Album & Gespräch

Musiker Pande stülpt seine Emotionen nach außen

Musik
23.06.2025 09:00

Catastrophe & Cure-Bassist Dominik Pandelidis legt nur ein Jahr nach seinem Debüt „Speedrunning“ bereits das zweite Pande-Soloalbum „25/26 Missed One“ nach. Darauf zu hören: Viel persönlicher Seelenschmerz im durchaus optimistischen Indie-Klanggewand. Im Gespräch mit der „Krone“ gab der 34-Jährige weitere Einblicke in sein Leben voller Höhen und Tiefen.

kmm

Die Geschichte ist fast so alt wie Instrumente selbst: Wenn einem Musiker das Korsett der Band zu eng wird und er das Gefühl hat, seine Gedanken und Emotionen nicht vollinhaltlich nach außen tragen zu können, dann muss eben ein Soloprojekt her. Bei Dominik „Pande“ Pandelidis, für gewöhnlich Bassist der ebenfalls erst unlängst mit neuem Werk in Erscheinung getretenen Catastrophe & Cure, war offenbar so viel Ideenreichtum im Köcher, dass ein gutes Jahr nach dem in Indie-Kreisen gefeierten Debüt „Speedrunning“ schon das nächste Album ante portas stand. „25/26 Missed One“ heißt es und befasst sich im Titel nicht mit dem bevorstehenden Jahreswechsel, sondern hat einen tragischeren Hintergrund. In diesem Alter, vor mittlerweile neun Jahren, hat Pande seine Mutter verloren und damit auch einen wichtigen Ankerpunkt in seinem Dasein. Dieses Ereignis ist zwar nicht die alleinige Unterlage für das Werk, kann aber als markanter Scheideweg im Leben des heute 34-Jährigen angesehen werden.

Plötzlich war alles hart und rau
„Neben dem Tod meiner Mutter ging damals auch meine Beziehung in die Brüche und ich war mit Emotionen konfrontiert, die ich gar nicht kannte“, erinnert sich Pande im „Krone“-Gespräch an die Zeit zurück, „ich war erst einmal taub und wie in Schockstarre. So etwas sickert oft erst nach einer gewissen Zeit ein. Man drückt am Handy herum, geht in die Arbeit oder schaltet den Fernseher ein - in Wahrheit macht man aber eigentlich nichts, weil man nur die Emotion wegdrückt. Wenn man manchmal aber auf den Boden der Tatsachen fällt, dann merkt man wiederum, wie das Leben auch sein kann. Ich hatte es vor dem Tod meiner Mutter immer nett und leicht – plötzlich war alles hart und rau. Schon damals hatte ich ein Soloprojekt, aber zu wenig Kraft, um es weiterzuführen. Plötzlich musste ich erwachsen werden, Geld verdienen, für mich sorgen – all diese Dinge, die man lange wegschiebt, wenn man einen sicheren Rückhalt hat.“

Wer sich „25/26 Missed One“ anhört, wird von der gerade besprochenen Schwere wenig merken. Das liegt am alten Songwriter-Trick, melancholische und schwere Texte mit durchaus bekömmlicher Musik zu vermengen. Pande frönt, wie schon beim Debüt, den Gitarrenrockbands der späten 90er- und frühen 2000er-Jahre. Zwischen den Strokes, den Arctic Monkeys, Radiohead, Bombay Bicycle Club oder Nirvana bettet er sich gut ein. Während er bei Catastrophe & Cure Bass spielt und Johannes Eder singt, sind die Rollen beim Projekt Panda genau seitenverkehrt verteilt. Dass das neue Album gar so schnell um die Ecke biegt, liegt auch daran, dass Pande viele der Songs in einem Aufwaschen mit den Liedern von „Speedrunning“ geschrieben hat. Nur dass sich hier mit Themen wie Verlust, Trauer, Identitätskrisen und nostalgischen Reflexionen eher ein persönlich-konzeptionelles Werk herausschält als es beim inhaltlich noch eher vogelwilden Debüt der Fall war.

