krone.at-Interview

US-Boy O’Brien: “Bin wegen Herzog in Wr. Neustadt”

Sport
16.08.2014 10:56
Kaum ist Terrence Boyd ein Ex-Rapidler und in Deutschland unter das Red-Bull-Dach geflüchtet, gibt es schon wieder einen US-Boy in der Bundesliga. Mit dem zuletzt in Dänemarks Superliga engagierten Conor O’Brien hofft man in Wiener Neustadt einen wichtigen Faktor im Kampf gegen den Abstieg gefunden zu haben. Gegenüber krone.at schüttete der locker-flockig auftretende Mittelfeldspieler sein Herz aus, was man in Österreich von ihm erwarten kann, wo seine Vorzüge liegen, was seine Beweggründe für den Wechsel vom dänischen Topklub Odense nach Wiener Neustadt anbelangt und auch wieso Andi Herzog kein unwesentlicher Faktor bei seiner Entscheidung war.

krone.at: Gleich vorweg eine Frage zu deinem Namen, bevor sich möglicherweise eine falsche Aussprache einbürgert: Heißt es "O’Braien" oder "O'Briiiän" oder "O'Briiin"?
Conor O'Brien: Ganz einfach "O'Braien", sehr irisch! (lacht)

krone.at: Weißt du zufällig, wie viele US-Amerikaner bereits in Österreichs Bundesliga aktiv gewesen sind?
O'Brien: Nein, die genaue Zahl kenne ich nicht. Aber ich weiß, dass Terrence Boyd vergangene Saison in der Bundesliga gespielt hat und dass vor einigen Jahren auch Joshua Gap hier war…

krone.at: Der war allerdings in Altach nur in der Ersten Liga aktiv, die bei uns hier die zweite Leistungsklasse ist…
O'Brien:(lächelt) Okay! Und in Wiener Neustadt hat es vor ein paar Jahren auch schon einen Amerikaner gegeben, wie mir Günter Kreissl (SCWN-Manager, Anm.) erzählt hat.

krone.at: Stimmt! Matthew Luzunaris, der war zu Zweitligazeiten in der Saison 2008/09 im Kader und hat ein Ligaspiel absolviert. Nun: Insgesamt waren es offenbar nur sechs US-Boys, die in der heimischen Bundesliga aktiv waren.
O'Brien: Das sind nicht gerade allzu viele…

krone.at: Aber jetzt bist ja du hier – du warst in den vergangenen Jahren in Dänemark engagiert, hast es vom Blokhus FC in der dritten Liga recht schnell in die Superliga zu SönderjyskE und dann gar zum regierenden Meister Nordsjaelland geschafft. Was führt dich jetzt nach Österreich?
O'Brien: Um ehrlich zu sein, war es eine Kombination aus verschiedenen Aspekten, die einfach passen müssen – und gepasst haben. Das fängt an bei der Spielphilosophie, geht über die Chemie mit dem Trainer und dem Management bishin zur Lebensqualität außerhalb des Fußballs. Vor zwei Wochen bin ich am Montag und Dienstag zum ersten Mal nach Wiener Neustadt gekommen, um mich mit Günter und dem Trainer zu treffen. Bei der Gelegenheit konnte ich auch das Stadion und die Infrastruktur des SC kennenlernen – und ich hatte einfach vom Beginn an ein gutes Gefühl. Generell war Günter ausschlaggebend: Seine Vision für den Klub und meine Rolle in dieser Vision, das war zu gut, um es auszuschlagen – ich war einfach schwer beeindruckt und wollte diese Chance unbedingt ergreifen.

krone.at: Hattest du vor deinem Wechsel überhaupt schon einmal von Wiener Neustadt gehört?
O'Brien: Ganz ehrlich: Nein. Weder von der Stadt noch vom Klub.

