. So dürften die treibenden Beats von "Game Theory" und dem mit einem lässigen Piano-Sample unterlegtem "Don't feel right" wohl keinen Rap-Hörer still auf seinem Sessel sitzen lassen.

Ganz nüchtern hingegen die blecherne und düstere Snare auf "In the music" und das anschließende "Take it there", welches stellenweise sogar ganz auf Musik verzichtet und durch Spoken-Word-Passagen glänzt. Erst gegen Ende des Songs erfolgt die Initialzündung und Black Thought bricht aus sich heraus. "Baby" klingt zwar nicht wirklich fröhlich, bringt aber wieder ein wenig Beschwingtheit zurück.

Doch die Entspannungsphase ist nur von kurzer Dauer, folgt mit "Here I come" doch der wohl energischste Song der Platte: "You boys get ready, cos here I come". In "Long time" huldigt man schließlich auf funkige Art und Weise der eigenen Heimatstadt und liefert anschließend auf "Livin' in a new world" wohl eine der lässigsten Hooks der letzten Jahre ab. Nicht weniger ruhig, fast schon besinnlich dann "Clock with no hands". Mercedes Martinez von den Jazzyfatnastees schafft mit ihrer souligen Stimme Gänsehaut-Feeling.

"Atonement" schraubt das Tempo schließlich sogar noch weiter runter und dürfte einem - traurig klingenden Streichern sei Dank - wohl auch den schönsten Sommertag versauen. "Can't stop this" ist trotz traurigen Anlasses glücklicherweise ein positiver Ausklang des Albums: The Roots gedenken des im Frühjahr 2006 verstorbenen Produzenten James Yancey alias Jay Dee alias J Dilla.

Fazit: Ja, auch so kann Hip Hop klingen. Nicht immer tanzbar, selten großspurig oder aufdringlich und trotzdem keine Sekunde lang langweilig. Man muss nur zuhören und ein wenig in die Weisheiten Black Thoughts und die minimalistische Musik-Untermalung eintauchen. Dann findet man ganz langsam großen Gefallen an den überwiegend leisen Tönen der Rapper aus Philly.

9 von 10 wütenden Wurzeln

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