"Ich ziehe aus dem zu geringen Rückhalt die Konsequenzen" - mit diesem Worten hat am Montag Werner Faymann seine Funktionen als Parteivorsitzender der SPÖ sowie als Bundeskanzler zurückgelegt. Damit folgt er zahlreichen Rufen nach seinem Rücktritt, die während der letzten Monate nicht mehr zu überhören waren.
FPÖ-Generalsekretär und EU-Delegationsleiter Harald Vilimsky zeigte sich über den Rücktritt des Kanzlers erfreut. "Ein schöner Tag für Österreich. Auch Merkel sollte Faymann folgen", twitterte der freiheitliche Politiker.
Als "Überraschung, die keine ist", bezeichnete FPÖ-Bundesparteiobmann Heinz Christian Strache den Rücktritt von Faymann. "Dieser Rücktritt löst das grundsätzliche Problem der SPÖ nicht, und das ist ihre völlig falsche, an den Menschen vorbeizielende und nicht an Österreich orientierte Politik."
FPÖ-Bundespräsidentschaftskandidat Norbert Hofer meldete sich zwar nicht persönlich zu Wort, sein Sprecher Martin Glier meinte zum Rücktritt aber: "Hofer hat bereits gewirkt, ohne dass er Bundespräsident ist."
ÖVP will abwarten
Die ÖVP reagierte vorerst abwartend auf die Turbulenzen beim Koalitionspartner SPÖ: Vizekanzler Reinhold Mitterlehner nehme den Rückzug von Faymann zur Kenntnis, sagte ein Sprecher. Für Dienstag berief Mitterlehner einen ÖVP-Bundesparteivorstand ein, "um über die Konsequenzen aus der neuen Lage zu beraten", wie er via Facebook mitteilte.
Glawischnig: "Letzte Chance der Regierung"
Grünen-Chefin Eva Glawischnig appellierte an mehr Zusammenarbeit wie Zusammenhalt in der Regierung: "Es geht darum, das Beste für unser Land zu erreichen. Der Wechsel an der Spitze kann auch als letzte Chance der Regierung gewertet werden. Bei allen politischen Differenzen wünsche ich dem scheidenden Bundeskanzler Werner Faymann für seine Zukunft persönlich alles Gute."
Bundespräsidentschaftskandidat Alexander Van der Bellen meinte zur Entscheidung Faymanns: "Ich habe persönlich Respekt vor diesem Schritt von Werner Faymann. Das kann der erste Schritt für einen Neubeginn in Österreich sein. Unser Land braucht diesen Neubeginn jetzt."
NEOS: Chance, Österreich zu verändern
Als Chance, Österreich zu verändern, deuten hingegen die NEOS den Abtritt Faymanns. "Wenn der SPÖ-Chef einsieht, dass man ohne Rückhalt in den eigenen Reihen keine Kraft entwickeln kann, sollte sich die ganze Regierung ein Beispiel daran nehmen", so NEOS-Vorsitzender Matthias Strolz.
Video: SPÖ-Parteispitze von Rücktritt überrascht
Bures dankt Faymann für Krisenmanagement
Die stellvertretende SPÖ-Vorsitzende, Nationalratspräsidentin Doris Bures, bedankte sich in einer ersten Stellungnahme bei Faymann: "Ob Wirtschaftskrise, Finanzmarktkrise oder Flüchtlingsströme - Werner Faymanns Amtszeit war von großen internationalen Krisen überschattet. Es gehört zu den großen Verdiensten von Bundeskanzler Faymann, dass Österreich als eines der ganz wenigen Länder Europas diese Herausforderungen ohne Sozialabbau und ohne Sparpakete bewältigt hat."
Der Verband Sozialistischer StudentInnen betont auf Twitter, dass es keine Mehrheit für die Asylpolitik Faymanns gegeben habe:
"Der Wechsel an der Parteispitze muss jetzt dringend dafür genützt werden, die SPÖ inhaltlich und organisatorisch neu aufzustellen", reagierte die Vorsitzende der Sozialistischen Jugend, Julia Herr, auf den Rücktritt von Faymann.
Bundespräsident Heinz Fischer wurde am Montagvormittag telefonisch von Faymann informiert, dass dieser seine Ämter zurücklegt. Das Staatsoberhaupt dankte Faymann "sehr herzlich" für dessen mehr als siebenjährige Tätigkeit als Bundeskanzler und auch persönlich für die gute Zusammenarbeit.
Sigmar Gabriel bedauert Faymanns Rücktritt
Deutschlands SP-Chef Sigmar Gabriel bedauerte den Rücktritt von Faymann und hofft nun auf geordnete Verhältnisse in Wien. "Österreich braucht jetzt eine stabile und handlungsfähige Regierung, um die großen Aufgaben, vor denen wir in Europa gemeinsam stehen, zu bewältigen", sagte Gabriel am Montag in Berlin.
Insbesondere in Deutschland verbreitete sich die Nachricht über den Rücktritt des österreichischen Kanzlers rasend schnell. "In diplomatischen Kreisen in Berlin ging man bereits vergangene Woche davon aus, dass sich die bisherige Regierung nicht mehr lange im Amt halten würde", schrieb die "Bild".
"Österreichs Bundeskanzler Faymann vermisst den 'Rückhalt' seiner Partei - und gibt auf", twitterte die Süddeutsche Zeitung.
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