Während im Salzkammergut die letzten Tage der Fangsaison anbrechen, kocht der Streit um den „Singvogelfang“ wieder hoch. Seit langem wird gefordert, diesem Brauch den Status als immaterielles Kulturerbe der UNESCO zu entziehen.
Am ersten Adventsonntag findet wie gewohnt die Verbandsausstellung der rund 500 Vogelfänger im Salzkammergut statt. Bei diesem jährlichen Höhepunkt zum Ende der Fangsaison werden die prächtigsten Stieglitze, Gimpel, Erlenzeisige, und Fichtenkreuzschnäbel der Region in Käfigen gezeigt und prämiert. Wildtiere, die erst Wochen zuvor in der Natur gefangen wurden und nun den Winter im Verlies verbringen sollen.
Eigentlich ist der Singvogelfang bereits seit 2005 durch das Bundestierschutzgesetz in ganz Österreich verboten. Ein regionales Sondergesetz im Salzkammergut erlaubt es jedoch, einige Wildvögelarten von Herbst bis Frühling einzusperren. Die Vogelfänger selbst verweisen auf eine 150-jährige Tradition und sehen sich als Bewahrer eines alten Kulturbrauchs.
Und tatsächlich: Seit dem frühen 20. Jahrhundert hat sich die „Jagd des kleinen Mannes“ professionalisiert, die Fangregeln wurden immer weiter eingeengt. Heute dürfen pro Saison maximal 550 Vögel pro Art gefangen werden – zumindest offiziell. Für die sogenannten Lockvögel, die für die Jagd auf Artgenossen herhalten müssen, gilt diese Begrenzung nicht. Sie bleiben ihr ganzes Leben lang hinter Gittern.
Nicht mehr zeitgemäß
Für Tierschützer ist jeder gefangene Vogel einer zu viel. Die Auszeichnung der UNESCO als ‘immaterielles Kulturerbe‘ sei ein Freibrief für eine Praxis, die in ganz Europa verboten ist. Dieses Schutzschild dürfe nicht über Tierleid gestülpt werden. Mit einem offenen Brief hofft der „Österreichische Tierschutzverein“ auf internationalen Druck. Die Forderung ist eindeutig: Weltkulturerbe-Anerkennung entziehen – und Singvogelfang endgültig beenden.
„Die Praxis des Singvogelfangs mag historisch verwurzelt sein, sie steht aber im klaren Widerspruch zu heutigen Tierschutz- und Artenschutzstandards. Wir dürfen nicht zulassen, dass Tradition als Ausrede dient, um jahrzehntelang eingefahrene Grausamkeiten weiterzuführen“, stimmt auch „Krone“ Tierecke-Leiterin Maggie Entenfellner in die Forderung ein.
Tradition und Kulturerbe?
Die Debatte um den Singvogelfang im Salzkammergut zeigt seit Jahrzehnten deutlich, wie schwer es ist, historische Bräuche mit modernen Tierschutzstandards in Einklang zu bringen. Während Vogelfänger ihre Tradition verteidigen, fordern Tierschützer ein Ende der Praxis und ein Umdenken auf internationaler Ebene. Ob das Wohl der Tiere stärker wiegt als jahrhundertealte Gewohnheiten, wird wohl erst die Zeit zeigen.

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