16 Tote in Lissabon
„Krone“ vor Ort: „Bin auch mit Seilbahn gefahren“
Einen Tag nach dem tragischen Seilbahnunglück in der portugiesischen Hauptstadt herrscht gedrückte Stimmung rund um den Unglücksort. Während Einsatzkräfte und Behörden weiterhin mit der Aufarbeitung beschäftigt sind, zieht der Ort des Geschehens unzählige Journalisten, Schaulustige, aber auch zutiefst betroffene Passanten an. Unter ihnen viele Touristinnen und Touristen, die die Seilbahn erst vor Kurzem noch genutzt haben – wie Liisa Kuittinen aus Finnland.
„Ich bin am Montag selbst noch mit der Bahn gefahren“, sagt die junge Frau mit zitternder Stimme zur „Krone“. Es ist ihr erster Besuch in Lissabon – und einer, den sie so schnell nicht vergessen wird. Ihre Hände zittern, der Schock sitzt tief: „Es fühlt sich surreal an, dass jetzt genau dort dieses Unglück passiert ist.“
„Man hätte das Seil besser kontrollieren müssen“
Die Seilbahn in Lissabon ist besonders bei Touristen beliebt - laut Einheimischen sind es zu „99 Prozent Ausländer“, die sie benutzen. Pedro, ein Anwohner, lebt seit 45 Jahren in der Stadt. Für ihn ist es eine Tragödie mit Ansage. „Man hätte das Seil besser kontrollieren müssen“, kritisiert er im „Krone“-Gespräch. Selbst nehme er die Bahn nie, erzählt er - und geht stattdessen immer einen anderen Weg zu Fuß.
Während sich die Ermittlungen zur Unglücksursache noch im Anfangsstadium befinden, wächst vor Ort das Bedürfnis nach Antworten. Zahlreiche Menschen bleiben still am Ort stehen, manche beten. Die Präsenz der Medien ist groß, ebenso die der Sicherheitskräfte.
Die bei Touristen sehr beliebte, historische Standseilbahn war am Mittwochabend aus bisher ungeklärter Ursache entgleist und gegen ein Haus geprallt. 16 Menschen starben bei dem Unglück, 21 wurden teils schwer verletzt. Österreicherinnen oder Österreicher sind nach derzeitigem Stand nicht unter den Opfern. Im ganzen Land galt am Donnerstag ein von der Regierung ausgerufener nationaler Trauertag.
Zwei Menschen seien in der Nacht ihren Verletzungen erlegen, führte Castro Martins zur gestiegenen Opferzahl aus. Die historische Standseilbahn „Elevador da Glória“ war am Mittwochabend im Zentrum Lissabons entgleist und in ein Gebäude gekracht. Grund war nach ersten Erkenntnissen ein Schaden des Kabels, mit dem der auf Schienen fahrende Wagen die steile Straße hinaufgezogen und beim Herunterfahren gebremst wurde.
Bahn krachte mit vollem Tempo gegen Gebäude
Den ganzen Abend und die Nacht hindurch waren Einsatzkräfte an Ort und Stelle. Unter anderem suchten Ermittler nach der Ursache für das Unglück. Der Fernsehsender SIC berichtete unter Berufung auf eine Augenzeugin, die Standseilbahn sei „mit voller Geschwindigkeit“ die steile Straße hinabgerast und habe dabei ein Gebäude gerammt. „Sie prallte mit brutaler Wucht gegen ein Gebäude und fiel zusammen wie ein Pappkarton; sie hatte keine Bremsen“, sagte die Frau.
Unternehmen: „Alle Wartungsprotokolle eingehalten“
Das Unternehmen Carris, das den Nahverkehr in Lissabon betreibt, erklärte, dass „alle Wartungsprotokolle“ eingehalten worden seien – insbesondere die alle vier Jahre vorgenommene Generalwartung, die 2022 vorgenommen worden sei, und die alle zwei Jahre vorgenommene Zwischenwartung, die zuletzt im vergangenen Jahr vorgenommen worden sei. Die „Gloria“-Standseilbahn wurde 1885 in Betrieb genommen und 1915 an das Stromnetz angeschlossen.
Zwei Deutsche unter Opfern
Die Identitäten und Nationalitäten der meisten Opfer waren zunächst unbekannt. Die portugiesischen Behörden hatten erklärt, dass unter den Todesopfern auch einige ausländische Staatsbürger seien. 21 Menschen wurden demnach verletzt, darunter mindestens elf Ausländer: zwei Deutsche, zwei Spanier, eine Französin, ein Italiener, ein Schweizer sowie jeweils ein Mensch aus Kanada, Korea, Marokko und den Kap Verde.
Die Bahn ist ein Wahrzeichen der Hauptstadt. Sie verbindet die Innenstadt über einen steilen Anstieg mit dem für sein Nachtleben bekannten Viertel Bairro Alto. Sie wird sowohl von Touristen als auch von Einheimischen genutzt. Die beiden Wagen der Bahn, die jeweils rund 40 Personen fassen, sind an den entgegengesetzten Enden eines Zugseils befestigt.
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