Geheime Operation
USA nutzten Mohn als Waffe in Afghanistan-Krieg
Über ein Jahrzehnt lang arbeitete der US-Auslandsgeheimdienst CIA an einer geheimen Operation in Afghanistan. Das Ziel: Die Mohnernte in dem vom Krieg gebeutelten Land zu manipulieren. Denn diese Pflanze stand den USA bei ihrem Vorhaben im Weg.
Die USA und westliche Länder unterstützten die afghanische Regierung im Kampf gegen die Taliban. In den 20 Jahren Krieg setzten die Vereinigten Staaten eine Vielzahl von klassischen Waffen wie Raketen, Drohnen oder Sprengstoff ein. Doch damit konnten sie nicht gegen die Pflanze vorgehen, die die Taliban stärkte: den Mohn.
Denn aus dem im Mohn enthaltenen Opium wird die Droge Heroin hergestellt. Der Handel mit dem Suchtmittel boomte in Afghanistan und finanzierte Waffen und Ausrüstung der radikalislamischen Organisation mit. Auch vor der Regierung machte das Heroin-Geld keinen Halt, es schürte die Korruption in der Regierung von Präsident Hamid Karzai. Das Problem dabei: Die USA wollten die Taliban schwächen. Deswegen war es äußerst ungünstig, dass die Taliban mit dem Mohn so gutes Geld verdienten.
Milliarden Mohnsamen verstreut
Während die westlichen Verbündeten mit den USA heftig diskutierten, wie man den Heroin-Handel eindämmen könnte, lief längst eine Geheimoperation der Vereinigten Staaten: man verstreute Milliarden Mohnsamen über Afghanistan, wie eine Recherche der „Washington Post“ zeigt. Von 2004 bis 2015 wurden mehrmals Samen über dem Land abgeworfen – geleitet wurde die Aktion vom Crime and Narcotics Center der CIA.
Die US-Samen wurden im Spätherbst verstreut, weil da auch die afghanischen Bauern ihre Samen aussäten. Man „musste darauf achten, dass es nicht zu sehr auffiel“, erzählte ein Insider. Die Flugzeuge waren in der Nacht unterwegs, damit niemand sie bemerkte. Am Anfang setzten die Operateure britische Transportflugzeuge dafür ein.
USA züchteten jahrelang Samen
Doch die CIA streute nicht einfach gewöhnliche Mohnsamen über die Felder, sondern züchtete extra welche für diesen Zweck. Über einen längeren Zeitraum wurde eine Pflanze entwickelt, die weniger von dem Stoff enthält, der für die Heroin-Herstellung gebraucht wird. Ein Insider erzählte, dass es mehrere Jahre dauerte, diese Samen zu züchten. Das Ziel war, dass die manipulierten Pflanzen sich mit dem Mohn der afghanischen Bauern kreuzen und so die Heroin-Produktion eingedämmt wird.
Hochrangige Beamten wussten nichts davon
Die Operation war so geheim, dass wohl auch einige hochrangige Beamte des Pentagon und des Außenministeriums nichts davon wussten oder nur Gerüchte dazu kannten. Und das, obwohl sie an der Afghanistan-Politik beteiligt waren. Über die Geheimoperation ist insgesamt nur wenig bekannt, man weiß nicht, wie viele Flugzeuge dafür im Einsatz waren und wie viel es kostete. Klar ist nur: Das Programm war äußerst teuer und verschlang das Budget des Crime and Narcotics Center. Es gibt auch keine konkreten Messwerte, wie wirksam die ganze Aktion war.
„Gab das Gefühl, dass es funktionierte“
Doch eine Zeit lang dürfte das Projekt erfolgreich gewesen sein – das sagen zumindest ehemalige CIA-Mitarbeiter und Beamte des Außenministeriums. „Es gab das Gefühl, dass es funktionierte. Aber vielleicht funktionierte es mit der Zeit weniger gut“, sagte ein ehemaliger US-Beamte.
Im Pentagon wehrte man sich wiederholt dagegen, in den afghanischen Drogenkrieg stärker involviert zu sein. Zu den Recherchen der „Washington Post“ wollte sich der Zeitung gegenüber keine offizielle Stelle äußern. Der CIA-Sprecher, die Sprecher der damaligen Regierungen und die afghanische Regierung sagten nichts zu der ganzen Sache.
Die Lage jetzt
Wie ist die Lage jetzt in Afghanistan – zehn Jahre nach dem Ende der CIA-Operation? Im Jahr 2021 zog sich das US-Militär aus dem Land zurück, damals machte der Opium-Handel zwischen neun und 14 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus, wie es aus dem Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung heißt. Als die Taliban die Kontrolle über Afghanistan übernahmen, verboten sie die Produktion von Opium, woraufhin der Handel damit fast vollständig zurückging. Im vergangenen Jahr stieg die Ernte aber laut UNO wieder um knapp ein Fünftel an – gelöst dürfte das Problem also nicht sein.
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