Unfassbare Wende

Waisen mussten gehen, ihre Betreuer kommen zurück

Burgenland
14.06.2025 06:00

52 Kinder wurden über Nacht aus Österreich in ihre kriegserschütterte Heimat Ukraine zurückgebracht. Die Betreuer, die sie begleiteten, bereiten sich nun darauf vor, ohne die Kinder nach Österreich zurückzukehren.

Es ist eine Geschichte, die sprachlos macht: 52 ukrainische Waisenkinder, die drei Jahre Schutz und Frieden in Österreich fanden, wurden zurück in ein vom Krieg gezeichnetes Land geschickt. Pascale Vayer, Initiatorin der Hilfsorganisation Kleine Herzen, hat die Rückführung hautnah miterlebt. Eine Woche lang half sie, das Hotel zu räumen, in dem die Kinder untergebracht waren.

„Ihnen geht es gut“
„Ich musste ihre Fotos abhängen. Ich konnte es nicht ertragen, in ihre Augen zu schauen“, sagt sie. Zwei Container, gefüllt mit Spezialbetten, Spielzeug, Kleidung und Möbeln, wurden mit einem Lkw in die Ukraine transportiert. Dort leben nun 17 der Kinder, unter ihnen ein schwerst behindertes, bei Pflegefamilien. Die übrigen wurden erneut in einem Waisenhaus untergebracht. Adoptionsverfahren seien im Gange, sagt Vayer. Aus Rückmeldungen erfährt sie: „Ihnen geht es gut.“ Doch wie lange noch?

„Ich musste die Fotos wegräumen. Ich konnte ihren Blick nicht ertragen“, sagt Pascale Vayer. ...
„Ich musste die Fotos wegräumen. Ich konnte ihren Blick nicht ertragen“, sagt Pascale Vayer. Eine Woche half sie, das Hotel zu räumen. Zurück bleibt eine schmerzhafte Leere.(Bild: Carina Fenz)

Während die Kinder zurückbleiben, wollen jetzt ausgerechnet ihre Betreuerinnen nach Österreich zurückkehren. Dieses Mal ohne die Kinder. Als Vertriebene, um Asyl zu beantragen. Vier Betreuerinnen leben bereits mit eigenen Kindern im oststeirischen Neudau und im nahe gelegenen Stinatz (Burgenland).

Anerkannter Vertriebenenstatus
Rechtlich ist das möglich: Als ukrainische Staatsbürger mit anerkanntem Vertriebenenstatus dürfen sie sich innerhalb Europas frei bewegen und Grundversorgungsleistungen in Anspruch nehmen, bestätigen die Behörden. Zurück bleiben jene, die nicht entscheiden durften: die Kinder. Sie stehen unter der Obsorge der Ukraine und mussten auf staatliche Anweisung hin zurück.

Anfang Juni mussten die 52 Kinder zurück in die Ukraine. Nur wenige Wochen später wollen einige ...
Anfang Juni mussten die 52 Kinder zurück in die Ukraine. Nur wenige Wochen später wollen einige Betreuer, unter ihnen auch der Leiter Petro Petuch, allein zurückkehren. (Bild: Sene Cura/Wallner)

Besonders brisant: Ausgerechnet der Direktor des Waisenhauses, der ebenfalls wieder nach Österreich kommen will, soll sich für die Rückführung starkgemacht haben. Das wirft eine drängende Frage auf: Wenn elternlose Kinder zurück in den Krieg geschickt werden, was bedeutet das für die rund 80.000 anderen Geflüchteten, die derzeit in Österreich leben?

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Wenn die Betreuer jetzt selbst wieder in Sicherheit wollen, warum haben sie dann den Kindern keine Stimme gegeben?

Ein Unterstützer der ersten Stunde

Die Waisenkinder konnten keine Anträge stellen, keine Proteste einlegen. Gerade deshalb wirkt ihre Rückführung wie eine Ironie des Schicksals. Auch in der Ukraine sorgt die Entwicklung für Diskussionen. Ein Teil der Medien kritisiert die Rückführung, andere feiern den Akt. Laut Pascale Vayer seien sogar Demonstrationen geplant, mit dem Ziel, alle Kinder aus Europa zurückzuholen. Trotz Krieg. Trotz Gefahr. „Ich verstehe, dass die Betreuer zurückkommen wollen“, sagt ein Unterstützer, der die Kinder in Österreich betreut hat. „Aber wenn sie selbst jetzt wieder in Sicherheit wollen, warum haben sie dann den Kindern keine Stimme gegeben?“

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