krone.at: Okay, Wiener Neustadt ist also offenbar weder im US-Bundesstaat New York, von wo du kommst, noch in Dänemark ein regelmäßiges Gesprächsthema und im Gegensatz zu Nordsjaelland auch kein Europacup-Kandidat – weshalb hast du dich bei deinem nächsten Karriereschritt zum Wechsel zu diesem Klub entschieden?
O'Brien: Es war ganz einfach an der Zeit, etwas Neues zu probieren. Als ich dann Günter traf und er mir von seinen Visionen und seinen Plänen mit mir erzählte, war die Sache klar. Die österreichische ist noch dazu eine gute Liga und mit Red Bull, Rapid und der Austria gibt’s einige wirklich starke Klubs…

krone.at: Ganz kurz eine kleine Aussprech-Belehrung: Sag niemals "Räpit", sprich es "Rapiiiid" aus…
O'Brien:(runzelt die Stirn) Okay…

krone.at: In Wien werden die Leute wegen so etwas womöglich noch ungehalten.
O'Brien:(lächelt) Ich werd's mir merken! Aber um zurückzukommen auf die vorige Frage: Die großen Klubs in Österreich sind regelmäßig in der Europa League engagiert, das ist durchaus mit Dänemark vergleichbar – wie auch die gesamte Liga der dänischen nicht unähnlich ist. Durch den Wechsel nach Österreich erhoffe ich mir, vielleicht von noch mehr Menschen wahrgenommen zu werden und womöglich meine Chancen auf eine Einberufung ins US-Nationalteam zu vergrößern.

krone.at: Ein gutes Stichwort: Es war zu vernehmen, dass einer deiner größten sportlichen Träume ein Einsatz für das US-Team wäre. Wie weit entfernt von der Erfüllung dieses Traums siehst du dich?
O'Brien: Yeah! Es ist tatsächlich mein absolutes Nummer-1-Ziel, es ins US-Team zu schaffen und das Trikot in einem offiziellen Spiel zu tragen. Das wäre eine wunderbare Geschichte und ist mein größter Traum im Fußball! Klar: Im Moment gibt es viel Qualität im US-Team – das macht es nicht einfacher, aber es gibt immer eine Chance. Und wer weiß: Wenn man Potenzial hat, eine ganze Saison in einer guten Liga spielen darf und einem die richtige Person im richtigen Moment auf die Beine schaut, dann kann alles passieren.

krone.at: Die richtige Person?
O'Brien: Ich werde jetzt kein Geheimnis daraus machen, dass ich auch wegen Andi Herzog in Wiener Neustadt bin, dass er ein Mitgrund für meinen Wechsel war. Hier im Heimatland des US-Cotrainers kann ich vielleicht noch besser auf mich aufmerksam machen und zeigen: Hey, ich bin bereit! Und bei Terrence Boyd hat man ja auch gesehen, dass es nicht schadet, wenn man in Österreich spielt.

krone.at: Du meinst, weil es wahrscheinlicher ist, dass Andi Herzog dich hier in Österreich eher sieht als etwa in Slowenien oder Kroatien?
O'Brien: Genau! Aber natürlich gab es auch in Dänemark schon US-Boys, die Erfolg hatten und ins US-Team einberufen worden sind – etwa Michael Parkhurst von Nordsjaelland, Charlie Davies von Randers oder Benny Feilhaber von Aarhus. Das sind Spieler, die in der gleichen Liga aktiv waren wie ich, sich einen Namen machen konnten und Erfolg mit einer Teameinberufung hatten – vielleicht klappt es ja bereits im Jänner mit einem „Call-up“, wenn die Leistungen in Wiener Neustadt stimmen.

krone.at: Der dänische Fußball ist in Österreich kein großes Thema, daher können wohl die wenigsten Österreicher beurteilen, was du so drauf hast: Wie würdest du deine Art Fußball zu spielen selbst beschreiben?
O'Brien: Ich bevorzuge offensiven, aggressiven Fußball mit viel Ballbesitz und versuche mit einem großen Laufpensum viel Raum abzudecken. Am Ende des Tages ist das Wichtigste aber zu gewinnen – ich würde einen Sieg immer allem anderen vorziehen, auch wenn die Leistung vielleicht nicht so gut war. Ich denke, dass ich meinen Teams bisher immer weiterhelfen und meinen Kameraden den Rücken freihalten konnte. Wo ich gespielt habe, hat es Erfolg gegeben: Das war in der Jugend so, dann am College, als ich mit einem bis dahin noch titellosen Team in meinen vier Jahren zweimal die regionale Meisterschaft gewann, und später auch in Dänemark mit dem Aufstieg bei Blokhus oder auch der historisch besten Erstligaplatzierung von SönderyskE auf Rang sechs. Ich hoffe, dass ich auch dazu beitragen kann, dass der SC Wiener Neustadt eine erfolgreiche Saison spielt.

