Im ersten Halbfinale am Dienstag haben sich bereits Armenien, Albanien, Russland, Rumänien, Ungarn, Griechenland, Estland, Georgien, Serbien und Belgien für das Finale des 60. Song Contests am Samstagabend qualifiziert. Gemeinsam mit jenen zehn Ländern, die am Donnerstagabend weitergekommen sind, treffen diese nun auf die Big Five Großbritannien, Deutschland, Spanien, Frankreich und Italien sowie die beiden Fixstarter Österreich und Australien.
Partyspaß und Düsternis beim zweiten Halbfinale
Ganz so pompös wie das erste Semifinale war das zweite nicht - die nächsten Überraschungen hebt sich der ORF für das große Finale auf. Nach einer kurzen Begrüßung von Arabella Kiesbauer, Mirjam Weichselbraun und Alice Tumler gab Vorjahressiegerin Conchita Wurst die Bühne für die 17 Kandidaten frei, auf die sie in bewährter Weise vom Green Room marschierten.
Ganz hoch im Kurs sind beim diesjährigen Song Contest übrigens Duette - und auch im zweiten Semifinale setzen einige auf traute Zweisamkeit auf der Bühne, mal besser, mal schlechter. Quietschbunt eröffneten daher auch das Litauer Duo Monika Linkyté und Vaidas Baumila das Wettsingen mit Kaugummi-Pop, dazu passenden Projektionen und einem zarten Bühnenkuss, der sie ins Finale katapultierte.
Norwegen als Geheimfavorit
Auch San Marino schickte ein süßes Duo: Michele Perniola und Anita Simoncini sind mit gerade einmal 16 Jahren die jüngsten Kandidaten, aber durch den eher langweiligen Song von Ralph Siegel sahen sie leider etwas alt aus.
Eines der besten Lieder des ganzen Bewerbs liefern die Norweger Mörland und Debrah Scarlett. Statt auf Showeffekte setzen sie mit "A Monster Like Me" auf eine wirklich starke Powerballade. Aber auch das slowenische Duo Maraaya punktete im zweiten Semifinale mit hitverdächtigem Sound.
Für Party in der Wiener Stadthalle sorgte der "Golden Boy" Nadav Guedj aus Israel mit Europadance und knackiger Tanztruppe. Island schickte die kleine Fee Maria Olafs, die von Nordlichtern umspielt wurde, den Aufstieg ins Finale am Donnerstag allerdings dennoch nicht schaffte.
Viel Pop, wenig Lokalkolorit
Lokalkolorit versprühte am Donnerstagabend ausschließlich Knez: Der montenegrinische Sänger setzte mit dem getragenen "Adio" auf Balkanflair, womit er im heurigen Teilnehmerfeld recht alleine dasteht und vielleicht gerade deswegen am Samstag um den Sieg mitsingen darf. Ansonsten regierten bis dato durchgestylte Kompositionen im üblichen Popumfeld.
Relativ entspannt konnte Mans Zelmerlöw ins Rennen gehen. Der Schwede gilt als heißestes Eisen in der diesjährigen Song-Contest-Schmiede. Und das zu Recht: Neben einem eingängigen Popsong liefert er die wohl originellste Show des Contests: Der sympathische Sänger tanzt mit putzigen Strichmännchen. Den berührenden und würdigen Abschluss machte Monika Kuszynska aus Polen, die seit einem Autounfall gelähmt ist und mit dem Song "In The Name Of Love" den Lebensmut feierte.
Alle 17 Acts des zweiten Halbfinales zum Reinhören
1. Für Litauen (im Finale) sangen Monika Linkyte und Baumila Vaidas mit "This Time" um den Einzug ins Finale. Wenn sich die beiden litauischen Interpreten ganz nahe kommen, hat das zwar nicht die Brisanz wie bei Madonna und Britney. Ungeachtet dessen ist der litauische Beitrag in diesem Jahr recht eingängig geraten: fröhlicher Pop mit Ohrwurmqualität.
2. Molly Sterling trat für Irland (ausgeschieden) mit "Playing With Numbers" an. Die Vertreterin musste sich heuer anstrengen, um die glorreiche ESC-Tradition ihres Landes wiederzubeleben. Der getragene, melancholische Song machte dieses Vorhaben trotz emotionalen Unterbaus zur nicht gelungenen Herkules-Aufgabe.
3. San Marino (ausgeschieden) wurde heuer durch Michele Perniola und Anita Simoncini mit "Chain Of Lights" vertreten. Wenn das keine Kombination ist: Die jüngsten Teilnehmer im Feld trafen auf Song-Contest-Legende Ralph Siegel und sangen für eine bessere Welt. Das aus der Feder des Deutschen stammende Lied wurde von den beiden Butzis zwar gefühlvoll intoniert, hängen blieb das Balladeneinerlei im Kerzenmeer allerdings nicht.
