Mix für jedermann

Nova Rock: Volbeat, Alice Cooper und Cypress Hill

Musik
12.06.2016 03:09

Mit Volbeat, Cypress Hill, Alice Cooper und den heimischen Superstars Seiler und Speer war die samstägige Ausgabe des Nova Rock musikalisch hervorragend bestückt. Doch auch im mit unbekannteren Bands gefüllten Nachmittagsprogramm fand sich so manches Highlight, das für Begeisterung sorgte.

(Bild: kmm)

Die große Hitzewelle war bereits nach dem zweiten Tag abgeklungen - am Samstag präsentierte sich das Nova Rock von seiner schattigen Seite. Wolkenfelder schoben sich vor die Sonne, der befürchtete Dauerregen blieb zumindest bis zum Abend aus und die Fans konnten bei kühlen Temperaturen ihren Heroen huldigen.

Bereits zur späten Mittagszeit sorgten die Grazer Viech mit einer bekömmlichen Mischung aus Pop und Rock vor einer beschaulichen Kulisse für erste Stimmung. Die etablierten Alternative-Rocker von Krautschädl hatten neben oberösterreichischem Schmäh auch etwas mehr Aggressivität im Sound und kamen daher besonders gut an.

Hart und prollig
Auf der "Blue Stage" gab es schon um 14 Uhr Bombenstimmung. Das amerikanische Deathcore-Kollektiv Attila hat vor allem in seiner Heimat eine beachtliche Fanbase, sich trotz eher rarer Auftritte aber auch in Europa schon einen Namen gemacht. Die zwischen Hardcore und Rap changierenden, durch eine variable Stimmleistung von Sänger Chris Fronzak verstärkten Songs wirken auf den ersten Hör etwas stumpf, sorgten aber früh für zahlreiche Circle Pits und Stagediver vor der Bühne. Songtitel wie "Party With The Devil", "Sex, Drugs & Violence" oder "Break Shit" verrieten ebenso wie das prollige Stage-Gehabe und die erhobenen Mittelfinger, dass hier nicht die feine Klinge geführt wurde. Ist aber auch Nova Rock und nicht Jazzfest.

Einen nicht minder interessanten Auftritt legte das britische Zweimannduo Slaves an den Tag, denen Stimme, Gitarre und Schlagzeug reichten, um vor kleinem, aber begeisterungsfähigem Publikum aufzutrumpfen. Die rasanten, meist im schnellen Stakkato abgefeuerten Songs schmeckten den Anwesenden sichtlich, Schlagzeuger/Sänger Isaac Holman begeisterte zudem mit kurzer Sporthose und rustikalem Charme. Dass er sich mit Kollege Laurie Vincent noch ein Calippo-Eis teilte, spiegelte die kollegiale Nähe der beiden Musiker wieder.

Rambo-Metal
Während auf der "Red Stage" Zebrahead stimmungsvollen US-Rock zelebrierten und Periphery auf der Hauptbühne mit Djent-lastigem Progressive Metal für Begeisterungsstürme sorgten, war auch die "Red Bull Brandwagen Stage" längst unter Feuer. Die heimische Groove-Metal-Schmiede Black Inhale knallte die thrashigen, des Öfteren an Machine Head erinnernden Songs wuchtig über das Gelände, ließen aber auch Platz für ausgeruhte Songfragmente und - besonders eindrucksvoll - Rambo-Samples. Die darauffolgenden Schweden-Rocker von Bombus gingen wieder etwas milder ans Werk und beriefen sich soundtechnisch eher auf die 70/80er-Jahre.

Den schwersten Stand des gesamten Wochenendes hatte der britische Singer/Songwriter Tom Odell, der mit "Wrong Crowd" soeben ein hervorragendes Album veröffentlichte, aber bei ebenjener "Wrong Crowd" völlig fehlbesetzt war. Der 25-jährige Blondschopf war sich dessen schon im Vorfeld bewusst, machte vor einer mehr als überschaubaren Menge das Beste aus dem organisatorischen Dilemma und konzentrierte sich auf seine eindrucksvolle Stimme und die Sanftheit seiner auf dem Piano komponierten Songs. Bei den Zwischenansprachen merkte man Odell an, dass er den Auftritt selbst nicht allzu ernst nahm - ein sympathischer Auftritt, der zumindest keinem Anwesenden Schmerzen bereitete.

