Er war einer der letzten großen Theatermacher: Der langjährige, schon zu Lebzeiten legendäre Burg-Direktor Claus Peymann starb am Mittwoch im Alter von 88 Jahren in Berlin.
Vergessen hat man ihn nie. Kein Vorgänger oder Nachfolger prägte das Wiener Burgtheater wie der gebürtige Bremer Claus Peymann in den Jahren 1986 bis 1999. Noch ein Jahrzehnt danach eilten ihm viele Bewunderungsbekundungen und ein paar erstaunlich hartnäckige Verwünschungen hinterher, wenn er – öfter, als viele wussten – Wien besuchte.
Wiener Zeit, begleitet von Triumphen und Tumulten
Sein Tod hatte sich angekündigt, und man möchte ihn doch nicht glauben. Bis zuletzt war er als weitaus ältester Regisseur aktiv geblieben, obwohl ihn das Burgtheater nach seinem Abschied beschämend ignoriert hatte. Erst als seine frühere Pressechefin Karin Bergmann die Direktion übernahm, kehrte er zum letzten Mal an das Haus zurück, das er mehr als jeder Vorgänger und Nachfolger verändert hat. Herbert Föttinger gelang dann 2021 der späte Coup, ihn für Ionescos „Der König stirbt“ an die Kammerspiele zu holen.
Ein furioser letzter Bernhard und ein Beckett an der Josefstadt bezeichneten dann den Abschied: Eine für die eben beendete Saison vorgesehene Inszenierung musste er absagen. Die Kräfte reichten nicht mehr, die angedachte Verschiebung auf die nächste Saison blieb Illusion. Seine Wiener Zeit war von mehr Triumphen als Tumulten begleitet. Er brachte großartige Schauspieler, unter ihnen das Jahrhundertphänomen Gert Voss, doch seine größten Verdienste erwarb er um die österreichische Gegenwartsliteratur. Ohne ihn hätten Elfriede Jelinek, Peter Handke, den er 1968 entdeckte, und Peter Turrini ihre bedeutendsten Bühnenwerke nicht geschrieben
Sein Alter Ego Thomas Bernhard schrieb für ihn das historisch relevante Stück „Heldenplatz“, das wie ein Tsunami über das verdrängungssüchtige Österreich hereinbrach. Woran außer an „Heldenplatz“ wird man sich erinnern, wenn man an ihn denkt? An Bernhards „Ritter, Dene, Voss“, an Kleists „Hermannsschlacht“, an „Richard III.“ mit Gert Voss, das furiose Debüt als Burgtheaterdirektor. Voss ist ihm vorangegangen wie George Tabori, Johann Adam Oest und Ignaz Kirchner. Kirsten Dene spielt nicht mehr, Martin Schwab ist der Letzte aus der Gigantengeneration.
Kommentare
Liebe Leserin, lieber Leser,
die Kommentarfunktion steht Ihnen ab 6 Uhr wieder wie gewohnt zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
das krone.at-Team
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.