Kräuter erleben in den vergangenen Jahren einen regelrechten Boom. Egal, ob sie kulinarisch begeistern oder durch ihre heilende Wirkung von so manchem Leid erlösen, die Steirer sind wild auf die heimischen Pflanzen. Kräuter-Experte Michael Flechl kennt die besten Fundorte und gibt Tipps fürs Sammeln.
Dagegen ist kein Kraut gewachsen, oder? Wenn diese Frage Michael Flechl gestellt wird, ist die Antwort meistens: „Doch!“ Der Grazer ist ein echter Kräuter-Experte und kennt die Pflanzen auf den heimischen Wiesen wie kein anderer. Die steigende Nachfrage nach Heil- und Gewürzpflanzen ist auch an ihm nicht vorübergegangen: „Kräuter sind inzwischen einfach überall“, sagt der Experte.
Vor rund elf Jahren hat er seine Leidenschaft zum Beruf gemacht und führt Interessierte seither bei Kräuterwanderungen, Seminaren, Vorträgen und Workshops näher an das Thema heran. Dadurch kennt er nicht nur die besten Fundorte und Tipps zum Sammeln, sondern auch die Feinde der heimischen Wildpflanzen und ihre gefährlichen Doppelgänger: „Wie beim Sammeln von Pilzen gilt auch bei Kräutern: Nur das pflücken, was man zu 100 Prozent kennt“, gibt Flechl einen wichtigen Rat zu Beginn.
Die besten Plätze
Auf der Suche nach den heimischen Schätzen werden Steirer aber nicht nur im Wald fündig: „In Graz gibt es viele Plätze, an denen Kräuter wachsen“, verrät der Fachmann. Am Schloßberg gäbe es noch verhältnismäßig viele naturnahe Wiesen, auf denen Wildkräuter zu finden seien. „Auf der steilen Hangwiese, die vom Karmeliterplatz zum Uhrturm führt, wachsen etwa der Wiesensalbei, Margeriten oder auch der wilde Pastinak. Mitten im Stadtzentrum ist das etwas Besonderes“, betont Flechl.
Ein Spaziergang lohnt sich aber auch entlang der Mur, rund um den Klettergarten Weinzödl, am Rosenhain und durch die Rettenbachklamm in Mariatrost: „Bei der Mur findet man viel Schöllkraut, besser bekannt als Warzenkraut. Wenn man den Stängel abbricht und den Milchsaft auf eine Warze gibt, wird diese – bei täglicher Anwendung über einen Monat hinweg – irgendwann schwarz und fällt ab“, erklärt der Experte. Aber auch die Gelbe Kohldistel, Wilder Thymian, Gewöhnlicher Beifuß und Wilder Kren können in der Landeshauptstadt gefunden werden.
Eine wichtige Rolle beim Vorkommen der Kräuter spielt vor allem der Boden und seine Beschaffenheit: „Ist der Boden silikatisch, also sehr sauer, wachsen andere Pflanzen als auf Kalkgestein. Heidelbeeren und Preiselbeeren sind zum Beispiel Säurezeiger. Der Wiesensalbei und das Leberblümchen brauchen hingegen kalkhaltigen Boden“, weiß Flechl. Auch die Bewirtschaftung – ob eine Wiese gedüngt und gemäht wird – macht für Kräuter einen großen Unterschied: „Durch die wirtschaftliche Nutzung verschwinden Wildkräuter von den Wiesen.“
Feinde und giftige Kollegen
Ihren Lebensraum müssen heimische Wildpflanzen inzwischen jedoch mit sogenannten Neophyten teilen: „Diese nicht heimischen Pflanzen, wie das Ragweed, das einjährige Berufkraut oder auch der Riesen-Bärenklau, verdrängen die heimischen Arten und sind teilweise auch gefährlich für den Menschen.“ Die heimischen Pflanzen kommen nicht gegen die „Eindringlinge“ an und verschwinden aus ihren Biosphären.
Zudem gibt es in der Steiermark auch unzählige giftige Kräuter und Wildpflanzen, die auf keinen Fall am Teller landen sollten: „Oft verwechselt wird etwa der Wiesen-Kerbel mit dem tödlichen Gefleckten Schierling. Beide sind in Wiesen zu finden, auch in Graz. Wenn man sich nicht ganz sicher ist, sollte man ihn lieber nicht mit nach Hause nehmen“, empfiehlt die Kräuter-Koryphäe. Auch die giftige Sumpfdotterblume oder der tödliche Seidelbast wachsen in der Grünen Mark.
Die persönlichen Favoriten Flechls sind der Bärlauch und die Knoblauchsrauke: „Die beiden liebe ich über alles. Man kann sie für Suppen, Soßen und noch so viel mehr verwenden. Das Beste an Kräutern ist aber, dass sie uns nicht nur mit Vitaminen versorgen und gut schmecken, sondern auch einen riesigen gesundheitlichen Vorteil bringen: Bei vielen Gerichten braucht man dann einfach weniger Salz und trotzdem munden sie.“
Die nächsten Termine von Kräuter-Experte Michael Flechl:
Almkräuterwanderung auf der Teichalm
Sonntag, 24. August, 10 und 14 Uhr
Kräuterwanderung auf den Grazer Schloßberg
Freitag, 19. September, 15 Uhr
Anmeldung möglich auf: https://kraeuter-wanderung.at/veranstaltungen/ oder direkt unter 06644984258 oder michael.flechl@yahoo.com
Der Kräuter-Hype hat aber nicht nur Privatpersonen in seinen Bann gezogen. Die Grazer Gärtnerei Krobath hat sich bereits im Jahr 2011 auf Kräuter spezialisiert: „Wir waren einer der ersten Betriebe, der den Selbstversorger-Trend erkannte und haben darum entschlossen, uns auf Kräuter und Jungpflanzen zu konzentrieren“, erzählt Jasmina Krobath, Tochter des Geschäftsführers Günter Krobath.
Heute hat der Betrieb rund 250 verschiedene Küchen- und Heilkräuter im Sortiment: „Jedes Jahr werden es noch einmal fünf Sorten mehr, obwohl wir keinen Platz mehr haben“, lacht die Juniorchefin.
Dabei ist die Qualität der Pflanzen für das Unternehmen essenziell: „Wir produzieren die Erde für unsere Pflanzen selbst und kultivieren sie im eigenen Kompost“, erklärt Krobath. Die Kräuter werden vom Steckling bis zur verkaufsfertigen Pflanze in der Grazer Münzgrabenstraße großgezogen: „Das erfordert extrem viel Handarbeit.“
Das große Angebot an Küchen- und Heilkräutern wird auch von den Kunden geschätzt: „Viele Privatkunden kommen genau wegen der Spezialitäten zu uns, die sie nicht im Supermarkt bekommen“, sagt die Gärtnerin. Neben den bekannten Lieblingen haben die Krobaths auch Besonderheiten wie Zitronengras, Brahmi oder Jiaogulan im Angebot. Bestseller sind dennoch Basilikum, Rosmarin, Thymian und Minze.
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