krone.at: Wie sehen deine Ziele für diese Saison aus – was dich persönlich und die Mannschaft allgemein angeht?
O'Brien: Persönlich möchte ich allen zeigen, wozu ich fähig bin, dass ich dem Team weiterhelfen kann und beweisen, dass man zu Recht große Stücke auf mich hält. Letztlich möchte ich mindestens so erfolgreich wie in Dänemark sein. Klubmäßig will ich dazu beitragen, dass der SC Wiener Neustadt die Klasse hält. Ich weiß natürlich, dass der SC ein Klub ist, dem Jahr für Jahr der Abstieg prophezeit wird, aber das war bei SönderjyskE auch immer so – und wir haben es trotzdem immer wieder geschafft. Und vielleicht geht es sich sogar aus, mehr Punkte als in der Vorsaison einzufahren…

krone.at: Apropos SönderjyskE - du hast dort als Flügelspieler eher mäßig begonnen. Erst als dich Coach Lars Söndergaard, ein alter Bekannter in Österreich, als defensiver Mittelfeldspieler einzusetzen begann, stellte sich für den Klub noch in den Staaten spielte, wurde ich meistens als zentraler offensiver Mittelfeldspieler eingesetzt – gegen Ende der Partien, wenn es 1:0 oder so gestanden hat, haben mich die Trainer dann oft in die Defensive zurückbeordert, um das Spiel sowie das Tempo von hinten heraus zu kontrollieren und das Ergebnis „heimzubringen“. Bei SönderjyskE war es dann so, dass wir mit mir auf dieser Position nur mehr eines der letzten zwölf Spiele verloren haben und sogar beinahe in die Europa-League-Quali gekommen wären. Ich bin Lars sehr dankbar, dass er mir die Chance auf dieser Position gegeben hat. Das ist der Flecken, auf den ich hingehöre.

krone.at: Einer deiner Teamkameraden bei Odense war mit Darko Bodul auch ein Österreicher. Was hat er dir über den österreichischen Fußball und deinen neuen Klub erzählt?
O'Brien: Jaja, Darko! Wir hatten viel Kontakt, immerhin haben wir im selben Apartment-Gebäude gewohnt und einiges an Zeit miteinander verbracht. Natürlich habe ich ihn ausgefragt über Wiener Neustadt, den SC, seine Philosophie, den Trainerstab, die Liga generell und auch über Wien. Er hat mir sehr weitergeholfen! Darko hat ja einen guten Namen in Österreich und er ist ein wirklich talentierter Kicker, der im Training oft Dinge macht, die… ich weiß nicht… nicht viele zusammenbringen. Wenn dir dann so ein Spieler so viel Positives über einen Klub erzählt, dann sagt das schon etwas aus und es hat mich noch zusätzlich ermuntert, den Wechsel zu wagen. Er hätte mir kaum dazu geraten, wenn er nicht daran glauben würde, dass ich hier Erfolg haben könnte.

krone.at: Zum Abschluss noch eine Frage: Wie steht's um deine Deutsch-Kenntnisse?
O'Brien:(lacht herzhaft) Ach! Im Moment sind die nicht wirklich vorhanden. Aber ich hoffe, es bald zu lernen – und normalerweise bin ich ein schneller Lerner!

krone.at: Noch kein einziges Wort?
O'Brien:(grinst übers ganze Gesicht) Ich kann "Danke, gut!", sagen. Oder etwa auch bis vier zählen. Sagen wir so: Ich kann ein paar Brocken, Kleinigkeiten sozusagen, aber eben nichts Komplexeres. Ich habe noch nie Deutsch gelernt, aber ich will möglichst bald einen Kurs belegen, denn ich denke schon, dass es auch auf dem Platz weitehilft, wenn ich die gemeinsame Sprache aller Spieler besser beherrsche. Aber mit meinen Teamkameraden kann man auch ganz vorzüglich auf Englisch sprechen, das ist absolut kein Problem!

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(Bild: KMM)



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