Bei der Präsidentschaftswahl in Chile wird die Entscheidung in einer Stichwahl zwischen der Linkskandidatin Jeannette Jara und dem ultrarechten Politiker José Antonio Kast fallen. Beim ersten Wahlgang am Sonntag kam die gemäßigte Kommunistin Jara nach Auszählung von mehr als 90 Prozent der Stimmen auf 26,8 Prozent, gefolgt von Kast mit knapp 24 Prozent. In der entscheidenden zweiten Wahlrunde am 14. Dezember ist der deutschstämmige Kast laut Umfragen der Favorit.
Wichtigste Themen im Wahlkampf waren der Kampf gegen kriminelle Banden sowie die Einwanderung. In der Amtszeit des scheidenden Präsidenten Boric ist die Mordrate zwar um zehn Prozent gesunken, doch die zunehmende Gewalt krimineller Banden bereitet vielen Chilenen Sorgen. Außerdem verzeichnete das Land einen Anstieg der Migrationszahlen.
Kast, der für die Republikanische Partei antritt und sich bereits zum dritten Mal um das Präsidentenamt bewirbt, hat angekündigt, Einwanderer ohne Papiere aus dem Land zu werfen. Im Wahlkampf kündigte er Massenabschiebungen, den Bau einer Grenzmauer, die Aufrüstung der Polizei und den Einsatz der Armee in kritischen Gebieten an.
Wer nicht wählt, muss zahlen
In der ersten Runde der Präsidentschaftswahl traten acht Kandidatinnen und Kandidaten an. Der Pinochet-Fan Kast, dessen Vater unter den Nazis Wehrmachtssoldat war, und die Sozialdemokratin Jara galten als Favoriten. Parallel zur ersten Runde der Präsidentschaftswahl wurden auch die Mitglieder der Abgeordnetenkammer neu gewählt. Erstmals seit 2012 gilt wieder eine Wahlpflicht in Chile. Versäumnisse werden mit einer Geldstrafe belegt – daher wurde mit einer hohen Wahlbeteiligung gerechnet.
Kast sieht gute Chancen in Stichwahl
Für die Stichwahl am 14. Dezember rechnet sich Kast gute Chancen aus: Die Wähler der beiden anderen Bewerber aus dem rechten Lager – der auf Platz vier gelandete Rechtsradikale Johannes Kaiser und die auf Platz fünf gereihte Konservative Evelyn Matthei, die beide ebenfalls deutsche Vorfahren haben – könnten ihn seinem Kalkül zufolge in der zweiten Runde unterstützen. „Wir werden unser Heimatland wieder aufbauen“, sagte der Vater von neun Kindern vor Anhängern nach dem ersten Wahlgang. Kaiser rief seine Anhänger schon zur Unterstützung von Kast auf.
Der Anwalt wäre der erste Rechtsaußen-Präsident in Chile seit dem Ende der Herrschaft von Diktator Augusto Pinochet (1973-1990). Kast selbst macht keinen Hehl aus seiner Bewunderung für den Diktator, der tausende Oppositionelle verfolgen, foltern und töten ließ.
Sicherheit für beide Kandidaten großes Thema
Jara ist zwar Mitglied der Kommunistischen Partei, sie wird jedoch dem sozialdemokratischen Flügel zugerechnet und tritt als Kandidatin der regierenden Mitte-Links-Koalition an. Die 51-jährige frühere Arbeits- und Sozialministerin hat im Wahlkampf angekündigt, die Kontrollen gegen illegale Einwanderung zu verschärfen und die wachsende Kriminalität zu bekämpfen.
Jara rief nach der ersten Wahlrunde dazu auf, nicht zu verzagen. „Lasst nicht zu, dass die Angst eure Herzen einfriert“, sagte sie. Nach ihrer Stimmabgabe in Santiago hatte sie versichert, dass sie „keinerlei Komplexe in puncto Sicherheit“ habe. „Wenn ich zur Präsidentin gewählt werde, hoffe ich, dass in Chile die Sicherheit, über die Runden zu kommen, ebenso Realität wird wie die Sicherheit, in einer ruhigeren Gegend zu leben.“
Im ersten Wahlgang schnitt Jara schlechter ab als von Meinungsforschern vorhergesagt, Kast dagegen besser. Rodrigo Arellano von der chilenischen Universidad del Desarrollo bezeichnete den Ausgang der ersten Wahlrunde daher als „sehr schlechte Nachrichten“ für Jara. Es sei „unwahrscheinlich“, dass sie die Stichwahl gewinnen könne.
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