Härte mit Melodie
Auf der "Blue Stage" gab es vorwiegend Metalcore-Gescheppere. Nach den eher frickeligen Kompositionen von Periphery lag es an der deutschen Genre-Institution Caliban, die Menge zum Ausrasten zu bringen. Sänger Andy Dörner zeigte sich dabei nicht nur frech ("Alice Cooper? Da müsst ihr noch etwas warten. So hässlich bin ich aber noch lange nicht!"), sondern auch hingebungsvoll und motiviert. Die hervorragende Stimmung erleichterte ihm die Performance beträchtlich und die zwischen Clean und Growl wechselnden Gesangslinien sind eben gerade noch so bekömmlich, dass sie nicht nur an die Extreme-Metal-Klientel gerichtet sind. "Nothing Is Forever" lautete ein Songtitel - auch nicht das Set der Essener, obwohl das viele gerne anders gehabt hätten.

August Burns Red folgen direkt dem Metalcore-Weg, gehen aber wesentlich technischer und kompositorisch ausgereifter vor. Die Songarrangements sind komplexer aufgebaut und erschließen sich nicht immer beim ersten Höreindruck, was den einzelnen Nummern auch live eine bestimmte Nachhaltigkeit beschert. Zum Abräumer wurde der deutsche Erfolgsrapper Romano auf dem "Red Bull Brandwagen". Der Zopfträger mutierte mit "Metalkutte" und anderen Hits zum Zuschauermagnet, der auch den schlechter werdenden Witterungsverhältnissen trotzte.

Größter Publikumszuspruch
Den vielleicht größten Publikumszuspruch des gesamten Tages bekamen die amerikanischen Folk-Punker Dropkick Murphys, die vergangenes Jahr beim ausverkauften Open Air in der Wiener Arena ihre Livequalitäten unter Beweis gestellt haben. Sänger Al Barr und seine Spießgesellen hatten die Menge von Anfang an im Griff und boten eine kurzweilige und flotte Show, die sich aus all den großen Hits ihrer 20-jährigen Karriere zusammensetzte. Die bierseligen, stark in der irischen Tradition verankerten Songs dienten als perfekte Tanz- und Alkoholunterlage bzw. -vorlage. Partyrock für Partypeople.

Nach dem bekömmlichen Aufwärmprogramm war es langsam Zeit für die großen Tagesheadliner. Auf der "Red Stage" eröffneten die heimischen Senkrechtstarter Seiler und Speer den Reigen und waren erst einmal baff vom immensen Interesse, das ihnen entgegenschlug. Noch bevor die ersten Töne des Openers "Soits lebn" angespielt wurden, tönten die Textzeilen bereits aus Tausenden Kehlen zurück. "Bist deppat, ihr seid's a Wahnsinn", gab Seiler das Lob bereitwillig zurück, bevor zum Songende eine Riesenladung Springschlangen über die Anwesenden flog. Das Bühnenbild bot LED-Lichtsäulen auf, die hervorragend eingespielte Band begleitete den kabarettistischen Schabernack der beiden Frontmänner tight.

Die große Hymne
"A Kaffee und a Tschick" als Lebensmotto könnte prägnanter nicht sein. "Sperrstund is" für die Fans zum Glück erst nach einiger Zeit, denn das Duo hat derzeit wie niemand anderer in der heimischen Poplandschaft das Gespür für den Zeitgeist - auch wenn man musikalisch sicher hinter Wanda zurückhinkt. "Ham kummst" war zum Abschluss die vielleicht kräftigste Hymne des gesamten Nova Rock - dass dort beiden kurz die Luft wegblieb, ist verständlich.