4. Knez sang sein "Adio" für Montenegro (im Finale). Anhänger von Lokalkolorit mussten beim Jubiläumsbewerb auf ihn setzen: Knez versprüht mit seinem Song Balkanflair und mischte alles, was in den vergangenen ESC-Ausgaben gut und teuer war. Hier schmachteten nicht nur die Geigen, bevor die Beatlandschaft aufgetürmt wurde.
5. "Warrior" heißt der Song, den Amber für Malta (ausgeschieden) schmetterte. Die zweite Kriegerin im Feld ist deutlich weniger Furcht einflößend als ihr georgisches Pendant: Amber setzte eher auf positive Assoziationen - und ein zwischen Melancholie und Disco changierendes Soundkleid.
6. Mörland und Debrah Scarlett sangen für Norwegen (im Finale) den Song "A Monster Like Me". Skandinavisches Unterstatement: Das norwegische Duo sticht nicht nur optisch aus dem diesjährigen Teilnehmerfeld hervor. Die dunkle Ballade verdankt ihre Dynamik neben der stimmlichen Gegensätze vor allem einer klugen Komposition mit großem Finale. Definitiv ein Geheimtipp!
7. Portugal (ausgeschieden) schickte Leonor Andrade mit "Ha um mar que nos separa" ins ESC-Rennen. Portugals Leonor Andrade sang in ihrer Landessprache. Außerdem blieb ihr harmloser Schlager nicht länger als die Tonlänge in den Ganglien hängen.
8. Marta Jandova und Vaclav Noid hofften mit "Hope Never Dies" auf viele Punkte für die Tschechische Republik (ausgeschieden), die nach längerer Auszeit wieder beim ESC vertreten war und mit dem Duo zwei arrivierte Musiker nach Wien schickte.
9. Die Party konnte bei Israels (im Finale) Nadav Guedj und seinem Song "Golden Boy" losgehen: Nach kurzem Trauerspiel zum Einstieg fackelte er nicht lange und setzte ganz auf knallige Beats und orientalische Klänge. Zeitgenössischer R'n'B, der sein Ziel - den Tanzboden - nicht verfehlte und für Israel eine gute Figur machte.
10. Lettland (im Finale) will sich mit Aminata Savadogo und "Love Injected" den Song-Contest-Sieg holen. Eine große Stimme aus dem kleinen Baltenstaat schmetterte da ein etwas anrüchig klingendes Lied in die Halle. Mit Chorkolleginnen im Hintergrund überzeugte Aminata Savadogo vor allem durch ihr beeindruckendes Organ.
11. Elnur Hüseynov und sein Lied "Hour Of The Wolf" sollen für Aserbaidschan (im Finale) den Triumph von vor vier Jahren wiederholen. Wer sich dabei aber aufregenden Pop erwartet, wird allerdings auf die falsche Fährte gelockt. Stattdessen ist der Song eine eher zähe Angelegenheit: balladesker Herzschmerz mit traurigen Augen.
12. Für Island (ausgeschieden) trat Maria Olafsdottir mit "Unbroken" an. Ein barfüßiger Auftritt ist mittlerweile offenbar Pflicht beim Song Contest: Heuer fiel diese Aufgabe der zierlichen Isländerin zu, die zur fröhlichen Popnummer über die Bühne huschte.
13. Schweden (im Finale) schickte mit Mans Zelmerlöw und seinem Song "Heroes" ein echtes Schwedenhäppchen ins Rennen um den Aufstieg ins Finale. Im dritten Anlauf glückte es dem Sänger, sich in seiner Heimat für den Song Contest zu qualifizieren. Sein hymnischer Beitrag, der zu einem Gutteil von der Interaktion mit einem Strichmännchen auf der Bühne lebt, gilt seitdem als einer der Topfavoriten auf den Sieg.
14. Die Schweiz (ausgeschieden) schickte mit Melanie René und "Time To Shine" einen recht braven Beitrag ins Rennen: Reißbrett-Pop, der leider beim einen Ohr rein und beim anderen wieder raus ging.
15. Zypern (im Finale) setzte mit Giannis Karagiannis und "One Thing I Should Have Done" auf eine Ballade, die durch simple Struktur und geradlinige Komposition zu punkten versuchte.
16. Slowenien (im Finale) lieferte mit dem Maraaya und ihrem Song "Here For You" Radiopop par excellence: Das Duo hat mit seinem abwechslungsreichen wie eingängigen Lied eines der stärksten Stücke des diesjährigen Song Contest am Start.
17. Polen (im Finale) lässt heuer Monika Kuszynska den Song "In The Name Of Love" für sich singen. Die Sängerin, die seit einem Autounfall im Rollstuhl sitzt und im von ihrem Ehemann geschriebenen Stück nicht nur die Liebe, sondern auch das ESC-Motto besingen darf, evozierte am Donnerstag große Gefühle.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.