Mit „Lee Miller in Hitler‘s Bathtub“ gelingt der Neuen Staatsoper im Künstlerhaus eine eindringliche Musiktheater-Collage, die geschickt zwischen Biografie und Fiktion changiert.
Lee Miller steht vor Adolf Hitlers Badewanne in dessen Münchner Wohnung. Es ist der 30. April 1945. In der US-Uniform der Fotografin hängt noch der Todesgeruch aus dem KZ in Dachau, das sie eben besucht hat. Lee Miller entkleidet sich, steigt in die blitzblank geputzte Wanne, arrangiert die Szenerie – und lässt sich fotografieren.
Diese historische Foto-Situation ist Ausgangspunkt von Jan Lauwers jüngstem Musiktheaterprojekt. Der niederländische Theatermacher und seine Needcompany haben um die schillernde Figur Lee Miller eine teils biografischen, teils fiktive Collage gewoben. Die packende, impulsiv-illustrative Musik dazu hat Maarten Seghers beigesteuert. Im Nest, der Neuen Staatsoper im Künstlerhaus, hatte die Produktion am Sonntag Premiere.
„Wie kann man sich in der Badewanne eines Monsters reinwaschen“, fragt Lee Miller sich in einer Szene. Sie spannt damit beiden Welten auf, die in dieser Figur aufeinander prallen. Denn die Schönheit und das Grauen sind nur einen Klick entfernt. In der Biografie der Künstler-Muse wird dieser Kontrast zum Zerreißen schroff spürbar: der grelle Abgrund zwischen der verehrten Partylöwin und der Chronistin des Schreckens, zwischen glitzerndem Abendkleid und stummen Leichenbergen, zwischen Missbrauch und Anbetung.
Mezzosopranistin Kate Lindsey und Schauspielerin Romy Louise Lauwers beeindrucken und berühren in der Doppelfigur der Lee Miller. Ihre Dialoge werden zu plastischen inneren Monologen einer tragisch schillernden Figur. Der dunkel timbrierte Mezzosopran Lindseys und die lebendige Performance-Kraft von Romy Louise Lauwers ergänzen sich dabei ideal.
Dirigent Dan K. Kurland leitet ein präsentes Ensemble – in Bärenfellen musizierend – durch die teils schroffen Wendungen der Partitur. Ein eindringliches Projekt. Als Jugendstück ab 16 Jahren ist die englischsprachige Produktion mit deutschen Übertiteln allerdings nur bedingt empfehlenswert.
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