Nach 461 Jahren

Poysdorf verliert endgültig sein Post-Herzstück

Niederösterreich
30.09.2025 18:00

Nach langem Kampf schließt die Postfiliale Poysdorf in Niederösterreich. „Weil der Profit wichtiger ist, als die Menschen“, sagt der Gewerkschafter Egon Englisch. Seit Dienstag hat nun an der Stelle der Filiale ein Diskonter für Bürobedarf geöffnet.

Seit 1709 konnten in Poysdorf am selben Ort Briefe aufgegeben werden. Nun schloss sich am Montag für immer die Tür zur Vergangenheit. Stattdessen öffnet ein Diskonter für Schul- und Büroartikel, der auch Paketdienste anbieten wird. „Die 461 Jahre Geschichte werden aber einfach weggekehrt“, trauert Gewerkschafter Egon Englisch um die Filiale. Bereits 1564 wurde in Ketzelsdorf, einer Katastralgemeinde, die erste Poststation in eröffnet. 1709 wurde diese dann nach Poysdorf verlegt. 

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Die 461 Jahre Geschichte werden aber einfach weggekehrt.

Gewerkschafter Egon Englisch

Keine Briefmarken mehr
Jetzt sind nur mehr die seltenen Briefmarken aus der Ortschaft übrig, die Englisch in seiner Sammlung aufbewahrt. Diese hat der bald 80-Jährige schon von seinem Vater geerbt. Die Geschichte, die Poysdorf - und Österreich – seither durchlebt hat, kann aus den Marken herausgelesen werden. Seit im Frühjahr durchsickerte, dass die Filiale geschlossen wird, kämpfe er mit vielen anderen pensionierten Briefträgern und Poysdorfern um den Erhalt der Filiale. Entschieden wurde das Aus aber nicht von der Gemeinde, sondern von der Post AG selbst. Die mangelnde wirtschaftliche Rentabilität können viele nicht nachvollziehen. „Meiner Meinung nach war hier der Profit wichtiger als die Menschen“, sagt auch der Pensionist im Gespräch mit der „Krone“.

Die Post AG habe die Entscheidung über den Köpfen der Gemeinde hinweg getroffen. Dennoch hätte sich der pensionierte Briefträger mehr Rückhalt der Gemeindepolitik gewünscht. „Wirklich gekämpft um den Erhalt hat nur die Gewerkschaft“. Im Mai startete diese sogar eine Demo, die „Krone“ war vor Ort.  Nach wie vor sammelt Egon Englisch leidenschaftlich gerne Briefmarken, weshalb ihm die Filiale abgehen wird. Die örtlichen Briefmarken-Sammler müssen nun zur nächsten Postfiliale nach Mistelbach fahren. „Wissen Sie, die Wehmut übertrifft eigentlich den Frust“, sagt Englisch. 

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Früher waren Briefmarken eine große Wertanlage. Heute bekommt man nur mehr 15 Prozent, wenn man sie verkauft.

Egon Englisch, Pensionistengewerkschaftsvertreter

Österreichweit schließen immer mehr Postfilialen
Poysdorf ist aber mit dem Schicksal nicht alleine. Die Digitalisierung hat den Briefverkehr ausgedünnt, immer mehr bestellen online Pakete, die in Abholstationen geliefert werden. Seitens der Post bestätigt man im Frühjahr neben der Schließung im Weinviertel auch das mögliche Aus für die Filiale in Wilhelmsburg, Bezirk St. Pölten. Österreichweit sollen 15 Filialen auf der „Abschussliste“ stehen.

Porträt von Anna Kindlmann
Anna Kindlmann
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