Einen krassen Gegensatz lieferte auf der Hauptbühne Schock-Rocker Alice Cooper, der mit 68 Lenzen der älteste Teilnehmer im Festival-Feld sein mag, aber sicher nicht der verstaubteste. Seine bunte Show ist seit Jahren quasi unverändert, lässt aktuelle Ereignisse aber nicht außen vor, was die während des Sets eingebauten Figuren von Donald Trump und Hillary Clinton beweisen. Ansonsten ging es - ganz nach der alten Hard-Rock-Lehre - um ausufernde Gitarrensoli, prägnante Riffs, eingängige Rhythmen und viel Nostalgie. "Under My Wheels", "No More Mr. Nice Guy" und die Kultballade "Poison" sind unverrückbare Klassiker der Musikgeschichte und funktionieren in Co-Union mit dem sympathischen Bühnendompteur Cooper und seinen lustigen Figuren immer noch hervorragend - zwar eher zum Schmunzeln als zum Gruseln, aber Rock darf und soll auch Spaß machen.

25 Jahre Kult
Viel Spaß hatten die Fans dann auch mit "Mr. Greenthumb" und Co. - die Hip-Hop-Legenden und Marihuana-Befürworter Cypress Hill gaben sich als Headliner auf der "Red Stage" die Ehre und unterhielten mehr als eine Stunde lang mit den größten Hits aus 25 Jahren Bandkarriere. Auf- und abwippende Hände waren die Folge, als das kongeniale Rap-Duo B-Real und Sen Dog mit jugendlicher Motivation und Frische das Stimmungslevel auf ungeahnte Höhen schraubte. Auf die Metal- und Rockausflüge wurde zugunsten em hervorragenden Set-Closer "(Rock) Superstar" konnte man das Publikum mühelos einlullen. B-Real vergaß am Ende auch nicht, dezent auf sein neues All-Star-Projekt Prophets Of Rage hinzuweisen - womöglich ein guter Band-Tipp für die 2017er-Ausgabe des Nova Rock...

Davor hieß es aber den Tag der aktuellen Ausgabe zu beenden und mit wem könnte man das besser als mit den dänischen Chartstürmern Volbeat? Michael Poulsen und Co. lieferten ihre bekannt einzigartige Mischung aus Metal, Rock und Country und erwiesen sich auch im Burgenland als würdige Kinder von Elvis Presley, Social Distortion und Johnny Cash. Die etwa 25-minütige Verspätung war nicht galant, dass man Michaels verstorbenem Idol Lemmy Kilmister mit dem Motörhead-Song "Born To Raise Hell" huldigte, entschädigte aber dafür. Viel schlimmer war der massive Regenguss, der sich über die durchgeschüttelten Häupter der Anwesenden niederließ und dadurch leider etwas von der anfangs grandiosen Stimmung stahl.

Erfolg mit Pop
Das Hauptaugenmerk bei den Songs lag natürlich auf dem brandneuen Album "Seal The Deal & Let's Boogie", das sich mit seiner recht poppigen Ausrichtung garantiert zu einem großen Erfolg entwickeln wird. Hier kommt man auch zum Kernproblem der Dänen: Kennt man einen Song, kennt man auch die Hälfte der weiteren. Im Rockabilly-Metal-Segment ist man natürlich kompositorisch limitiert, weshalb "Sad Man's Tongue", "The Lonesome Rider" oder "Fallen" keine prägnanten Unterschiede aufweisen. Das störte in der Livesituation natürlich nicht, denn hier knallte (es gab auch partiell eingesetzte Pyroeffekte) und krachte es an allen Ecken und Enden, Fans und Musiker bildeten eine Einheit, die für Spaß und gute Laune kämpfte. Diese gilt es trotz Wetterkapriolen zu halten, denn am Abschlusstag gibt es am Sonntag mit den Red Hot Chili Peppers, Twisted Sister und Deftones noch einmal einiges zu sehen.

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