Viel steht auf Spiel

Europäer von Trump nach Putin-Telefonat entsetzt

Außenpolitik
20.05.2025 22:06

Auch wenn Donald Trump sein Telefonat mit Wladimir Putin in höchsten Tönen lobte - die Reaktion aus Europa war am Montagabend und Dienstag blankes Entsetzen. Denn mehr als eine Woche hatten sich Deutschlands Kanzler Friedrich Merz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der britische Premierminister Keir Starmer in zahlreichen Telefonaten darum bemüht, den US-Präsidenten zu einer harten Haltung gegenüber dem russischen Präsidenten zu bewegen. Offenbar vergeblich.

Noch nie drehte sich die transatlantische Telefondiplomatie auf einem so hohen Niveau. Aber dann kippte Trump in dem zweistündigen Gespräch mit dem russischen Präsidenten wieder um, weil ihm Putin offenbar vage Zusagen für Verhandlungen mit der überfallenen Ukraine machte. Von dem gemeinsamen Sanktionsweg, den Amerikaner und Europäer noch am Sonntagabend anvisiert hatte, wollte Trump nach Angaben von Gesprächsteilnehmern danach nichts mehr wissen. Stattdessen lobt er Russland als „wichtigen Handels- und Wirtschaftspartner“. Den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj wies er kurzerhand an, er solle sich mit dem Aggressor Russland verständigen.

Schmallippige Reaktionen aus Europa und der Ukraine
Dementsprechend schmallippig fielen die Reaktionen der betroffenen Europäer und vor allem der Ukrainer aus. Immerhin betonte Kanzler Merz noch am Abend fast trotzig auf der Plattform X: „Europa wird den Druck auf Moskau durch Sanktionen erhöhen“. Doch in Wahrheit ging es erst einmal nur noch um Schadensbegrenzung – auf verschiedenen Feldern.

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Wenn wir Trump als Partner verlieren, steht noch viel mehr auf dem Spiel als die Ukraine – nämlich die gemeinsame NATO.

EU-Diplomat

„Wenn wir Trump als Partner verlieren, steht noch viel mehr auf dem Spiel als die Ukraine – nämlich die gemeinsame NATO“, warnte ein EU-Diplomat etwa. Die Europäer müssen zudem die Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen Russland weiter unterstützen – notfalls ohne die USA. „Aber das ist derzeit sehr schwierig“, betonte ein anderer EU-Diplomat und verwies auf die bisherigen enormen Waffenlieferungen der Supermacht. Man habe am Montag immerhin abwehren können, dass eine zunehmend desinteressierte US-Regierung die Lieferungen von Aufklärungs- und Geheimdienstdaten für die Ukraine kappt, tröstet man sich in europäischen Hauptstädten.

Das Morden in der Ukraine setzt sich komplett skrupellos fort.
Das Morden in der Ukraine setzt sich komplett skrupellos fort.(Bild: AP)

Ringen um Einheit und Glaubwürdigkeit in Europa
Drittens müssen die EU-Regierungschefs um Einheit und Glaubwürdigkeit in Europa ringen. Denn bei ihrem gemeinsamen Besuch in Kiew hatten Merz, Macron, Starmer und der polnische Ministerpräsident Donald Tusk eine starke Botschaft Richtung Moskau gesandt: Ab vergangenen Montag sollte eigentlich eine bedingungslose Waffenruhe gelten. Nur hielt Russland diese erneut nicht ein, sondern verstärkte sogar seine Drohnen-Angriffe auf die Ukraine. Also starteten die Europäer die Arbeit an neuen Sanktionen, um ihre Glaubwürdigkeit zu bewahren. Aber weil dies in der EU wie immer Zeit braucht, hagelt es bereits Kritik. „Merz hat einen richtigen Start hingelegt und dann ist er voll gegen die Wand gelaufen. Ich glaube, den wird im Kreml auf Monate niemand mehr ernst nehmen. Der kann fünfmal Sanktionen sagen und keiner glaubt ihm“, spottete der deutsche Linken-Co-Parteichef Jan van Aken am Dienstag bei Welt-TV.

Weil die Europäer wissen, was auf dem Spiel steht, beschlossen die 27 EU-Außenminister am Dienstag immerhin das Inkrafttreten des 17. EU-Sanktionspakets gegen Russland, das etwa Maßnahmen gegen die russische Öl-Schattenflotte vorsieht. Gleichzeitig werden die Vorbereitungen für ein deutlich härteres 18. Sanktionspaket vorangetrieben, das sich gegen den russischen Energie- und Bankensektor richten soll. Ob russlandnahe EU-Länder wie Ungarn dies allerdings mittragen, steht noch in den Sternen. Die Hoffnung auf ein ähnliches US-Sanktionspaket, das im US-Kongress vorangetrieben wurde, hat sich jedenfalls bereits verflüchtigt. Trump kündigte in dem Telefonat mit den Europäern am Montag an, dass er auf jeden Fall ein Veto einlegen würde. Am Dienstag äußerte sich Trump erneut vage: „Wir schauen uns viele Dinge an, aber wir werden sehen“, sagte er zu Reportern auf die Frage, ob nach der EU auch die USA Sanktionen verhängen würden.

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