5000 neue Wohnungen pro Jahr waren seit 2013 in Tirol üblich. 2024 stürzte der Wohnbau auf 3200 Einheiten ab, ein Minus von 36 Prozent. Weil die Wertschöpfung größtenteils im Land bleibt, entstand ein Riesenschaden für ganz Tirol, rechnet die Wirtschaftskammer vor. Mit einem Sechs-Punkte-Plan will sie gegensteuern – und Wohnen wieder leistbarer machen.
Hohe Baukosten, strenge Kreditvorgaben und überbordende Vorschriften: Der Weg zum Eigenheim ist für viele Tirolerinnen und Tiroler in den vergangenen Jahren zunehmend unpassierbar geworden. Jetzt, nach Auslaufen der strengen Kreditvergabe-Richtlinien (KIM-Verordnung), sieht die Politik ihre Chance gekommen, wieder Boden gutzumachen und ihr vor jeder Wahl gegebenes Versprechen vom leistbaren Wohnen einzulösen.
Es muss uns gelingen, die Vollzeit-Quote zu erhöhen. Eigentum fordern, aber nur 20 Stunden arbeiten, wird nicht funktionieren.
Wirtschafts-LR Mario Gerber (ÖVP)
Bild: Birbaumer Christof
Viele Faktoren ausschlaggebend
Die regionale Tiroler Wirtschaft hat durch die KIM-bedingte Flaute im Wohnbau einen Milliardenverlust erlitten. Das geht aus einer Studie hervor, die die Bauinnung Tirol und die Fachgruppe der Immobilien- und Vermögenstreuhänder präsentierten. „Der Rückgang bei den Baugenehmigungen, überzogene Baustandards und steigende Baukosten bedrohen nicht nur 10.000 Arbeitsplätze, sondern mindern auch die Chance auf Eigentum für breite Bevölkerungsschichten“, schlugen die WK-Vertreter Ellen Moll und Patrick Weber gemeinsam mit LR Mario Gerber Alarm. Mit einem 6-Punkte-Plan versuchen sie zu retten, was zu retten ist:
Rund 2500 bis 5000 Einheiten in Tirol müssen leer stehen, damit der Markt funktioniert. Leerstand bedeutet nicht automatisch Nicht-Nutzung.
Ellen Moll, Fachgruppenobfrau der WK Tirol
Bild: Birbaumer Christof
Vergleich mit Nachbarn: Tirol hat Aufholbedarf
Der Vergleich mit Vorarlberg und Salzburg in Sachen Wohnbauförderung zeige: „Trotz neuer Regeln ab 1. Juli bleibt Tirol im Nachteil. Tiroler Haushalte mit mittlerem Einkommen zahlen monatlich um bis zu 241 Euro mehr – bei maximaler Förderung sogar 350 Euro. Wir brauchen eine Wohnbauförderung, die Eigentum ermöglicht“, fordern Moll und Weber. Leistbar sei eine Wohnung dann, wenn die Wohnkosten 25 bis 30 % des Einkommens ausmachen.
Erneut Wohnbedarfsstudie in Ausarbeitung
Bereits die Wohnbedarfsstudie 2024 habe deutlich gemacht, dass sich Wohnverhalten und Wohnbedürfnisse in Tirol stark verändern – „etwa durch demografischen Wandel, gesellschaftliche Umbrüche oder steigende wirtschaftliche Herausforderungen“, erläutert LHStv. Philip Wohlgemuth (SPÖ).
Die Subjektförderung – also direkte Unterstützung für Käufer – muss auch dem Mittelstand offenstehen. So wird Eigentum am freien Markt leistbar.
Patrick Weber, Landesinnungsmeister WK
Bild: Birbaumer Christof
Bestehende Wohnformen könnten dabei in sozialer, ökologischer und ökonomischer Hinsicht weiterentwickelt werden, um Herausforderungen wie Flächenverbrauch, Vereinsamung im Alter, mangelnde Flexibilität, fehlende Barrierefreiheit oder die Frage der Leistbarkeit besser bewältigen zu können. Darauf aufbauend werde nun die „Vision Zukunft Wohnen in Tirol 2035“ erarbeitet.
„Wir müssen unsere knapper werdenden Mittel dort einsetzen, wo sie am meisten Wirkung erzielen – etwa durch gezielte Sanierungsmaßnahmen statt Neubauten auf der grünen Wiese. Dazu brauchen wir eine klare Vision, wohin wir uns im Wohnbau bewegen wollen“, sagte Wohlgemuth.
Die Studie soll mit Jahresende vorliegen.
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