Abarbeitung einer entscheidenden Lebensphase
Songs wie „Missed Chances“, „Do It Yourself“ oder „Fucked It Up Again“ geben schon im Titel klar vor, in welche Richtung es geht – bei anderen muss man sich ein bisschen mehr auf die Texte und die lyrische Welt des Oberösterreichers konzentrieren. Dass die angesprochene textliche Schwere heraussticht, hat der Sänger schon in frühen Testphasen bemerkt. „Wenn ich guten Freunden meine Texte ohne Musik übermittle, dann machen sie sich Sorgen“, schmunzelt er, „aber dafür gibt es keinen Grund.“ Die Lebensjahre 25 und 26 haben Pande nicht nur aufgrund des familiären Todesfalls nachhaltig geprägt. Aus ihm selbst nicht exakt erklärbaren Gründen war diese Phase samt „Quarterlife-Crisis“ eine derart prägende, dass sie eine knappe Dekade später noch immer so intensiv nachhallt. „Es war auf jeden Fall eine Phase, die mein ganzes weiteres Leben stark geformt hat.“ Das Songwriting über persönliche Dinge paart Pande mit einer Therapie, zu der er regelmäßig geht und deren dort stattfindende Gespräche sich auch auf andere Themen hinausziehen.

Etwa über die Gewichtsschwankungen, denen er früher unterlag. Pande war ein pummeliger Teenager, der auch später noch eine Phase mit Übergewicht hatte. „Es geht aber auch gar nicht um Mobbing. Ich hatte immer viele Freunde, war gut integriert und in meinen Beziehungen war das auch kein Thema, aber das Körperbild hat mich schon immer beschäftigt.“ 2024 habe er nach eigenem Bekunden rund 25 Kilo verloren – natürlich für sich und sein Wohlbefinden und nicht für andere. All das findet in „The Same“ seinen Platz. Eingeklammert wird das Album von den Songs „Currents (25)“ am Anfang und „Currents (26)“ am Ende, die den Bogen von der Tragik bis zum Aufbruch spannen und das wohl markanteste Lebensjahr des Künstlers ummanteln. Die thematische Breite reicht von der TikTok- und Instagram-Müdigkeit über die Geisel Selbstoptimierung bis hin zur Klimathematik. „Plastic Islands“ ist ein dahingehend relativ unmissverständliches Statement, dass die gescheiterte Beziehung zwischen Planeten und Mensch in den Mittelpunkt stellt.

Auf zu neuen Ufern
Im Großen und Ganzen versucht Pande trotz allem die schönen Momente zu zentrieren und in den Vordergrund zu kehren. „Das Leben ist glücklicherweise gepflastert damit und nicht immer nur schlecht. Allein, dass ich hier in Österreich so leben kann, wie ich leben kann, ist ein unglaubliches Glück.“ Nach so vielen Jahren als Musiker fällt auch ein gewisser Druck weg. Das gilt vor allem für die Band. „Ja, wir haben mit Catastrophe & Cure vor zehn Jahren vielleicht größere Hallen gespielt als jetzt, aber wenn man Musik nur für den Erfolg macht, braucht man eigentlich gar nicht weitertun. In einer Karriere geht es immer auf und ab, das ist ganz normal.“ Pande ist auf „25/26 Missed One“ ein geschickter Chronist der Vergangenheit und Gegenwart und hat sich mit diesem Album auch komplett von dieser Phase seines Lebens befreit. „Die Coming-Of-Age-Themen sollte jetzt damit durch sein“, schmunzelt er, „ich bin erwachsen, mir ist der Wert von Freundschaften gewahr geworden und die Wichtigkeit zwischenmenschlicher Beziehungen.“ Auf zu neuen Ufern also – aber vorher tauchen wir noch in die Seelenwelt des Künstlers von früher ein.

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